Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter
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ERFAHRUNGSBERICHT<br />
tags). In diesen kleben wir jede Woche<br />
Fotos unserer Termine hinein, d.h.<br />
Montag die Spielgruppenleiterin, Dienstag<br />
und Donnerstag ein Bild unserer Tagesmami<br />
und ihrer Kinder etc. Habe ich<br />
kein passendes Foto zur Hand, male ich<br />
einfach eins, z.B. Weihnachten einen<br />
Tannenbaum. Inzwischen weiß Viviane,<br />
wenn ich sie frage, was wir am Mittwoch<br />
machen, dass sie zu Isabelle zum<br />
Muki-Turnen geht und nach dem Mittagsschlaf<br />
zu Frau Trümpler zum Spielen<br />
(Frühfördertherapeutin).<br />
Zusätzlich hängt neben der Wickelkommode<br />
noch ein großer Janosch-Kalender,<br />
auf dem pro Blatt ein Monat abgebildet<br />
ist. Mir ist schon klar, dass Vivi<br />
noch nicht begreift, was Tage, Wochen<br />
und Monate sind, doch ich hoffe, dass irgendwann<br />
ein Verständnis kommt.<br />
Zahlenverständnis und Numicon<br />
Einkaufen gehen, CD-Player oder Fernbedienung<br />
bedienen – überall gibt es<br />
Zahlen, seien es Mengen, Preise, Ziffern.<br />
Angeregt durch einen Artikel in Leben<br />
mit Down-Syndrom und das Bewusstsein,<br />
dass man später, will man möglichst<br />
selbstständig leben, ein Zahlenverständnis<br />
braucht, habe ich mir nun<br />
Numicon angeschafft. Beide Kinder finden<br />
es absolut faszinierend (ich komme<br />
gar nicht nach, Übungen vorzubereiten).<br />
Allerdings habe ich inzwischen das<br />
Problem, dass ich mit Viviane keine Zeit<br />
alleine verbringe; die zweijährige Leonie<br />
will schließlich auch mitmachen. Die<br />
paar Male, die ich es bisher mit Vivi geschafft<br />
habe, war sie voll bei der Sache.<br />
Ich musste nach 25 Minuten abbrechen,<br />
sonst wäre sie gar nicht mehr zu ihrem<br />
Mittagsschlaf gekommen.<br />
60 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005<br />
Das Tic-Tac-Würfelspiel<br />
Die Zahlen des Würfels zu kennen ist sicherlich<br />
nicht lebensnotwendig, aber<br />
kann auch nicht schaden. Dazu habe ich<br />
mir folgendes Spiel überlegt: Die Kinder<br />
dürfen mit einem großen Schaumstoffwürfel<br />
würfeln. Sagen sie die Augenzahl<br />
richtig, bekommen sie die gleiche Anzahl<br />
an Tic-Tac in ihr Schatzkästchen.<br />
Ist die Antwort falsch, nehme ich die<br />
entsprechende Anzahl aus dem Kästchen.<br />
Nach drei Runden dürfen die Kinder<br />
die verbliebenen Tic-Tac essen.<br />
Cogito ergo sum – Ich denke,<br />
deshalb bin ich<br />
Wichtig war mir, dass Viviane nicht einfach<br />
nur konsumiert, sondern auch eigenständig<br />
denkt. So ist es abends ein<br />
Ritual geworden, sie zu fragen, was wir<br />
heute gemacht haben, was es zum Mittagessen<br />
gab etc. Es passiert erstaunlich<br />
viel während eines Tages, wenn man es<br />
aus Kinderperspektive betrachtet, ich<br />
habe gestaunt.<br />
Zu Beginn habe ich eigentlich nur<br />
den Tagesablauf repetiert, aber inzwischen<br />
kann sie mir schon sagen, was<br />
wir so alles erlebt haben. Zur visuellen<br />
Unterstützung hilft auch der Fotokalender.<br />
Zusätzlich sage ich ihr, wie das<br />
„Programm“ des nächsten Tages aussieht.<br />
Quintessenz:<br />
Viel wiederholen, viel Geduld, viel visualisieren,<br />
konsequente und liebevolle<br />
Erziehung, jeden Tag – so weit es geht –<br />
genießen und nicht zu sehr an Vivis Zukunft<br />
denken, alles verbunden mit einer<br />
großen Portion Humor. Mit dieser Einstellung<br />
hat es mit Vivi bisher sehr viel<br />
Spaß gemacht.<br />
Bald geht’s in den „Chindsgi“<br />
Im Sommer soll sie nun in den Kindergarten<br />
integriert werden (in der Schweiz<br />
kommen die Kinder erst mit vier bis fünf<br />
Jahren in den „Chindsgi“). Hoffen wir,<br />
dass es klappt.<br />
Siehste, klappt<br />
doch!<br />
D ie 16-jährige Christiane aus Neuwied<br />
ist stolz und glücklich, dass<br />
sie nun genau wie ihre großen Geschwister<br />
Ski fahren kann. Zuerst waren die<br />
Eltern etwas skeptisch: Würde Christiane<br />
das überhaupt lernen können? Aber<br />
die Bedenken wurden zerstreut. Heute<br />
schreiben die Eltern: Welch eine enorme<br />
Kraft wohnt in diesem Mädchen.<br />
Man muss nur den Mut haben, dieses<br />
Potenzial zu fördern. Für Christiane war<br />
das längst klar. Ihr Lieblingsspruch ist:<br />
„Siehste, klappt doch!“<br />
Heute nach drei Jahren fährt Christiane<br />
alleine mit einen kleinen Schlepplift<br />
hinauf und in Kurven den Berg wieder<br />
runter. Sie hat es geschafft. Und mit<br />
ihrem Charme schafft sie es, dass sie<br />
nie allzu lange in der Schlange vor dem<br />
Lift stehen muss! Von ihrem gesparten<br />
Taschengeld hat sie sich voller Stolz nun<br />
auch die bis dahin geliehenen Skier und<br />
Schuhe gekauft.