AUTOINSIDE Ausgabe 5 – Mai 2021
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FOKUS FAHRWERK/LENKUNG/BREMSEN<br />
«Bei einem besonders niedrigen Preis sollte<br />
man hellhörig werden», sagt Ferdinando Imhof,<br />
Chief Product Officer bei LKQ Europe, einem<br />
der grössten Ersatzteil-Distributoren Europas.<br />
Für den Garagisten gehe es generell darum, ob<br />
die Teile aus einer verlässlichen Quelle bezogen<br />
worden sind. «Problematisch wird es, wenn der<br />
Kunde das Teil selbst zum Einbau in die Werkstatt<br />
mitbringt. Dann werden die Haftung und<br />
die Gewährleistung der Sicherheit zum Thema.»<br />
Bei diesem Szenario bietet der AGVS übrigens<br />
Hilfe an, indem er seinen Mitgliedern ein<br />
Formular für den Haftungsausschluss auf mitgebrachte<br />
Verbrauchsmaterialien und Ersatzteile<br />
zur Verfügung stellt (siehe Infobox «AGVS-<br />
Garagist kann sich absichern»).<br />
Imhof vermerkt, dass es seitens LKQ so gut wie<br />
ausgeschlossen sei, dass die Werkstatt gefälschte<br />
Produkte erhalte. LKQ greift nämlich nicht<br />
auf Zwischenhändler zurück, sondern bezieht<br />
direkt von der Industrie beziehungsweise seinen<br />
Lieferanten. Auch bei Hersteller Bosch wird<br />
auf Anfrage von <strong>AUTOINSIDE</strong> beruhigt: Im<br />
Vergleich zu anderen Branchen, beispielsweise<br />
im Konsumgüterbereich, sei im europäischen<br />
Aftermarket der Anteil von Plagiaten deutlich<br />
geringer. Das dem so ist, dafür wird einiges getan.<br />
Im Kampf gegen Fälschungen haben sich<br />
Automobilzulieferer auf eine branchenweite<br />
Lösung geeinigt, basierend auf Sicherheitscodes<br />
(siehe Infobox «Wie Fälschungen einfach zu erkennen<br />
sind»). Binnen Sekunden lässt sich für<br />
den Garagisten oder den Käufer auf der Webseite<br />
und per App prüfen, ob ein Ersatzteil echt<br />
ist. Bosch arbeitet mit Sicherheitsetiketten auf<br />
Verpackungen, in die der Code integriert ist: für<br />
Lambdasonden, Feldregler, Glühkerzen, Pumpenelemente<br />
und weitere Produkte. Zusätzliche<br />
Sicherheit für den Käufer entsteht durch ein Hologramm,<br />
in das die letzten Stellen des individuellen<br />
Codes eingebracht sind.<br />
QR-Codes, Hologramme und spezielle Etiketten<br />
<strong>–</strong> auf diese effektiven Schutzmöglichkeiten<br />
gegen Produktpiraterie setzt auch Brembo.<br />
Jahr für Jahr investiert der Bremsenspezialist<br />
um die 330 000 Franken in Online- und Offline-Aktivitäten<br />
zur Eindämmung von Plagiaten.<br />
Eine Taskforce sucht nach verdächtigen<br />
Produkten und arbeitet eng mit den Zoll- und<br />
Strafverfolgungsbehörden zusammen. 80 000<br />
Plagiatsangebote von mehr als 100 Plattformen<br />
konnten dank der Taskforce ausfindig gemacht<br />
und entfernt werden. «In einigen Fällen reichen<br />
die Ermittlungen bis in Hinterhofwerkstätten<br />
oder Autoteilegeschäfte in China oder auf<br />
den Philippinen», schildert Brembo-Fachmann<br />
Paolo Rezzaghi. Auch auf Messen und Märkten<br />
würden speziell ausgebildete Brembo-Mitarbeitende<br />
ausschwärmen, um die Täter auf<br />
frischer Tat zu ertappen. «Meistens ist es für<br />
die Ermittler jedoch eine äusserst schwierige<br />
Aufgabe», so Rezzaghi, «Entweder sind die Täter<br />
schwer zu fassen oder die Rechtslage in<br />
den betroffenen Ländern bietet Schlupflöcher<br />
für die Fälscher.»<br />
Bleibt die Frage, weshalb beispielsweise gerade<br />
Bremskomponenten von Brembo gerne<br />
gefälscht werden? Rezzaghi erklärt: «Brembo<br />
wird, wie auch viele andere Premiummarken,<br />
aufgrund seines leistungsstarken, sportlichen<br />
Images kopiert.» Den Kunden und den Garagisten<br />
empfiehlt der Hersteller daher, der Qualität<br />
