23.08.2013 Aufrufe

Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter

Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter

Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

PSYCHOLOGIE<br />

Sind Menschen mit Down-<br />

Syndrom intelligent?<br />

Wolfgang Storm<br />

Unter Berücksichtigung der Theorie der multiplen Intelligenzen<br />

kann die Frage, ob Menschen mit Down-Syndrom<br />

intelligent sind, mit „Ja“ beantwortet werden.<br />

Betrachtet man unter anderem die Subintelligenzen der<br />

emotionalen, musikalischen und körperlich-kinästhetischen<br />

Intelligenzen, so zeichnen sich viele Menschen<br />

mit Down-Syndrom gerade durch diese Fähigkeiten aus,<br />

die es im Kindergarten, in der Schule, aber auch im späteren<br />

Leben in der Berufswelt zu entdecken, zu fördern<br />

und einzusetzen gilt.<br />

Menschen mit Down-Syndrom werden<br />

Persönlichkeiten zugeordnet,<br />

die durch eine geistige Behinderung<br />

charakterisiert sind. Diese Behinderung<br />

orientiert sich vor allem am Intelligenzquotienten<br />

(IQ), erkennbar am historischen<br />

Synonym der „mongoloiden Idiotie“<br />

für Down-Syndrom. Idiotie bezieht<br />

sich hierbei auf einen IQ unter 25 mit<br />

definitionsgemäß völliger Bildungsunfähigkeit,<br />

wobei die schweren Fälle weder<br />

sprechen, gehen noch selbstständig<br />

essen und sich sauber halten können.<br />

Welche Vorstellungen<br />

werden bei den Eltern<br />

geweckt, wenn sie nach<br />

der Geburt darüber aufgeklärt<br />

werden, nun ein<br />

Kind mit Down-Syndrom<br />

in ihrer Mitte zu haben?<br />

Vorsichtige und einfühlsame Versuche,<br />

auf die Chromosomenstörung hinweisende<br />

Verdachtssymptome mit Down-<br />

Syndrom zu beschreiben, scheitern auch<br />

heute noch oft an der Unkenntnis über<br />

diesen Begriff. Es ist deswegen oft notwendig,<br />

mit dem veralteten und unzutreffenden<br />

Namen „mongoloid“ oder<br />

26 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005<br />

„Mongolismus“ den Eltern die Art der<br />

Behinderung ihres Kindes anzudeuten.<br />

Dies jedoch oft mit katastrophalen Folgen:<br />

Glauben doch viele Betroffene aus<br />

früheren Erfahrungen zu wissen bzw.<br />

zu erahnen, welch düstere Gegebenheiten<br />

nun auf sie zukommen werden.<br />

Ein Blick in Lexika bzw. Schulbücher<br />

reicht meist aus. Der Begriff „mongoloid“<br />

steht für Schwachsinn, „mongoloide<br />

Idiotie“ für Personen, die weder selbstständig<br />

essen und trinken, geschweige<br />

denn mit der Umwelt kommunizieren<br />

oder gar lesen und schreiben lernen<br />

können. Nach den Vorstellungen vieler<br />

Laien, aber auch bei Ärzten, scheint dies<br />

noch Realität zu sein.<br />

Historische Etikettierung negativ<br />

Es ist die historische Etikettierung dieser<br />

Kinder als „mongoloid“, die in der<br />

Vergangenheit zu ausschließlich negativen<br />

Auswirkungen in unter anderem sozialer,<br />

emotionaler und kognitiver Hinsicht<br />

geführt hat. Diese negative Etikettierung<br />

war ein äußerst wirksamer „Motor“<br />

für die Entstehung gleichförmiger<br />

Anschauungen und Reaktionen, die sich<br />

Wege in der Familie und Gesellschaft<br />

gebahnt haben, um so letztlich zur Aussonderung<br />

und Isolierung zu führen.<br />

Dieses einmal entstandene Etikett<br />

diente als Orientierungshilfe, aus der die<br />

Gesellschaft ihre Verhaltensweisen,<br />

Vorstellungen und Erwartungen dieser<br />

nicht integrierten Gruppe gegenüber re-<br />

krutierte. Wenn Kinder mit einem Down-<br />

Syndrom geboren werden und später<br />

im Kindergarten oder in der Schule weiteren<br />

Eingang in die Gesellschaft finden<br />

wollen, werden sie von einer Umwelt,<br />

die diese negative Etikettierung übernommen<br />

hat, in einer Art und Weise behandelt,<br />

dass sie den vorgegebenen Status,<br />

den ihnen die Gesellschaft auferlegt<br />

hat, akzeptieren müssen.<br />

Ein völlig anderes Bild heute – aber<br />

trotzdem ...<br />

Vergleicht man die Entwicklungsmöglichkeiten<br />

von Kindern mit Down-Syndrom<br />

aus der Zeit vor über 20 bis 25<br />

Jahren mit denen aus der heutigen Zeit,<br />

so sind deutliche Unterschiede nicht zu<br />

übersehen, sodass der Begriff einer<br />

„mongoloiden Idiotie“ keineswegs mehr<br />

aufrechterhalten werden kann. Die<br />

Grenzen der Entwicklungsmöglichkeiten<br />

sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt<br />

noch nicht absehbar. Fähigkeiten, die<br />

z.B. vor 15 bis 20 Jahren noch als illusorisch<br />

angesehen wurden (z.B. Lesen,<br />

Schreiben), gelten heute zum Teil als<br />

selbstverständlich. Neue und Erfolg versprechende<br />

Arbeitsbereiche werden in<br />

Angriff genommen.<br />

Trotzdem werden auch heute noch<br />

Kinder mit einer vermeintlichen geistigen<br />

Behinderung anlässlich eines Schulaufnahmeverfahrens<br />

anhand des getesteten<br />

Intelligenzquotienten beurteilt, ob<br />

sie als lernbehindert (IQ > 70) oder geistig<br />

behindert (IQ < 70) eingestuft werden.<br />

Dies hat nicht selten zur Konsequenz,<br />

dass immer noch uneinsichtige<br />

Schulleiter bzw. Schulräte meinen, Kinder<br />

mit einem IQ < 70 keiner lernbehinderten<br />

oder vor allem integrativen<br />

Schulklasse zumuten zu können.<br />

Gelten also Kinder mit Down-Syndrom<br />

trotz der erreichten Fortschritte in<br />

sozialer und kognitiver Hinsicht auch<br />

weiterhin als unintelligent oder beruht<br />

die Beurteilung mittels der Bestimmung<br />

des Intelligenzquotienten auf falschen<br />

Voraussetzungen?<br />

Was ist Intelligenz?<br />

Eine kurze Beschreibung des Begriffes<br />

Intelligenz definiert sie als „die Fähigkeit,<br />

zielgerichtet zu handeln, rational<br />

zu denken und sich wirkungsvoll mit<br />

seiner Umwelt auseinander zu setzen“.<br />

Hierbei unterscheidet man Vorbedingungen,<br />

z.B. Lernfähigkeit und Gedächtnis,<br />

ferner den Kenntnisstand,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!