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TB 1 - Landesfilmdienst Nordrhein-Westfalen eV

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HEIMAT, WO BIST DU? – BS 21<br />

Verantwortung für die Schicksalsgemeinschaft der Russlanddeutschen<br />

Im April 1991 verabschiedete der Oberste Sowjet der Russischen Sowjetrepublik ein Gesetz „Über die<br />

Rehabilitierung der repressierten Völker“, das nach dem Zerfall der Sowjetunion in den Rechtsbestand<br />

der Russischen Förderation übernommen wurde und zur Aufarbeitung von Unrechtsakten aufforderte,<br />

die der sowjetische Staat gegen bestimmte Nationalitäten seines Staatsgebietes ausgeübt hatte. Durch<br />

die Überwindung der Folgen früherer Willkür gegen eigene Völkerschaften sollten Grundlagen für zukünftige<br />

gerechte und stabile interethnische Beziehungen in Russland gelegt werden.<br />

Zu den Betroffenen der aufzuarbeitenden national motivierten Diskriminierung und Entrechtung gehören<br />

die Deutschen, die sich als Russlanddeutsche (Sowjetdeutsche) im Laufe von über 250 Jahren beträchtliche<br />

Verdienste um Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Staatsaufbau des Landes erworben hatten und<br />

dennoch besonderen Repressionen ausgesetzt waren.<br />

Das Anliegen dieser Gesetzgebung ist bisher nur teilweise eingelöst.<br />

Inzwischen liegt der russischen Duma bereits die neunte Version eines Gesetzes zur Rehabilitierung der<br />

Russlanddeutschen vor. Das russische Parlament tut sich mit einer Entscheidung zugunsten der deutschen<br />

Volksgruppe schwer, die vor allem nach Hitlers Überfall auf die Sowjetunion zu unschuldigen und wehrlosen<br />

Opfern von Stalins Rache wurde - einer Rache, die er wahllos an allen übte, die im sowjetischen<br />

Pass den Eintrag der deutschen Nationalität trugen.<br />

So notwendig uns eine gesetzliche Rehabilitierung der Russlanddeutschen erscheinen mag, der deutsche<br />

Staat kann auf den russischen Gesetzgeber kaum Einfluss nehmen. Während aber das russische Parlament<br />

um Rehabilitierung für die Russlanddeutschen ringt, muss sich die deutsche Politik kritisch die Frage<br />

stellen, ob sie die Aufgabe noch ernst nimmt, das schwere Kriegsfolgenschicksal dieser Deutschen in den<br />

Nachfolgestaaten der Sowjetunion überwinden zu helfen.<br />

Gewiss, es hat in diesem Zusammenhang beachtliche Leistungen zur Verbesserung der Lebenssituation<br />

gegeben, um den Bleibewillen der Deutschen in den Herkunftsgebieten zu stärken. Man mag zu Recht<br />

auf die Aufnahme und Unterstützung der Spätaussiedler verweisen, die zur erfolgreichen Integration<br />

von über 2 Mio. Deutschen aus Russland in unsere Gesellschaft geführt hat. Aber gerade vor dem Hintergrund<br />

erfolgreicher Bemühungen der Vergangenheit erscheint manche Diskussion, die dieser Tage<br />

sogar von Länderinnenministern geführt wird, den grundsätzlichen Verpflichtungen zur Hilfe bei der<br />

Überwindung der Folgen des Kriegsschicksals wenig angemessen.<br />

In den Wirbeln einer allgemeinen Integrationsdebatte, die vor allem von den Fragen der Integration von<br />

Zuwanderern aus muslimisch geprägten Kulturkreisen bestimmt wird, droht die spezifische Verantwortung<br />

unterzugehen, die der deutsche Staat gegenüber den Deutschen aus den Nachfolgestaaten der<br />

Sowjetunion übernommen hat.<br />

Unleugbare Probleme, die es auch bei der Integration von Russlanddeutschen in der Bundesrepublik gibt,<br />

werden eher verschärft als gelöst, wenn man bei ihrer Erörterung die spezifischen Voraussetzungen des<br />

Zuzugs von Spätaussiedlern missachtet.

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