und der Herkunft eines Produkts stets<br />
höchste Aufmerksamkeit zu schenken. <<br />
Die Krümmung verrät die gefälschte Denso-Zündkerze.<br />
Einfacher ist eine Prüfung via Sicherheitscode im Netz.<br />
Foto: Denso<br />
Garagist kann sich absichern<br />
Was tun, wenn der Kunde Ersatz- oder<br />
Verschleissteile selber mitbringt? Ob der<br />
Garagist von Kunden mitgebrachte Teile<br />
verbauen will, ist seine unternehmerische<br />
Entscheidung. Im AGVS-Ehrenkodex<br />
verpflichten sich die AGVS-Garagisten,<br />
«Unterhalts- und Reparaturarbeiten<br />
fachgerecht, zuverlässig und im Hinblick<br />
auf eine optimale Betriebssicherheit und<br />
Werterhaltung der uns anvertrauten Fahrzeuge<br />
auszuführen». Als Mobilitätspartner<br />
werden die Werkstätten des Schweizer<br />
Garagistenverbands über den konkreten<br />
Einzelfall in einem Beratungsgespräch<br />
mit dem Kunden gemeinsam entscheiden.<br />
Dabei müssen neben sicherheitsrelevanten<br />
Aspekten auch rechtliche Fragen beantwortet<br />
werden. Mit einem Haftungsausschluss<br />
auf mitgebrachte Verbrauchsmaterialien<br />
und Ersatzteile kann sich der<br />
Garagist dabei absichern.<br />
Hier geht es zum<br />
Haftungsausschluss<br />
bezüglicher mitgebrachter<br />
Teile.<br />
Wie Fälschungen einfach zu<br />
erkennen sind<br />
Um echte von gefälschten Produkten<br />
zu unterscheiden, werden die Originalprodukte<br />
individuell mit einem Sicherheitscode<br />
gekennzeichnet, entweder auf dem<br />
Produkt selbst oder der Verpackung. Für<br />
den Garagisten bedeutet das, dass er die<br />
Echtheit über eine gemeinsame Website<br />
der Allianz «Manufacturers against<br />
Product Piracy» (Mapp) sowie mit einer<br />
App verifizieren kann. Auf die Mapp-Identifikationsnummer<br />
setzen zum Beispiel<br />
Bosch, Mahle, Wabco oder Continental.<br />
Hersteller wie Bosch oder Brembo<br />
bieten den Check zusätzlich auch auf der<br />
eigenen Webseite an. Mit der Fälschungsschutzkarte<br />
setzt der Bremsenspezialist<br />
zudem auf ein neues Element und steht<br />
exemplarisch für die stetigen Bemühungen<br />
im Kampf gegen Produktpiraterie. «Alle<br />
Leistungskomponenten für den Aufrüstungsmarkt<br />
sind mit einer speziellen<br />
Rubbelkarte versehen, die sich in einer<br />
versiegelten Box befindet», erklärt<br />
Paolo Rezzaghi, IPR Manager. Die Kunden<br />
müssen den silbernen Streifen auf der<br />
Karte freirubbeln, unter dem eine sechsstellige<br />
Nummer zum Vorschein kommt.<br />
Fürs geschulte Auge sind Fälschungen<br />
auch anhand der Qualität erkennbar:<br />
Ist der Winkel der Masseelektrode<br />
einer Denso-Zündkerze beispielsweise<br />
unregelmässig, handelt es sich um ein<br />
Plagiat. Die Verpackung kann ebenfalls<br />
als Anhaltspunkt dienen, sofern ersichtlich<br />
wird, dass das Logo des Herstellers nicht<br />
korrekt dargestellt wird oder sie bereits<br />
geöffnet wurde. Die Angabe der Herkunft<br />
kann auch ein sicherer Hinweis sein.<br />
«Original Denso-Zündkerzen werden nur<br />
in Japan, Indonesien, China und den USA<br />
produziert», teilt das Unternehmen mit.<br />
Ein weiterer guter Indikator ist der Preis.<br />
«Unterschreitet das Angebot den Marktpreis<br />
um deutlich mehr als 15 Prozent,<br />
sollte das Produkt mit grosser Skepsis<br />
betrachtet werden», so Paolo Rezzaghi.<br />
Bei ausserordentlich hohen Preisnachlässen<br />
von 50 Prozent und mehr könne es<br />
sich keinesfalls um ein Originalprodukt von<br />
Brembo handeln.<br />
Hier geht es zur Website<br />
der Alianz «Manufacturers<br />
against<br />
Product Piracy».<br />
<strong>AUTOINSIDE</strong> | <strong>Mai</strong> <strong>2021</strong>23