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städtestrategien gegen armut und soziale ausgrenzung

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Städtestrategien <strong>gegen</strong> Armut <strong>und</strong> <strong>soziale</strong> Ausgrenzung<br />

2.2 FRANKREICH<br />

Die Krise der Städte in Frankreich mit Phänomenen zunehmender Arbeitslosigkeit, Segregation,<br />

Ghettobildung <strong>und</strong> Kriminalität manifestierte sich in den 1980er Jahren durch gewaltförmige<br />

Unruhen in den Vorstädten (Banlieues) der großen Städte Frankreichs. Seither haben sich die<br />

gesellschaftlichen Spaltungsprozesse, die <strong>soziale</strong> Ausgrenzung <strong>und</strong> Armut in den Städten<br />

räumlich weiter verfestigt <strong>und</strong> teilweise auch verschärft. Vor allem hat sich die Polarisierung<br />

zwischen autochthoner Bevölkerung <strong>und</strong> den meist nordafrikanischen EinwanderInnen weiter<br />

zugespitzt. Diesen Problemen versuchte man zuerst beizukommen, indem man die<br />

„Problemhäuser“ entmietete <strong>und</strong> dann sprengte; zuerst in Lyon in der Großsiedlung "Les<br />

Minguettes", später in Marseille <strong>und</strong> an anderen Orten. Eine weitere erste Maßnahme war, die<br />

„Problembevölkerung“ gleichmäßiger in einer Region zu verteilen.<br />

In den Banlieues ist trotz allem eine Generation von Jugendlichen herangewachsen, die durch<br />

Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, Frustration, Aggression <strong>und</strong> Gewaltbereitschaft geprägt wurde<br />

<strong>und</strong> wird. Diese ausgegrenzten Jugendlichen leben in einer eigenen „Welt“, mit Werten,<br />

Normen, Sprachregelungen <strong>und</strong> Verhaltensmustern, die sich zunehmend von denen der<br />

Gesamtgesellschaft abspaltet. Sichtbar wird dies dann, wenn S-Bahnen oder Busse einige<br />

Haltepunkte in der Pariser Banlieue nicht mehr anfahren oder wenn, wie im Januar 1999<br />

beschlossen wurde, so genannte „Auffanghäuser“ für straffällig gewordene Jugendliche mit<br />

hohem finanziellen Aufwand errichtet werden, um die Jugendlichen „wegzuschließen“, die<br />

straffällig geworden sind.<br />

Auf diese Krisenerscheinungen in bestimmten Stadtvierteln wurde in Frankreich seit den 1970er<br />

Jahren mit unterschiedlichen Programmen <strong>und</strong> Maßnahmen im Rahmen der ‚Politique de la<br />

Ville’ reagiert, einer Stadtpolitik, welche die Bekämpfung der territorialen Verfestigung von<br />

Armutslagen <strong>und</strong> <strong>soziale</strong>r Ausgrenzung zu ihrem Gr<strong>und</strong>gedanken erhebt. Die politischstrategische<br />

Ausrichtung dieses Politikfeldes variierte in unterschiedlichen Phasen. In den<br />

anfänglichen Programmen war die Zielsetzung durch eine bauliche Aufwertung der Wohnungen<br />

<strong>und</strong> Wohnhäuser im Rahmen von städtebaulich-architektonischen Verbesserungsmaßnahmen<br />

gekennzeichnet. Im weiteren Verlauf bildeten sich Programmschwerpunkte wie die Förderung<br />

der lokalen Ökonomie, verstärkte Investitionen in die städtebauliche Infrastruktur der Quartiere,<br />

die Förderung kultureller <strong>und</strong> sportlicher Aktivitäten durch finanzielle Unterstützung der oftmals<br />

vielfältigen Vereinsstrukturen in den Quartieren sowie die besondere Unterstützung von<br />

Integrationsmaßnahmen für Zugewanderte.<br />

Die Stadtpolitik hat sich also in Frankreich von anfänglich städtebaulich-architektonischen<br />

Zielsetzungen hin zu einem integrierten Konzept von Maßnahmen <strong>gegen</strong> Armut <strong>und</strong> <strong>soziale</strong><br />

Ausgrenzung entwickelt, das unterschiedliche politische Zielsetzungen in <strong>soziale</strong>r, kultureller<br />

<strong>und</strong> ökonomischer Hinsicht in einem gebietsbezogenen Ansatz miteinander verknüpft.<br />

2.2.1 Nationale Rahmenbedingungen<br />

Problementwicklung von Armut <strong>und</strong> <strong>soziale</strong>r Ausgrenzung<br />

Die Krise des Fordismus führte im Gefolge eines Abbaus von industriellen Arbeitsplätzen <strong>und</strong><br />

der Neustrukturierung der französischen Ökonomie zu Beginn der 1980er Jahre zu einem<br />

starken Anstieg der Arbeitslosigkeit. In den Jahren 1983 <strong>und</strong> 1984 wurden jedes Jahr mehr als<br />

250.000 Menschen arbeitslos. Man sprach in Frankreich von einer „neuen Armut“, die<br />

verdeutlichte, dass viele Arbeitskräfte vorzeitig aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden mussten <strong>und</strong><br />

gleichzeitig der Zugang zum Arbeitsmarkt immer schwieriger wurde. (PNAI 2003: 6). Die Zahl<br />

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