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Richtig sitzen zahlt sich aus

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ÖFFENTLICHER RAUM<br />

Quartierentwicklung<br />

Baselstrasse: Enorme Verkehrsbelastung, sanierungsbedürftige Häuser<br />

und ein hoher Ausländeranteil – das Quartier rund um die Baselstrasse<br />

hat mit einem schlechten Image zu kämpfen<br />

Gebiet leben 2072 Personen, was knapp<br />

einem Achtel der Bevölkerung von Littau<br />

entspricht. Mit 75 Prozent ist der Ausländeranteil<br />

sehr hoch und umfasst 54<br />

Nationalitäten. Im Vergleich dazu: Die<br />

Ausländeranteile in Littau und Luzern betragen<br />

36 Prozent, respektive 19 Prozent.<br />

Die Lindenstrasse-Fluhmühle ist ein relativ<br />

junges Quartier: es dominieren die jungen<br />

und mittleren Altersgruppen. Knapp ein<br />

Viertel der Wohnbevölkerung sind Kinder<br />

und Jugendliche unter 18 Jahren. 75 Prozent<br />

der Quartierbevölkerung ist jünger als<br />

45 Jahre. Knapp 5 Prozent der Bewohnerschaft<br />

ist älter als 65 Jahre, womit das<br />

Quartier ein Gegenbild zum allgemeinen<br />

Überalterungsprozess darstellt. Der hohe<br />

Ausländeranteil und der hohe Anteil an<br />

junger Wohnbevölkerung sind typisch für<br />

sogenannte Quartiere mit Erneuerungsbedarf.<br />

Nebst der vom Auftraggeber ins<br />

Zentrum gestellten «städtebaulichen»<br />

Aufwertung rückten hier die Belange von<br />

Kindern und Jugendlichen im Quartier in<br />

den Fokus des Projektes. Der Perimeter<br />

wurde aufgrund der Begehung und der<br />

soziodemographischen Daten in zwei Sozialräume<br />

aufgeteilt.<br />

Präsenz vor Ort:<br />

zum Beispiel ein Quartierbüro<br />

Mario Störkle ist im Projekt Lindenstrasse-Fluhmühle<br />

als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

tätig. Wenn er jeweils um 16 Uhr<br />

im Quartierbüro in der Lindenstrasse auftaucht,<br />

wird er schon von einer Schar Kindern<br />

erwartet. Die haben das anfangs<br />

Jahr eröffnete Quartierbüro schnell für<br />

<strong>sich</strong> entdeckt und «angeeignet».<br />

76 SKR 2/10<br />

© Hochschule Luzern (HSLU) © Rolf Notter<br />

Das Quartierbüro – die Räume wurden<br />

von einem Immobilienbesitzer zum Preis<br />

der Nebenkosten zur Verfügung gestellt<br />

– ist Ausdruck des Willens, mit dem Projekt<br />

vor Ort präsent und erkennbar zu<br />

sein. Das Interesse der Kinder zeigte auch<br />

auf, dass solche Aufenthaltsmöglichkeiten<br />

für sie einem Bedürfnis entsprechen.<br />

Gleichzeitig wird damit der lokalen Quartierbevölkerung<br />

eine – mindestens vorübergehende<br />

– Kontaktmöglichkeit mit<br />

dem Projektteam der Hochschule Luzern<br />

angeboten. Das Quartierbüro soll bis Juni<br />

bestehen bleiben.<br />

Zudem geht es nach der Erhebung der<br />

«harten» Daten in der jetzigen zweiten<br />

Phase auch darum, weitere Eindrücke vor<br />

Ort zu gewinnen. Begehungen, Kontakte<br />

mit der Bevölkerung, Befragungen der<br />

Liegenschaftsbesitzer und des lokalen<br />

Gewerbes sollen das erst grobkörnige Bild<br />

zunehmend verfeinern und verdichten.<br />

Unterschiede in den<br />

Aussen- und Innen<strong>sich</strong>ten<br />

Mit Präsenz vor Ort und der Erhebung<br />

weiterer Daten können grobkörnige Bilder<br />

zwar korrigiert und differenziert werden.<br />

Doch Images von Quartieren, vor<br />

allem negativ geprägte, sind hartnäckig<br />

und sie wirken oft ebenso negativ auf die<br />

Quartieröffentlichkeit zurück. Distanzierung<br />

und Hoffnungslosigkeit können<br />

eine Folge davon sein. Und das negative<br />

Image ist nicht nur eine Form der Stigmatisierung,<br />

es führt zusätzlich zu einer<br />

Abwertung der Bewohnerschaft durch<br />

die Öffentlichkeit.<br />

Pulsierendes kulturelles Leben: Ein grosses Potenzial für eine gelungene<br />

Quartierentwicklung<br />

Doch der schlechte Ruf hat leider oft auch<br />

seine realen Hintergründe. So ist in der<br />

Lindenstrasse – Fluhmühle die Lärmbelastung<br />

sehr hoch, die Aussenräume sind<br />

schmucklos und unwirtlich, Spiel- und<br />

Aufenthaltsorte sind nicht nur Mangelware,<br />

das Wenige, das vorhanden ist, ist<br />

auch noch von mangelnder Qualität. Im<br />

Kindergarten sind 100 Prozent fremdsprachige<br />

Kinder.<br />

Für viele hier lebende Menschen ist der Ort<br />

wohl weniger ein Wunschraum, als vielmehr<br />

ein Zwangsraum, beispielsweise<br />

aufgrund günstiger oder für sie erschwinglicher<br />

Mietzinse. An der Lindenstrasse sind<br />

es wenige – und auch nicht organisierte –<br />

Stimmen, die gegen öffentlich vorgenommene<br />

negative Zuschreibungen Einspruch<br />

erheben.<br />

Ganz anders im Quartier Langäcker in<br />

Spreitenbach (AG). Hier erhielt der Gemeindeammann<br />

dicke und dezidierte Post,<br />

nachdem das Quartier in den Zei tungen<br />

aufgrund der Teilnahme am Programm<br />

«Projet urbain» als «Problemquartier»<br />

bezeichnet worden ist. Fast geschlossen<br />

protestierten die Stockwerkeigen tümern.<br />

Insbesondere wurden Aussagen über die<br />

Konzentration einkommensschwacher<br />

Bewohnern als provozierend empfunden<br />

und Aussagen über unzeitgemässe Wohnungsgrundrisse<br />

als anmassend kritisiert.<br />

Nach der Kritik dann die Zustimmung. So<br />

befürworten die Stockwerkeigentümern<br />

des Langäckerquartiers eine Steigerung<br />

der Lebensqualität sowohl in baulicher als<br />

auch zwischenmenschlicher Hin<strong>sich</strong>t. Bemühungen<br />

dafür, so die Briefeschreiber,

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