FH Gießen-Friedberg - M/S VisuCom
FH Gießen-Friedberg - M/S VisuCom
FH Gießen-Friedberg - M/S VisuCom
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seite 1448 Staatsanzeiger für das Land Hessen — 3. Juli 2006 Nr. 27<br />
rensverzeichnis. Es komme auch nicht eine Zuständigkeit des<br />
Hauptpersonalrats bzw. einer Stufenvertretung nach § 83 Abs. 2<br />
bzw. Abs. 3 HPVG in Betracht. § 83 Abs. 3 HPVG sei allein schon<br />
deshalb nicht einschlägig, da § 83 Abs. 6 Satz 2 HPVG auf ihn nicht<br />
verweise. Da von der Möglichkeit der Beteiligung der Stufenvertretung<br />
nach § 83 Abs. 2 HPVG seitens des Landes kein Gebrauch<br />
gemacht worden sei, bleibe es bei der Zuständigkeit des örtlichen<br />
Personalrats.<br />
Wäre die Regelung des § 81 Abs. 5 HPVG mit der Hessischen Verfassung<br />
vereinbar, stünde dem Antragsteller nur ein Beteiligungsrecht<br />
nach § 81 HPVG zu, so dass die Vorlagefrage entscheidungserheblich<br />
sei.<br />
II.<br />
Die Landesregierung hält die Vorlage für unzulässig.<br />
Die Vorlagefrage sei nicht entscheidungserheblich. Eine verfassungsgerichtliche<br />
Klärung der Vorlagefrage sei entbehrlich, weil das<br />
Verwaltungsgericht jedenfalls gegenwärtig das Begehren des Antragstellers<br />
ohnehin zurückweisen müsste, ohne dass es auf die<br />
Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 81 Abs. 5 HPVG ankäme.<br />
Der Antragsteller sei als örtlicher Personalrat nicht aktivlegitimiert.<br />
Zuständige Personalvertretung sei der bei der für die Einführung<br />
von SAP R/3 HR zuständigen obersten Landesbehörde gebildete<br />
Hauptpersonalrat. Die bislang streitige Frage, ob in Fällen<br />
der vorliegenden Art der örtliche Personalrat nach § 83 Abs. 6<br />
Satz 1 HPVG oder der Hauptpersonalrat nach § 83 Abs. 3 HPVG<br />
zuständig sei, habe der Landesgesetzgeber durch Änderung des<br />
§ 83 Abs. 6 HPVG nunmehr geklärt. Durch Art. 7 des Dritten Gesetzes<br />
zur Verwaltungsstrukturreform vom 17. Oktober 2005<br />
(GVBl. I S. 674) sei in § 83 Abs. 6 HPVG die bisherige Fassung von<br />
Satz 2 durch folgende Fassung ersetzt worden: „Abs. 2 und 3 bleiben<br />
unberührt.“ Damit sei klargestellt, dass auch in den Fällen des<br />
§ 74 Abs. 1 Nr. 17 und § 81 Abs. 1 Satz 1 HPVG bei Maßnahmen,<br />
die für die Beschäftigten mehrerer Geschäftsbereiche von allgemeiner<br />
Bedeutung seien oder über die die Landesregierung entscheide,<br />
der Hauptpersonalrat bei der obersten Landesbehörde die<br />
Aufgaben der Stufenvertretung wahrnehme. Der örtliche Personalrat<br />
habe insoweit kein eigenes Beteiligungsrecht.<br />
Unabhängig davon hätte das vorlegende Gericht prüfen müssen, ob<br />
bereits vor dieser Neufassung des § 83 Abs. 6 Satz 2 HPVG aufgrund<br />
des Gesamtzusammenhangs des § 83 HPVG dessen Absatz 3<br />
auch ohne Bezugnahme in Absatz 6 Satz 2 HPVG a. F. dann anwendbar<br />
sei, also der Hauptpersonalrat bei der zuständigen obersten<br />
Landesbehörde zuständig sei, wenn über Maßnahmen im Sinne<br />
von § 74 Abs. 1 Nr. 17 HPVG oder von § 81 Abs. 1 Satz 1 HPVG zu<br />
entscheiden sei. Da das vorlegende Gericht diese nahe liegende<br />
Rechtsauffassung, die der Hessische Verwaltungsgerichtshof —<br />
allerdings erst in späteren Beschlüssen — vertreten habe (Beschluss<br />
vom 07.09.2005 — 22 TL 2624/04 —), und die hieraus folgende fehlende<br />
Aktivlegitimation des Antragstellers im Ausgangsverfahren<br />
nicht in Erwägung gezogen habe, genüge der Vorlagebeschluss auch<br />
insoweit nicht den Darlegungserfordernissen.<br />
Der Vorlagebeschluss genüge darüber hinaus nicht den Formerfordernissen,<br />
