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Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter

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ERFAHRUNGSBERICHT<br />

wir uns das vorstellen könnten ... Na<br />

klar. Et hätt noch immer jot jejangen ...<br />

Und so wurde ein Sommerurlaub abgesagt<br />

und ein Kind abgeholt.<br />

Und plötzlich war nichts mehr, wie<br />

es vorher war, nichts mehr war gut. Da<br />

lag ein Kind auf dem Wickeltisch, das zu<br />

schlapp zum Trinken war. Ein Kind, das<br />

keinen Blickkontakt aufnahm. Ein Kind,<br />

das sich scheinbar gar nicht weiterentwickelte.<br />

Da hieß es plötzlich, viermal am Tag<br />

nach Voijta turnen, lange für einen<br />

Blickkontakt „üben“ und nicht wissen,<br />

was da kommen würde. Und da war<br />

auch viel Angst: Würden wir das leben<br />

können? Es war eine dunkle Zeit. Viele<br />

Zweifel, viel Arbeit, viel Hoffnungslosigkeit.<br />

Und ehrlich gesagt, weiß ich bis<br />

heute nicht, warum sich das irgendwann<br />

drehte. Es war einfach so, als käme<br />

nach Ebbe wieder Flut. Es wurde<br />

wieder lebbar, das Leben mit Lily. Es<br />

war genug gehadert. Jetzt wurde einfach<br />

gelebt: Schritt für Schritt. Wir taten,<br />

was machbar war, und vertrauten auf<br />

Gott. Et hätt noch immer jot jejangen.<br />

Und irgendwann „kam“ Lily – langsam,<br />

aber gewaltig.<br />

62 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005<br />

Heute ist Lily fast so groß wie ihre ältere<br />

Schwester. Sie strotzt vor Selbstbewusstsein,<br />

redet wie ein Wasserfall und<br />

ist einfach reizend. Und so hart die erste<br />

Zeit auch war: Ich habe sie gebraucht,<br />

um mich wirklich kennen zu lernen.<br />

Eine völlig normale Familie?!<br />

Und wie leben wir heute? Auf den ersten<br />

Blick völlig unnormal, zwei Kinder mit<br />

Down-Syndrom, zwei berufstätige Eltern,<br />

viel zu tun und immer irgendwie<br />

auf dem Seil tanzend.<br />

Auf den zweiten Blick völlig normal.<br />

Balanceakte turnt jede Familie und wir<br />

unterscheiden uns nur partiell. Unsere<br />

Kinder lernen langsamer, machen aber<br />

viele Dinge völlig normal: Ballett, Musikschule,<br />

Schwimmverein.<br />

Auf den dritten Blick aber erlebe ich<br />

uns, auch in Phasen, die dunkel sind, als<br />

unwahrscheinlich bereichert um Dinge,<br />

von denen wir sonst wahrscheinlich keine<br />

Ahnung hätten. Dazu gehören das<br />

Wissen um die Verletzlichkeit menschlichen<br />

Daseins, der Respekt vor dem<br />

Menschsein in allen seinen Formen und<br />

natürlich das Vertrauen in das Leben<br />

als solches:<br />

Et hätt noch immer jot jejangen.<br />

Jonatan liest und<br />

ist ein GuK-Fan!<br />

W ir beobachteten an Jonatan schon<br />

früh seine besondere Fähigkeit,<br />

Bilder wieder zu erkennen. Dank dieses<br />

„fotografischen Gedächtnisses“ beherrscht<br />

er nun alle Buchstaben und<br />

kann zirka 20 Worte lesen!<br />

Im Juli 2004 begannen wir mit GuK1<br />

(Gebärden-unterstützte Kommunikation).<br />

Jonatan wurde ein wirklicher<br />

„GuK-Fan“ und sein aktiver Wortschatz<br />

erweiterte sich für seine Verhältnisse<br />

enorm. Mittlerweile beherrscht er die<br />

100 GuK-Begriffe und wendet die Hälfte<br />

im Alltag an. Jonatan spielt auch gern<br />

mit seinem fast zweijährigen Bruder.<br />

Da Jonatan sehr lieb, vorsichtig und<br />

fröhlich ist, streiten die beiden kaum<br />

und wachsen momentan wie Zwillinge<br />

auf. Inzwischen ist Jonatan vier Jahre.<br />

Wir haben wirklich viel Freude an<br />

unserem ausgeglichenen Sonnenscheinkind!<br />

Familie Richardt

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