Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter
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gar noch höher und erreichte 1999 in<br />
Niedersachsen einen Wert von 73,4 %<br />
(NLGA 2002, 31)! Da eine Schwangerschaft<br />
ab einem mütterlichen Alter von<br />
35 Jahren automatisch als Risikoschwangerschaft<br />
eingestuft wird, ist diese<br />
Zunahme zum Teil durch den fortlaufenden<br />
Anstieg des Alters der schwangeren<br />
Frauen bedingt. Allerdings lässt sich<br />
die Entwicklung nicht allein auf der Basis<br />
des Altersanstieges erklären, da die<br />
Korrelation zwischen dem Anteil der Risikoschwangerschaften<br />
und dem Kalenderjahr<br />
auch nach Auspartialisierung<br />
des Anteils der über 35-jährigen Schwangeren<br />
immer noch r (N = 16) = .646, p =<br />
.009, beträgt. Es muss demnach weitere<br />
Einflussfaktoren geben, die zu einer<br />
immer stärkeren Betonung potenzieller<br />
Risiken während der Schwangerschaft<br />
führen.<br />
Die Schwangerschaft unterliegt einer<br />
sehr engmaschigen medizinischen<br />
Überprüfung und gilt erstaunlicherweise<br />
in der überwiegenden Mehrzahl der<br />
Fälle als Risikozustand. Es ist deshalb<br />
nicht verwunderlich, dass ein Anteil von<br />
89,0 % der Schwangeren im Laufe der<br />
Schwangerschaft mehr als acht Untersuchungen<br />
in Anspruch nimmt (BAQ<br />
2002, 35), darunter 27,2 %, die 13 bis<br />
35 Untersuchungen durchlaufen.<br />
Während es einerseits vorteilhaft<br />
erscheint, in einem so sensiblen Zeitraum<br />
von medizinischer Seite aus besondere<br />
Vorsicht walten zu lassen, muss<br />
andererseits doch gefragt werden, ob<br />
nicht angesichts dieses hohen Anteils an<br />
Risikoschwangerschaften ein an sich<br />
normaler Zustand menschlichen Lebens<br />
pathologisiert wird. Vor allem invasive<br />
Untersuchungen sind ebenfalls nicht risikolos.<br />
Der Anteil an Aborten, die durch<br />
invasive Diagnostika ausgelöst werden,<br />
liegt bei ca. 1 % bis 2 % (Jauniaux & Rodeck,<br />
1995). Außerdem kann es bei der<br />
Chorionzottenbiopsie durch versehentliche<br />
Punktierung des Fötus zu einer<br />
Fehlbildung der Gliedmaßen (sog. limb<br />
reduction defect) kommen.<br />
Die Zunahme der Risikoschwangerschaften<br />
spiegelt sich insbesondere in<br />
der Ausweitung invasiver Untersuchungen<br />
wider. Als 1970 die Amniozentese<br />
entwickelt wurde, verzeichnete man in<br />
der BRD sechs Eingriffe dieser Art, 1982<br />
waren es 15.883 und 1993 schließlich<br />
insgesamt 56.594 Amniozentesen und<br />
Chorionzottenbiopsien in den alten Bundesländern<br />
(Nippert & Horst, 1994; Nip-<br />
Anteil an Risikoschwangerschaften in Prozent<br />
63<br />
60<br />
54<br />
1987 1989<br />
pert, 1997), was einem Anteil von ca.<br />
6,2 % der Schwangerschaften entspricht.<br />
Auf Bayern bezogen stieg während des<br />
Zeitraums von 1987 bis 2002 der Anteil<br />
an Schwangerschaften, bei denen eine<br />
Amniozentese (bis zur 22. Schwangerschaftswoche)<br />
oder eine Chorionzottenbiopsie<br />
durchgeführt wurde, von 3,4 %<br />
auf 9,5 % (siehe Abbildung 2). Dies ent-<br />
Anteil an allen Schwangerschaften in Prozent<br />
66<br />
57<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
1987 1989<br />
1991 1993 1995 1997 1999 2001<br />
1991 1993 1995 1997 1999 2001<br />
GENETIK<br />
Abb. 1:<br />
Entwicklung des<br />
Anteils an Risikoschwangerschaften<br />
in Bayern während<br />
des Zeitraums von<br />
1987 bis 2002.<br />
Die Daten basieren<br />
auf den jährlichen<br />
Berichten der BayerischenArbeitsgemeinschaft<br />
für<br />
Qualitätskontrolle<br />
im Gesundheitswesen<br />
(BAQ, 1998 –<br />
2003).<br />
spricht einer Korrelation von r (N = 15)<br />
= .988, p = .000. Bei Auspartialisierung<br />
des Anteils der über 35-Jährigen ergibt<br />
sich immer noch eine Korrelation von r<br />
(N = 15) = .939, p = .000. Auch hier ist<br />
eine stabile Zunahme im Laufe der Jahre<br />
zu beobachten, die sich nicht allein<br />
durch das steigende Alter der Schwangeren<br />
erklären lässt.<br />
Abb. 2:<br />
Anteil an Schwangerschaften,<br />
bei denen<br />
eine invasive Untersuchung(Amniozentesen<br />
bis zur 22.<br />
Schwangerschaftswoche<br />
und Chorionzottenbiopsien)<br />
durchgeführt wurde.<br />
Das Diagramm<br />
basiert auf den<br />
Daten der BAQ<br />
(1988 – 2003).<br />
Die Angaben zum<br />
Anteil der Chorionzottenbiopsien<br />
1998<br />
fehlen.<br />
Chorionzottenbiopsien<br />
Amniozentesen<br />
(SSW < 22)<br />
Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005 11