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Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter

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ERWACHSENE<br />

Auf den Markt zu gehen und ein wenig zu<br />

bummeln, auch das kann man lernen<br />

nachher sowieso zum Einkaufen geht<br />

und die Milch selbst mitnehmen kann,<br />

(die Familien berichteten über eine ganze<br />

Reihe ähnlicher Erfahrungen).<br />

Wenn die Jugendlichen aber als Erwachsene<br />

behandelt werden, mit einbezogen<br />

werden und das Gefühl haben,<br />

wichtig zu sein, werden sie auch motiviert<br />

sein, Aufgaben zu erledigen.<br />

Die aktive Miteinbindung der Jugendlichen<br />

bei der Wahl der Aktivitäten<br />

Selber auswählen und mitbestimmen<br />

zu dürfen, welche Ziele wichtig<br />

sind, mit welchen Aktivitäten und in<br />

welchen Situationen sie geübt werden<br />

sollten, gibt den Jugendlichen das Gefühl,<br />

ernst genommen zu werden.<br />

Sie bestimmen alles selbst, nicht nur<br />

die eher nebensächlichen Dinge, wie die<br />

Wahl der Vesper, sondern auch wichtige<br />

Punkte wie das Thema und den Ablauf<br />

des Wochenend-Projekts oder wie<br />

groß die Arbeitsgruppe sein soll.<br />

Oft erleben diese Jugendlichen nämlich,<br />

dass auch wenn ihnen eine aktive<br />

Rolle zugeteilt wird, dies immer in Form<br />

von „Hilfe“ ausgedrückt wird („Hilfst du<br />

mir beim Kochen? Hilfst du mir beim<br />

Einkaufen?, usw.“) – ein bisschen so wie<br />

man es mit kleinen Kindern tut, um sie<br />

zu aktivieren, aber ohne viel von ihren<br />

Fähigkeiten zu halten.<br />

Sie merken das natürlich und sind<br />

deshalb oft wenig hilfsbereit („Warum<br />

muss ich das denn machen, wenn du es<br />

auch machen kannst und ich gar nicht<br />

notwendig bin?“). Eine Haltung, die<br />

manchmal als Unfähigkeit angesehen<br />

wird.<br />

46 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005<br />

Bei allen Aktivitäten muss der Jugendliche<br />

im Mittelpunkt stehen, jedoch als<br />

selbstständiger, kompetenter Partner<br />

und nicht als ein hilfebedürftiges Kind.<br />

Sich als Erwachsener anerkannt zu<br />

fühlen, verstärkt die Motivation, weiter<br />

an der eigenen Selbstständigkeit zu arbeiten<br />

Die Art, wie man mit den Jugendlichen<br />

umgeht, wie man mit ihnen<br />

spricht, die Aktivitäten, die man für die<br />

Nachmittage vorschlägt, sollten altersgerecht<br />

sein (Kino, Diskothek, Bowling,<br />

Fast Food, usw.)<br />

Sie als Erwachsene anzuerkennen<br />

bedeutet aber auch, dafür zu sorgen,<br />

dass Gespräche auf einer realistischen<br />

Ebene geführt werden und dass man auf<br />

unrealistische Berichte oder Fantasiegeschichten<br />

nicht weiter eingeht. Man<br />

sollte ihnen helfen, sich mit realen Begebenheiten<br />

zu beschäftigen.<br />

Individuelle Ziele und Strategien<br />

Ausgehend von den vorhandenen Fähigkeiten<br />

werden jedes Jahr für jeden<br />

Jugendlichen bestimmte individuelle<br />

Ziele festgelegt, die ihm auf den Weg in<br />

die Selbstständigkeit weiterhelfen. Für<br />

die Einschätzung der Fähigkeiten verwenden<br />

die Begleiter speziell entwickelte<br />

Beobachtungsbögen, die mindestens<br />

zweimal pro Jahr ausgefüllt werden.<br />

Nach den ersten zwei Kursmonaten,<br />

werden fünf konkrete Ziele mit dem Jugendlichen<br />

besprochen und welche<br />

