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TB 1 - Landesfilmdienst Nordrhein-Westfalen eV

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WANDERWEGE - BS4 <strong>TB</strong> 7,1<br />

Verbreitung des Manifests in deutschen Ländern<br />

Die Werber<br />

Verbreitung fand das Manifest Katharinas durch russische Kommissare, die es in europäischen Häfen<br />

bekannt machten. Daneben wurden seitens der russischen Regierung ausländische Werber engagiert,<br />

denen für ihre Dienste hohe Prämien versprochen wurden:<br />

Außer einer Prämie von fünf bis zehn Rubeln für jede geworbene Familie erhielten die Werber für jeweils<br />

100 Familien drei Parzellen in den Ansiedlungsgebieten. Als finanzielle Starthilfe kam ein zinsloser Zehnjahreskredit<br />

in Höhe von 4.000 Rubeln dazu. Die Werber erhielten zudem das Recht, mit den Auswanderern<br />

Sonderrechte und -leistungen zu vereinbaren. Welche Sonderrechte und -leistungen dem Werber<br />

dabei eingeräumt wurden, zeigt der Entwurf eines derartigen Ansiedlungsvertrages. Darin wurde dem<br />

Werber das Vorkaufsrecht auf alle Produkte eingeräumt, die der Siedler verkaufen wollte. Gleichzeitig<br />

konnte er aber den Preis nicht frei aushandeln. Dieser durfte nur so hoch sein, wie er allgemein von<br />

Dritten verlangt wurde. Der Siedler verpflichtete sich auch zur Zahlung des Zehnten, also des zehnten Teils<br />

von allen Getreideprodukten und dem Geflügel an den Leiter der Kolonie - den ehemaligen Werber.<br />

1764 unterstanden 63 der insgesamt 104 Dörfer auf beiden Seiten der Wolga ehemaligen Werbern,<br />

die jetzt als Direktoren fungierten und sich an die Stelle einer autonomen Gemeindeverwaltung setzten.<br />

Diese Gemeinden hatten zunächst den Status der „Privatkolonien“ inne, wohingegen die autonomen<br />

Kolonien den Status der nur der Krone unterstellten "Kronkolonien" besaßen. Gegen deren Ansprüche<br />

wehrten sich die Kolonisten. 1779 kam es durch eine Verfügung der Zarin zur Gleichstellung von Privat-<br />

und Kronskolonien.<br />

Den Werbern wurde für jede von ihnen gewonnene Familie eine Prämie gezahlt. Auch hier ist Christian<br />

Gottlieb Züge ein gutes Beispiel. Als Handwerksgeselle dürfte er kaum die notwendige Qualifikation<br />

besessen haben, um sich in Russland als Bauernkolonist eine neue Lebensgrundlage aufzubauen.<br />

Er war kein Einzelfall, wie die Ergebnisse einer 1769 von Katharina II. verfügten Inspektion der Wolgakolonien<br />

zeigten. Damals wurde festgestellt, dass rund 9 Prozent aller Kolonistenfamilien nicht für die<br />

Landwirtschaft geeignet waren. Von den 6.433 dort lebenden Familien waren es 579. Bei einer zweiten<br />

Inspektion 1774 stieg dieser Anteil sogar auf 10 Prozent. Dieser Zustand war aber nicht allein den<br />

Werbern anzulasten, sondern auch der russischen Regierung. Sie ließ sich zunächst von dem Gedanken<br />

leiten, allein eine hinreichend hohe Zahl von Menschen würde die Kolonisation erfolgreich gestalten.<br />

Wanderwege<br />

Die große planmäßige Ansiedlung deutscher Bauern in Russland begann 1763 und dauerte bis 1842. Einzelne<br />

Kolonien wurden noch bis 1862 angelegt. Auf Grund des Manifestes der Zarin Katharina II. begann<br />

nach dem Siebenjährigen Krieg eine Massenauswanderung nach Russland, vor allem aus Hessen, aber<br />

auch aus den Rheinlanden und Württemberg. Der beschwerliche Weg - damals gab es noch keine Eisenbahnen<br />

und Dampfschiffe - führte zu Lande bis Lübeck und von hier auf dem Wasser nach Petersburg.<br />

Von dort verlief die Weiterreise auf dem Landweg über Moskau oder auf dem Wasserwege auf der Wolga<br />

bis Saratow, wo auf einer geschlossenen Landfläche 104 deutsche Siedlungen angelegt wurden.<br />

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