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Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter

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Schwierigkeiten bei der Bewegungskoordination<br />

der Sprechmuskulatur führt.<br />

Ein Kind mit Down-Syndrom kann<br />

sowohl sprechmotorische Störungen als<br />

auch Planungs- und Steuerungsstörungen<br />

haben. Die Behandlungsansätze sind<br />

unterschiedlich. Bei Beeinträchtigungen,<br />

die auf eine Schwäche der Sprechmuskulatur<br />

zurückzuführen sind, besteht<br />

die Intervention darin, diese Muskulatur<br />

zu stärken. Dies kann schon lange vor<br />

dem eigentlichen Spracherwerb anfangen,<br />

u.a. beim Üben von richtigen<br />

Schluck-, Saug- und Kaumustern und<br />

bei den unterschiedlichsten Sprachanbahnungsübungen.<br />

Die Behandlung der<br />

motorischen Schwierigkeiten kann deshalb<br />

schon viel früher eingesetzt werden<br />

als Techniken, die die Sprechapraxie<br />

behandeln.<br />

Tests<br />

Wie kann man feststellen, ob ein Kind<br />

die typischen Merkmale einer Sprechapraxie<br />

zeigt? In erster Linie geschieht<br />

dies durch Beobachtungen der Eltern in<br />

Zusammenarbeit mit einer Logopädin.<br />

Berücksichtigt werden dabei die allgemeine<br />

Sprech- und Sprachentwicklung<br />

des Kindes, seine Mundmotorik, Lippen,<br />

Zunge, Gaumenbewegungen beim Essen<br />

und Sprechen. Es wird festgestellt,<br />

welche artikulatorischen und phonologischen<br />

Fehler das Kind macht, wie seine<br />

Sprache bei Spontanunterhaltungen<br />

ist, etc.<br />

Erst seit einiger Zeit gibt es speziell<br />

entwickelte Testbatterien, um eine<br />

Sprechapraxie festzustellen. Bei diesen<br />

Tests ist es erforderlich, dass das Kind<br />

schon sprechen kann. Die Kinder werden<br />

u.a. aufgefordert, Wörter, Phrasen<br />

oder Sätze nachzusprechen.<br />

Es ist oft nicht einfach, sich ein genaues<br />

Bild von den Fehlern des Kindes<br />

zu machen, weil diese unregelmäßig<br />

auftreten und außerdem sehr schwankend<br />

sind. Tests, die z.B. im Abstand<br />

von zwei Wochen durchgeführt werden,<br />

können ganz unterschiedliche Ergebnisse<br />

zeigen. Aber auch das ist typisch<br />

für die Sprechapraxie.<br />

Behandlung<br />

Die Therapie für sowohl Kinder ohne als<br />

mit Down-Syndrom, die eine Sprechapraxie<br />

haben, richtet sich gezielt auf<br />

Üben und Einpauken. Die Behandlung<br />

geht in kleinen Schritten, langsam und<br />

gründlich voran. Nur bei häufigem kon-<br />

sequentem Wiederholen der richtigen<br />

Sprechbewegungsabläufe, wobei man<br />

sehr strukturiert vorgeht, kann man Erfolge<br />

feststellen.<br />

Ich bin der Meinung, dass diese Therapie<br />

am effektivsten ist, wenn sich das<br />

Kind und die Sprachtherapeutin in einem<br />

ruhigen, separaten Raum aufhalten.<br />

Zwar ist in unseren Schulen eine<br />

solche „pull out“-Maßnahme (Therapeut<br />

nimmt das Kind für die Therapie aus<br />

der Klasse) nicht erwünscht, sondern<br />

man bevorzugt die „push in“-Therapie“<br />

(Therapeut arbeitet mit dem Kind in der<br />

eigenen Klasse), in diesem Fall halte ich<br />

es jedoch für besser, das Kind für eine<br />

solche Therapieeinheit aus der Klasse<br />

zu nehmen. Es muss sich voll konzentrieren<br />

können auf die Sprachübungen,<br />

der übliche Geräuschpegel im Schulzimmer<br />

würde das Kind dabei zu sehr<br />

ablenken.<br />

Freilich wird eine Therapieeinheit,<br />

die nur ein- oder zweimal wöchentlich<br />

