AUTOINSIDE Ausgabe 5 – Mai 2021
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
BRANCHENVERTRETUNG / HANDEL<br />
Markus Aegerter zum Thema Agenturmodell<br />
Neue Herausforderungen<br />
und neue Chancen<br />
In nahen Ausland ist das Agenturmodell von einigen Marken bereits umgesetzt. Auch in der Schweiz dürfte<br />
das neue Vertriebsmodell früher oder später zum Thema werden. Markus Aegerter (AGVS-Geschäftsleitung<br />
Branchenvertretung) nimmt Stellung. Sandro Compagno<br />
Markus Aegerter, AGVS-Geschäftsleiter<br />
Branchenvertretung.<br />
Herr Aegerter, in verschiedenen Ländern<br />
setzen Hersteller vermehrt auf das<br />
Agenturmodell. Wie ist die Situation in<br />
der Schweiz?<br />
Markus Aegerter, AGVS-Geschäftsleitung<br />
Branchenvertretung: Mir ist mit Ausnahme<br />
von Polestar aktuell keine Marke bekannt,<br />
welche das Agenturmodell in der Schweiz bereits<br />
eingeführt hat. Ich gehe aber davon aus,<br />
dass es bei denjenigen Marken ein Thema<br />
wird, welche das in anderen Ländern bereits<br />
umgesetzt haben, insbesondere beim Volkswagenkonzern,<br />
Volvo oder Mercedes.<br />
Wie steht der AGVS grundsätzlich zum<br />
Agenturmodell?<br />
Für den AGVS ist es entscheidend, dass die<br />
Händler in einem Agenturmodell für alle<br />
ihre Aufwendungen angemessen entschädigt<br />
werden und keine Vorfinanzierung<br />
der Fahrzeuge und der Infrastruktur tragen<br />
müssen. Auch die Kosten für Lagerhaltung<br />
und Ausstellungsfahrzeuge sollten nicht<br />
mehr auf die Händler abgewälzt werden.<br />
Und ein echtes Agenturmodell sollte losgelöst<br />
von verpflichtenden Zielerreichungen<br />
in Verbindung mit Stückzahlen sein.<br />
Wenn Sie mit AGVS-Garagisten sprechen.<br />
Wie nehmen Sie deren Haltung wahr?<br />
Im Moment noch eher zurückhaltend und<br />
abwartend, denn es gibt noch viele offene<br />
Fragen. Unter anderem ist zu prüfen, ob das<br />
aus der EU stammende Agenturmodell mit<br />
dem schweizerischen Recht überhaupt umsetzbar<br />
ist. Dazu kommt die Motion Pfister<br />
welche Automobilisten und Garagisten vor<br />
wettbewerbsverzerrenden und gebietsabschottenden<br />
Praktiken schützen will. Der<br />
Vorstoss wird voraussichtlich in der Sommersession<br />
im Ständerat behandelt, nachdem<br />
der Nationalrat im letzten Herbst mit<br />
einem deutlichen Ja zugestimmt hat.<br />
Wie vertritt der AGVS die Interessen seiner<br />
Mitglieder gegenüber den Herstellern?<br />
Wir sind aktuell in der Markenkommission<br />
daran, ein Factsheet mit allen wissenswerten<br />
Informationen zu diesen neuen Zusammenarbeitsmodellen<br />
zu erarbeiten. Dieses<br />
werden wir den Vertretern der Markenhändlerverbände<br />
für ihre Gespräche mit<br />
den Importeuren/Herstellern zur Verfügung<br />
stellen. Und wir unterstützen die Vertreter<br />
der Markenhändlerverbände durch unsere<br />
Rechtsberater.<br />
Ein anderes Modell, das die Cecra untersucht<br />
hat, war das Franchise-Modell, in dem<br />
der Garagist grössere unternehmerische<br />
Freiheiten, aber auch ein höheres Risiko<br />
trägt. Eine sinnvolle Alternative?<br />
Es ist korrekt, dass die von der Cecra beauftragte<br />
Analyse zum Schluss gekommen ist,<br />
dass ein Franchisekonzept durchaus eine Alternative<br />
sein könnte. Je nach Risikobereitschaft<br />
der Garagisten als Franchisenehmer<br />
kann deren Verdienst mit diesem Modell interessanter<br />
sein. Wie bereits erwähnt bleibt<br />
aber abzuwarten, welche Konzepte von den<br />
Importeuren/Herstellern den Schweizer Garagisten<br />
vorgelegt werden. Die Händlerverbände<br />
und letzten Endes auch jeder Markengaragist<br />
werden gefordert sein, die Auflagen<br />
der jeweiligen Modelle genau zu prüfen.<br />
100 Prozent der deutschen VW-Händler<br />
haben für den Verkauf der Elektrofahrzeuge<br />
der ID-Linie einen Agenturvertrag mit dem<br />
Hersteller unterschrieben. Offenbar ist das<br />
für sie interessanter als die Unabhängigkeit.<br />
Ich kenne den Inhalt dieser Verträge, welche<br />
die deutschen VW-Händler für die ID-<br />
Linie unterzeichnet haben, noch nicht. Von<br />
unseren Kollegen vom deutschen Verband<br />
ZDK weiss ich aber, dass Seitens der Händlerverbände<br />
harte Verhandlungen mit dem<br />
Hersteller geführt wurden.<br />
Ganz grundsätzlich: Ist der Garagist als<br />
freier Unternehmer heute eine bedrohte Art?<br />
Nein. Aber das über lange Jahre gültige Geschäftsmodell<br />
mit den bekannten Vertriebskanälen<br />
und Entschädigungsvarianten ändert<br />
sich. Ich gehe davon aus, dass mit den<br />
neuen Antriebsvarianten <strong>–</strong> allen voran den<br />
reinen Elektroautos <strong>–</strong> schrittweise neue<br />
Konzepte umgesetzt werden, indem der<br />
Handel auf Onlinevertrieb umgestellt wird.<br />
Für den Garagisten bringt das neue Herausforderungen.<br />
Aber auch neue Chancen! <<br />
72<br />
<strong>Mai</strong> <strong>2021</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>