die aus den Anforderungen des Art. 133 Abs. 1 Satz 1<br />
HV i. V. m. § 41 Absatz 1 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof<br />
— StGHG — zu entwickeln seien. Dem Vorlagebeschluss fehle es<br />
bereits an der Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts.<br />
Die Kenntnis der tatsächlichen Umstände werde vorausgesetzt.<br />
Ohne Angabe zum entscheidungserheblichen Sachverhalt<br />
könne die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage indessen<br />
nicht festgestellt werden.<br />
Die Unzulässigkeit der Vorlage ergebe sich ferner daraus, dass es<br />
der vom Gericht vorgenommenen, von der Auslegung des Staatsgerichtshofs<br />
abweichenden Deutung des Art. 37 Abs. 2 HV an einer<br />
nachvollziehbaren Darlegung der verfassungsrechtlichen<br />
Grundlage fehle. Nach Sinn und Zweck des Vorlageverfahrens, das<br />
der Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift des einfachen<br />
Rechts diene, bedürfe es dann, wenn die Entscheidungserheblichkeit<br />
der Vorlagefrage allein davon abhänge, dass die Maßstabsnorm<br />
in einem von der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs<br />
abweichenden Sinne ausgelegt werde, einer sorgfältigen und nachvollziehbaren<br />
Darlegung der Auslegungsalternativen.<br />
Selbst wenn man die staatlichen und kommunalen Behörden in<br />
den Betriebsbegriff des Art. 37 Abs. 2 HV einbezöge, fehle es an einer<br />
hinreichend ausführlichen, die verfassungsrechtliche Rechtsprechung<br />
und Literatur auswertenden Begründung dafür, dass<br />
Art. 37 Abs. 2 HV den einfachen Gesetzgeber dahin festlege, die Einführung,<br />
Anwendung, wesentliche Änderung oder Erweiterung von<br />
technischen Einrichtungen, die dazu geeignet seien, das Verhalten<br />
und die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, zwingend als<br />
Mitbestimmungstatbestand im personalvertretungsrechtlichen<br />
Sinne auszugestalten. Der Deduktion des vorlegenden Gerichts<br />
fehle nicht nur eine nähere verfassungsrechtliche Begründung des<br />
Kriteriums des öffentlichen Interesses, das den einfachen Gesetz-<br />
geber auf bestimmte Beteiligungsformen festlege. Es fehle auch<br />
jegliche Auseinandersetzung mit dem Begriff und der Reichweite<br />
des gesetzgeberischen Ermessens. Dieses folge aus Art. 37 Abs. 3<br />
HV, der die Ausgestaltung der Mitbestimmung dem einfachen Gesetzgeber<br />
überantwortet habe. Der Vorlagebeschluss versäume,<br />
dies zu thematisieren und damit der von ihm aufgeworfenen verfassungsrechtlichen<br />
Fragestellung eine schlüssige Problembeschreibung<br />
zu geben.<br />
III.<br />
Die Landesanwältin hält die Vorlage des Verwaltungsgerichts Wiesbaden<br />
ebenfalls für unzulässig, da das vorlegende Gericht die Entscheidungserheblichkeit<br />
der Vorlagefrage nicht hinreichend dargetan<br />
habe. Die Entscheidungserheblichkeit sei mit der am<br />
27. Oktober 2005 in Kraft getretenen Fassung des § 83 Abs. 6 Satz<br />
2 HPVG zweifelhaft geworden. Hierzu hätte sich das vorlegende Gericht<br />
äußern müssen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden habe diese<br />
Gesetzesänderung nicht ausdrücklich zum Gegenstand der Vorlagefrage<br />
gemacht und die Zweifel an der Entscheidungserheblichkeit<br />
auch nicht beseitigt. Hierin sei ein Darlegungsmangel zu erblicken,<br />
der die Vorlage unzulässig werden lasse. Der Hinweis des<br />
vorlegenden Gerichts, nicht als Beteiligter im Sinne der §§ 39 Abs. 2,<br />
3, 19 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 StGHG zu gelten, berühre die Darlegungspflicht<br />