durchgeführt wird, die Sprechmuster<br />

nicht groß verändern. Intensives Training<br />

zu Hause mit vielen kurzen, aber<br />

regelmäßigen Übungseinheiten ist für<br />

eine Verbesserung unbedingt erforderlich.<br />

Es gibt bestimmte Dinge, die man<br />

beachten sollte, und viele Spiele, Übungen,<br />

die man tun kann:<br />

– Arbeiten Sie z.B. mit Bildern oder<br />

Zeichnungen, um dem Kind zu zeigen,<br />

wo im Mund und wie die einzelnen Laute<br />

gemacht werden.<br />

– Ein strukturiertes Vorgehen ist wichtig,<br />

von den leichten zu den komplizierten<br />

Lauten, von Einzellauten zu Doppellauten<br />

etc.<br />

– Arbeiten Sie zuerst wieder an „einfacher“<br />

Sprache (Einwortsätze, Zweiwortsätze)<br />

und bauen Sie dann allmählich<br />

weiter auf.<br />

– Verwenden Sie Gebärden als Unterstützung<br />

beim Sprechen.<br />

– Sprechen Sie gemeinsam mit dem<br />

Kind, übertrieben langsam und deutlich.<br />

– Singen oder rhythmisches Sprechen<br />

können den Sprachfluss erleichtern.<br />

Die meisten Behandlungspläne für<br />

Kinder mit einer Apraxie enthalten als<br />

wichtigsten Bestandteil konsequentes,<br />

regelmäßiges Üben – Drill eben! Es geht<br />

um mehr taktile und kinästhetische Erfahrungen.<br />

Einige Programme kombinieren<br />

Sprechübungen mit grobmotorischen<br />

Bewegungen.<br />

Tipps<br />

FÖRDERUNG<br />

Zum Schluss noch einige Tipps für zu<br />

Hause:<br />

– Sprechen Sie klar und deutlich.<br />

– Singen Sie Lieder, mit begleitenden<br />

Handbewegungen und mit sich wiederholenden<br />

Strophen. Diese Wiederholungen<br />

geben dem Kind die Möglichkeit, öfter<br />

den gleichen Satz zu sprechen.<br />

– Versuchen Sie, weniger schnell zu<br />

sprechen und langsamer zu singen!<br />

(In den USA gibt es eine CD mit 26 bekannten<br />

Kinderliedern in einer verlangsamten<br />

Ausgabe, die sehr hilfreich<br />

ist für Kinder mit Apraxie, weil sie hier<br />

besser mitsingen können!)<br />

– Lesen Sie dem Kind Geschichten vor,<br />

in denen sich bestimmte Sätze wiederholen<br />

oder bei denen vorhersehbar ist,<br />

welche Sätze folgen. Diese Sätze kann<br />

das Kind lernen, mitzusprechen oder<br />

auch mitzusingen. Auch wenn es nicht<br />

den ganzen Satz schafft, dann vielleicht<br />

einige Worte oder jeweils das letzte<br />

Wort. Dies vermittelt dem Kind ein positives<br />

Gefühl: Es kann Wörter richtig<br />

aussprechen!<br />

Benutzen Sie im Alltag viele Standardausdrücke:<br />

„Bis später“, „alles ok“,<br />

„ja bitte“, „geht schon“. Diese kann das<br />

Kind häufig einsetzen und so üben.<br />

– Sagen Sie nicht: „Wenn du das<br />

Wort ,Keks‘ richtig sagst, bekommst du<br />

eines!“ Das Kind kann vielleicht in diesem<br />

Moment das Wort Keks gar nicht<br />

richtig sagen und gerät so noch mehr<br />

unter Stress und bekommt auch ein<br />

nächstes Mal dieses Wort nicht über die<br />

Lippen. Das Kind soll lieber Bilder oder<br />

Gebärden zur Unterstützung seiner<br />

Sprache einsetzen und sein Bemühen<br />

soll gewürdigt werden. Einsatz von Bildern<br />

oder Wörtern auf dem Kühlschrank<br />

z.B. können dem Kind helfen,<br />

seine Wünsche zu äußern.<br />

Die Motivation zu kommunizieren<br />

muss erhalten bleiben. Das Kind soll<br />

nicht frustiert aufgeben. Deshalb müssen<br />

wir mit viel Fantasie und Geduld<br />

das Kind während dieser schwierigen<br />

Lernzeit begleiten.<br />

Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005 41

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