Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter
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ERFAHRUNGSBERICHT<br />
Immer weiter mit kleinen Schritten<br />
Britta Rath<br />
Knapp viereinhalb Jahre ist Viviane<br />
jetzt bei uns. In dieser Zeit war die<br />
Zeitschrift Leben mit Down-Syndrom<br />
mein Begleiter. Teilweise haben mir die<br />
Artikel aufs Gemüt gedrückt, andererseits<br />
waren auch viele wertvolle Tipps<br />
und Anregungen dabei.<br />
Dies hat mich veranlasst, meine persönlichen<br />
Erfahrungen bezüglich der<br />
Förderung von Vivi zu schreiben. Vielleicht<br />
ist für Sie ja auch die eine oder andere<br />
Anregung dabei.<br />
Die richtige Einstellung macht’s<br />
Nachdem ich nach der Geburt drei Tage<br />
nur geschockt und traurig war, hat mich<br />
eine Assistenzärztin durch folgende Bemerkung<br />
aus dem Tal der Tränen geholt:<br />
„Wissen Sie, man kann ja zu Religion<br />
und Philosophie stehen, wie man<br />
will, aber gehen Sie doch davon aus,<br />
dass die Kinder sich ihre Eltern aussuchen.<br />
Und Viviane wollte genau Sie als<br />
Mami haben.“<br />
Ab dem Zeitpunkt habe ich mich<br />
nicht mehr nach dem „Warum“ gefragt.<br />
Ich war wieder voller Energie und habe<br />
in die Zukunft geschaut. Ich habe mir<br />
überlegt, was ich mit meiner Erziehung<br />
erreichen wollte – so viele Gedanke hätte<br />
ich mir bei einem so genannten normalen<br />
Kind sicher nicht gemacht.<br />
Zunächst wollte ich das, was sie in<br />
ihrem kleinen Köpfchen an Potenzial<br />
hat, optimal fördern. Außerdem sollte<br />
sie zu viel Selbstständigkeit erzogen<br />
werden, so dass sie später ein möglichst<br />
eigenständiges Leben (in einem geschützten<br />
Umfeld) führen kann. Außerdem<br />
dachte ich mir, fördert Selbstständigkeit<br />
das Selbstbewusstsein, was ihr<br />
vielleicht hilft, sich gegen mögliche Anfeindungen<br />
besser zur Wehr zu setzen.<br />
Vor allem aber wollte ich, dass sie später<br />
– in welcher Ausprägung auch immer<br />
– ein glücklicher und zufriedener<br />
Mensch wird.<br />
So normal wie möglich<br />
Auch ich wollte weiterhin das Leben genießen<br />
und lachen können – trotz eines<br />
behinderten Kindes (heute lässt mich<br />
diese Aussage etwas lächeln, aber da-<br />
58 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005<br />
mals hatte ich noch keine Vorstellung,<br />
wie viel wir lachen würden).<br />
Außerdem wollte ich so normal wie<br />
möglich weiterleben. Dazu gehörte<br />
auch, dass ich, wie vor der Geburt geplant,<br />
nach vier Monaten Pause wieder<br />
zwei Tage die Woche arbeiten ging. Ich<br />
hatte sehr viel Glück mit der Tagesmami<br />
für Vivi, sie hatte selber drei Jungs<br />
im Alter von damals ein, drei und fünf<br />
Jahren und nahm Vivi wie ihr viertes eigenes<br />
Kind auf. Eine natürliche Förde-<br />
rung, quasi ganz von selbst in einer<br />
„Großfamilie“.<br />
Zudem habe ich mit ihr Kurse besucht,<br />
die Mütter „normaler“ Kinder<br />
hier in der Schweiz auch besuchen, angefangen<br />
von PEKIP, Baby-Schwimmen<br />
über Muki-Singen und -Turnen bis zum<br />
Spielgruppenbesuch.<br />
Nur eine ausgeglichene Mami<br />
ist eine gute Mami<br />
Mir tat es gut, mich während der zwei