des Vorlagegerichts nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG nicht.<br />
Darüber hinaus genüge die gerichtliche Darstellung des entscheidungserheblichen<br />
Sachverhalts auch nicht den Formerfordernissen,<br />
die sich aus den Anforderungen des Art. 133 Abs. 1 Satz 1 HV in<br />
Verbindung mit § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG ergäben. Es fehle insbesondere<br />
eine exakte Beschreibung von SAP R/3 HR sowie des Ablaufs<br />
des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens.<br />
IV.<br />
Der Staatsgerichtshof hat dem vorlegenden Gericht die Stellungnahme<br />
der Hessischen Staatskanzlei vom 12. Dezember 2005 zur<br />
Kenntnisnahme übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.<br />
Das vorlegende Gericht hat von einer Stellungnahme abgesehen und<br />
darauf hingewiesen, dass es nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 18. Dezember 1953 — 1 BvL 106/53 —<br />
(BVerfGE 3, 225 [228]) im Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht<br />
zulässig sei, das vorlegende Gericht als Beteiligten anzuhören oder<br />
einem seiner Mitglieder persönlich das Wort zu erteilen.<br />
V.<br />
Die Akten des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht<br />
Wiesbaden 23 L 564/05 (V) haben vorgelegen.<br />
B.<br />
I.<br />
Die Vorlage ist unzulässig.<br />
Die Entscheidung des Staatsgerichtshofs darüber, ob ein Gesetz oder<br />
eine Rechtsverordnung mit der Verfassung des Landes Hessen in<br />
Widerspruch steht, kann nach Art. 133 Abs. 1 HV nur herbeigeführt<br />
werden, wenn ein Gericht ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung,<br />
auf deren Gültigkeit es bei seiner Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig<br />
hält. Die Gültigkeit des Gesetzes oder der Rechtsverordnung<br />
muss für den Ausgang des Rechtsstreits entscheidungserheblich<br />
sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Gericht<br />
des Ausgangsverfahrens bei Gültigkeit der zum Gegenstand der Vorlage<br />
gemachten Normen anders entscheiden müsste als bei ihrer Ungültigkeit.<br />
Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, diese Entscheidungserheblichkeit<br />
der Vorlagefrage in seinem Vorlagebeschluss darzulegen,<br />
so dass er mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass und<br />
warum das vorlegende Gericht bei Gültigkeit der beanstandeten Regelung<br />
zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit<br />
(vgl. StGH, Urteil vom 13.03.1996 — P.St. 1175 —, StAnz.<br />
1996, S. 1438 [1440]).<br />
Die Begründung des Vorlagebeschlusses muss nach § 41 Abs. 1<br />
Satz 1 StGHG angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift<br />
die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher<br />
Bestimmung der Verfassung sie im Widerspruch steht. Seiner<br />
Darlegungspflicht genügt das Gericht nur, wenn es die für seine Entscheidung<br />
maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegt und<br />
sich dabei mit nahe liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten<br />
auseinander setzt. Hierbei muss es auch die in Literatur<br />
und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen,<br />
die für die Auslegung und Prüfung der für<br />
verfassungswidrig gehaltenen Norm von Bedeutung sind (vgl.<br />
BVerfG, Beschlüsse vom 20.06.1994 — 1 BvL 12/94 —, NVwZ 1994,<br />
S. 894 ff., und vom 17.06.2002 — 1 BvL 9/01 —, NJW 2003, S. 279 f.;<br />
Günther, Verfassungsgerichtsbarkeit in Hessen, 2004, § 41 Rdnr. 12).<br />
Der Vorlagebeschluss nach § 41 Abs. 1 Satz 1 StGHG muss aus sich<br />
heraus verständlich sein. In den Gründen müssen der Sachverhalt,