Berichte
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1 Technischer Arbeitsschutz<br />
1.1 Kontrolle von Biogasanlagen<br />
Lutz Peter<br />
TLAtV<br />
Im November 2005 ereignete sich im niedersächsischen<br />
Rhadereistedt ein schwerer Arbeitsunfall<br />
in einer Biogasanlage, in dessen Folge der Verlust<br />
von vier Menschenleben durch die toxische Wirkung<br />
von Schwefelwasserstoff zu beklagen war. Dies nahm<br />
die Arbeitsschutzbehörde Thüringen zum Anlass für<br />
eine Kontrolle der Biogasanlagen in ihrem Aufsichtsgebiet.<br />
Das Unglück in Niedersachsen ereignete<br />
sich durch das Zusammentreffen von Fehlleistungen<br />
hinsichtlich einer korrekten Gefährdungsbeurteilung<br />
sowie der mangelnden Umsetzung der erforderlichen<br />
technischen Schutzmaßnahmen und Verhaltensweisen.<br />
Da eine solche Konstellation nicht nur für das<br />
Auftreten toxischer Gase, sondern auch für die<br />
Gefährdung durch eine explosionsfähige Atmosphäre<br />
mit schweren Folgen verbunden sein kann, wurde für<br />
die Untersuchung in Thüringen ein ganzheitlicher<br />
Ansatz gewählt, der alle relevanten Gesichtspunkte<br />
des Arbeitsschutzes beim Betreiben von Biogasanlagen<br />
beinhaltet.<br />
Mit der Umsetzung der Schwerpunktaktion sollten<br />
folgende Fragen beantwortet werden:<br />
• Wie werden die Betreiber der Thüringer Biogasanlagen<br />
den Forderungen des Arbeitsschutzgesetzes<br />
nach der Gefährdungsbeurteilung und<br />
der Realisierung der daraus folgenden Maßnahmen,<br />
insbesondere zum Schutz vor Gefahrstoffen<br />
und Explosionsgefahren, gerecht?<br />
• Gibt es in Thüringen Biogasanlagen, die in Bezug<br />
auf die eingesetzten Ausgangsstoffe, den<br />
baulichen Gegebenheiten sowie den technischen<br />
Randbedingungen ein ähnlich hohes Gefahrenpotenzial<br />
beinhalten, das in Niedersachsen auf<br />
tragische Weise zu dem schweren Arbeitsunfall<br />
geführt hat?<br />
• Wie wird in Thüringen ein einheitlicher Vollzug<br />
des Arbeitsschutzes in Biogasanlagen gewährleistet?<br />
Untersucht wurden 33 Biogasanlagen, davon unterlagen<br />
31 einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren.<br />
Es muss festgestellt werden, dass die gesetzlich<br />
geforderten formellen Maßnahmen im Arbeitsschutz<br />
wie die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung<br />
Teil 2<br />
<strong>Berichte</strong><br />
- 19 -<br />
bei weitem nicht von jedem Anlagenbetreiber<br />
beachtet wurden. In nur 19 von 33 Fällen konnte die<br />
Gefährdungsbeurteilung als vollständig hinsichtlich<br />
ihres Umfanges und ihrer Qualität akzeptiert werden.<br />
Auch die Bestellung von Sicherheitsfachkräften oder<br />
das Genehmigungsverfahren nach der 4. BImSchV<br />
sind keine Garantie für ein zufrieden stellendes<br />
sicherheitstechnisches Management.<br />
Das Niveau der sicherheitstechnischen Ausstattung<br />
der Anlagen liegt deutlich höher, als es nach dem<br />
Stand der durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen<br />
zu vermuten wäre. In der überwiegenden Anzahl der<br />
Anlagen wurden die sicherheitstechnischen Forderungen<br />
zum Schutz vor toxischen Gasen, Explosionsgefährdungen<br />
oder Gefährdungen durch biologische<br />
Arbeitsstoffe erfüllt. Der Grund für den Unterschied<br />
zwischen den formell zu erfüllenden Pflichten<br />
und dem tatsächlichen sicherheitstechnischen<br />
Niveau der Anlagen liegt darin, dass die Errichter von<br />
Biogasanlagen bereits von sich aus ein den gesetzlichen<br />
Vorschriften entsprechendes Sicherheitsniveau<br />
einbringen.<br />
Das Niveau des Arbeitsschutzes in den Biogasanlagen<br />
Thüringens konnte nach den Ergebnissen der<br />
durchgeführten Untersuchungen nicht befriedigen.<br />
Die Kontrollbeauftragten der Arbeitsschutzbehörde<br />
mussten in 32 von 33 untersuchten Fällen in Revisionsschreiben<br />
eine Mängelbeseitigung fordern. Auf<br />
Anordnungen wurde verzichtet, weil die beanstandeten<br />
Mängel leichterer Art waren und keine unmittelbare<br />
Gefahr für das Betreiberpersonal bedeuteten.<br />
Die betroffenen Betriebe wurden für entsprechende<br />
Nachkontrollen vorgemerkt.<br />
Nach einem Vergleich mit den technologischen und<br />
baulichen Randbedingungen der 33 Thüringer Biogasanlagen<br />
mit denen der Unglücksanlage in Niedersachsen<br />
kann nach der geführten Untersuchung<br />
folgende Aussage getroffen werden:<br />
Auf Grund der anders gearteten Randbedingungen<br />
kann sich ein Unglück ähnlich dem in Niedersachsen<br />
in einer Thüringer Biogasanlage wahrscheinlich nicht<br />
wiederholen. Dazu fehlen in Thüringen sowohl in<br />
Hinsicht auf die Eigenschaften der eingesetzten<br />
Ausgangsmaterialien als auch auf die bauliche