01.03.2013 Aufrufe

städtestrategien gegen armut und soziale ausgrenzung

städtestrategien gegen armut und soziale ausgrenzung

städtestrategien gegen armut und soziale ausgrenzung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Städtestrategien <strong>gegen</strong> Armut <strong>und</strong> <strong>soziale</strong> Ausgrenzung<br />

Großstädten die Arbeitslosenquoten seit den späten 1960er Jahren zwei oder drei ‚peaks’<br />

56<br />

aufwiesen, befindet sich Wien noch immer im ersten Anstieg der ArbeitslosenquotenP<br />

P.<br />

Diese Entwicklungen in den europäischen Städten sind einerseits auf die Entwicklungen auf<br />

den städtischen Arbeitsmärkten zurückzuführen, andererseits auf die deutlich höhere Quote der<br />

ZuwanderInnen in den Großstädten, die unter dem größten Risiko der Arbeitslosigkeit stehen,<br />

weil sie sowohl überproportional in den Branchen beschäftigt sind, die umstrukturiert werden,<br />

als auch, weil europaweit in der rechtlichen Stellung im Arbeitsmarkt erhebliche Unterschiede<br />

zwischen EWR- <strong>und</strong> Nicht-EWR-BürgerInnen gemacht werden. Neben den Nicht-EWR-<br />

BürgerInnen sind überall die Risikogruppen gleich – es gibt jedoch bei der<br />

Jugendarbeitslosigkeit erhebliche Unterschiede: diese sind in Frankreich <strong>und</strong> Süd-Europa<br />

deutlich am höchsten (vgl. Koch 2003).<br />

Die Armutsentwicklung ist die andere Seite einer – <strong>und</strong> nach manchen Autoren auch: die<br />

Ursache einer – generellen Wachstumsentwicklung, d.h. der Wohlstandsentwicklung steht<br />

zwangsläufig eine Armutsentwicklung <strong>gegen</strong>über, was insbesondere die StadtforscherInnen in<br />

den USA <strong>und</strong> Europa zur „Polarisierungsthese“ bewogen hat (vgl. Allen & Massey 1989,<br />

Sassen 1991, Hamnett 1994, Häußermann & Siebel 1987a, 1987b, Marcuse 1989, Krätke<br />

1990, Dangschat 1999b).<br />

Die Ursachen hierfür liegen in den Städten resp. die Polarisierungen werden von den Städten<br />

mit erzeugt. Allen Großstädten in Europa ist zwar gemeinsam, dass sie wenig direkten Einfluss<br />

auf die Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Zuwanderungspolitik haben, die Armuts-Wohlstands-Gegensätze in<br />

den Städten <strong>und</strong> insbesondere auch deren teilräumliche Verfestigung wird jedoch von aktuellen<br />

Stadtpolitiken <strong>und</strong> -planungen meist zusätzlich unterstützt <strong>und</strong> forciert. Städtische Standort- <strong>und</strong><br />

Wettbewerbspolitiken konzentrieren sich auf die neuen Branchen <strong>und</strong> erhöhen damit den Druck<br />

auf ökonomische Umstrukturierungen, was einerseits die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte<br />

nach sich zieht, andererseits auch traditionelle Branchen ab- <strong>und</strong> neue Branchen aufwertet. Mit<br />

letzteren gehen Wertvorstellungen einher, die von Wettbewerb <strong>und</strong> Konkurrenz, Unternehmer-<br />

<strong>und</strong> Ich-Aktien-Mentalitäten gekennzeichnet sind, deren TrägerInnen sich nur ungern in<br />

traditionelle Solidaritätssysteme einbinden lassen – damit wird sich auf das „Gemeinwohl“ zu<br />

berufen als Handlungsorientierung immer schwieriger.<br />

Weiterhin werden gerade durch Stadtentwicklungspolitik, Städtebau <strong>und</strong> Architektur die „neuen<br />

Bühnen“ dieser neuen „urbanen Eliten“ in den öffentlichen Raum gebaut, was erneut die<br />

57<br />

gesellschaftliche Ab- <strong>und</strong> Ausgrenzung der „ausgemusterten Gruppen“ unterstütztP<br />

P. Auf diesen<br />

Bühnen werden die „Events“ inszeniert, mit denen sich die Stadt nach außen verkauft <strong>und</strong> um<br />

die neuen relevanten Gruppen wirbt: jüngere, kaufkräftige TouristInnen, Kongress- <strong>und</strong><br />

58<br />

Messe(TouristInnen), Unternehmen im IuK-BereichTP<br />

PT oder den ‚creative industries’ sowie<br />

‚foreign direct investments’ <strong>und</strong> die (regionalen) Headquarter multinationaler Unternehmen.<br />

Die Armutsentwicklung steht damit in engem Zusammenhang zur gleichzeitigen<br />

Wohlstandsentwicklung <strong>und</strong> findet trotz (oder besser: wegen) der im Durchschnitt steigenden<br />

56<br />

TP<br />

PT Das gilt trotz des geringfügigen Rückgangs zu Beginn dieses Jahrtausends, denn die Werte steigen <strong>gegen</strong>wärtig<br />

wieder an.<br />

57<br />

TP<br />

PT Man spricht in diesem Zusammenhang von der städtebaulichen Entwicklung der „Stadtkrone“, die unter Zuhilfenahme<br />

von „Zitadellen-Architektur“ inszeniert wird (vgl. Häußermann & Siebel 1993). Gerade die Star-<br />

Architekten sind in den vergangenen 15 Jahren in eine Rolle geraten, dass Städte (<strong>und</strong> Unternehmen) sich mit<br />

Namen wie Jahn, Rodgers, Foster, Grimshaw, Nouvel, Piano, Gehry, Hadid „schmücken“ – hier findet die These,<br />

dass die Gegenwartsgesellschaft von einer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ (Franck 1998) geprägt sei, reichlich<br />

Nahrung.<br />

58<br />

TP<br />

PT IuK = Informations- <strong>und</strong> Kommunikationssektor.<br />

74

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!