Schritte notwendig sind, diese Ziele zu<br />

erreichen, um ihn in diesen Bereichen<br />

kompetent zu machen. Die fünf Ziele<br />

werden in Form eines fünfeckigen<br />

Sterns dargestellt und beinhalten z.B.<br />

Aufgaben, wie die eigene Gruppe an irgendeinen<br />

bestimmten Ort zu führen,<br />

allein zum Einkaufen zu gehen, usw.<br />

Für jeden Jugendlichen werden<br />

außerdem individuelle Strategien entwickelt,<br />

auf Grund vorhandener Fähigkeiten,<br />

um ihn autonom zu machen. So<br />

soll der Jugendliche, der lesen kann,<br />

Produkte in Geschäften finden, indem<br />

er den Produktnamen liest, wenn er jedoch<br />

nicht lesen kann, wird er dazu angeregt,<br />

sich zu merken, wie die Verpackung<br />

des Produktes aussieht, und<br />

die wieder zu erkennen.<br />

Jede zu erlernende Fähigkeit steht<br />

nicht für sich allein, sondern ist ein<br />

Schritt auf dem Weg zu dem Ziel „es zu<br />

schaffen“, „zurechtzukommen“.<br />

Bei der Entwicklung der Aktivitäten<br />

macht man sich auch Gedanken darüber,<br />

welche Gegenstände verwendet<br />

werden können, um die Ausführung einiger<br />

Aufgaben zu erleichtern, die als<br />

Hilfsmittel fungieren, um bestimmte<br />

Ziele der angestrebten Autonomie besser<br />

zu erreichen.<br />

Zum Beispiel ist es nützlich, vor allem<br />

für die schüchternen, sprachlich<br />

nicht so kompetenten Jugendlichen,<br />

Kärtchen dabei zu haben mit Standardfragen<br />

und Bemerkungen, die ihnen<br />

beim Einüben bestimmter Fähigkeiten<br />

und beim Sammeln von Informationen<br />

behilflich sein können.<br />

Als sehr geeignet für alle Kursteilnehmer<br />

erwies sich ein spezieller Geldbeutel,<br />

in dem das Geld übersichtlich geordnet<br />

ist und der in der Handhabe sehr<br />

praktisch ist.<br />

Aus der Praxis mit den Jugendlichen<br />

lernen wir dauernd dazu. Um bestimmte<br />

Aufgaben zu erleichtern, schlagen wir<br />

z.B. den Gebrauch von ergometrischen<br />

Messern und speziellen Scheren vor<br />

oder empfehlen Messbecher statt einer<br />

Küchenwaage oder einen Gasanzünder<br />

statt Streichhölzern.<br />

Mit Ausnahme des Geldbeutels, der<br />

extra für die Jugendlichen erfunden und<br />

hergestellt wurde, sieht man aus der<br />

Wahl dieser Hilfsmittel, wie einfach es<br />

sein kann, durch sorgfältiges Beobachten<br />

und mit ein bisschen Kreativität geeignete<br />

Gegenstände, die es schon im<br />

Handel gibt, zu finden, die es den Jugendlichen<br />

erleichtern, trotz ihrer<br />

Schwierigkeiten eine gewisse Selbstständigkeit<br />

zu erreichen.<br />

Das Team und die Eltern<br />

Sowohl in Rom als auch in anderen<br />

Städten haben die Begleiter, die mit den<br />

Jugendlichen zusammenarbeiten, eine<br />

sozialpädagogische Ausbildung und erhalten<br />

dann von dem Verein eine spezielle<br />

Fortbildung über die Ziele und Inhalte<br />

des Projektes. Der Koordinator<br />

und Kursleiter ist immer ein Sozial-<br />

Pädagoge, manchmal auch ein Psychologe.<br />

Die Assistenten und der Kursleiter<br />

treffen sich regelmäßig einmal wöchentlich<br />

zur Besprechung des Programms,<br />

um die Aktivitäten auszuwählen und zu<br />

überlegen, welche Ressourcen genutzt<br />

werden können oder wie die eigene<br />

Kreativität der Assistenten eingebracht<br />

werden kann.<br />

Nur durch den ständigen Dialog mit

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