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Nr. 49, Mai - DS-InfoCenter

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PSYCHOLOGIE<br />

te Denken teils auf Zufallslernen aufbaut,<br />

könnte dies der frühe Beweis für<br />

die diesbezüglich atypische Entwicklung<br />

bei Down-Syndrom sein.<br />

Weitere Studien fanden ebenso Beweise<br />

über einen atypischen Verlauf<br />

dieses Entwicklungsbereichs. So wurde<br />

u.a. festgestellt, dass die Kinder länger<br />

brauchten, um von Stufe V (an einer<br />

Schnur ziehen, um ein Spielzeug zu bekommen)<br />

zu Stufe VI (gezieltes Vorgehen,<br />

beim Hereingeben einer Kette in eine<br />

Tasse) zu gelangen. Dieser verlangsamte<br />

Übergang von der einen in die<br />

nächste Stufe war jedoch nicht deutlich<br />

in anderen Bereichen, wie bei der Objektpermanenz<br />

oder der Imitation von<br />

Gesten. Verzögerung bei der Entwicklung<br />

des instrumentellen Denkens im<br />

Säuglingsalter kann die Ursache sein für<br />

die später auftretenden spezifischen<br />

Schwierigkeiten, Strategien zur Problemlösung<br />

zu entwickeln.<br />

Aus verschiedenen Studien geht hervor,<br />

dass während die unterschiedlichen<br />

sensomotorischen Entwicklungsbereiche<br />

sich mehr oder weniger gleichmäßig<br />

weiterentwickeln, das zielorientierte<br />

Denken einen atypischen und verlangsamten<br />

Entwicklungsweg folgt.<br />

Auch nach der Säuglingszeit gibt es<br />

Beweise dafür, dass die Fähigkeit, Hilfsmittel<br />

einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen,<br />

bei Kindern mit Down-Syndrom<br />

weiterhin verzögert ist. Ruskin et<br />

al. 1994 berichten, dass Kleinkinder in<br />

ihrer Studie bedeutend weniger zielgerichtete<br />

Handlungen ausführten, um ein<br />

bestimmtes Ziel zu erreichen (z.B. Klötze<br />

durch passende Löcher stecken), als<br />

nicht beeinträchtigte Kinder im gleichen<br />

Entwicklungsalter.<br />

Ähnlich fand auch unser Team heraus,<br />

dass diese Kinder weniger gute<br />

Strategien entwickelten, z.B. um das<br />

Problem zu lösen, wie sie einen ge-<br />

Babys mit Down-Syndrom schauen ihre Mütter<br />

länger und intensiver an als andere Babys<br />

24 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong>, <strong>Mai</strong> 2005<br />

wünschten Gegenstand aus einer Plastikbox<br />

holen konnten. Nicht nur im Vergleich<br />

zu Kindern, die sich normal entwickelten,<br />

sondern auch zu Kindern mit<br />

anderen Lernverzögerungen.<br />

Weiter fiel auf, dass Kinder mit<br />

Down-Syndrom weniger Freude an kausalen<br />

Zusammenhängen zeigten und einen<br />

viel weniger positiven Gesichtsausdruck<br />

hatten während solcher zielgerichteter<br />

Handlungen als andere Kinder.<br />

Es ist anzunehmen, dass diese<br />

freudlose Beschäftigung mit Aufgaben,<br />

bei denen strategisches Denken erforderlich<br />

ist, eine wichtige Rolle bei der<br />

Entwicklung des Motivationsverhaltens<br />

spielt.<br />

Primäre phänotypische Folge:<br />

das soziale Funktionieren/Verhalten<br />

Zu der Entwicklungsverzögerung im instrumentellen<br />

Denken bei kleinen Kindern<br />

mit Down-Syndrom kommen relative<br />

Stärken im sozial-emotionalen Bereich.<br />

Schon im Alter von drei Jahren<br />

zeigen viele dieser Kinder deutliche<br />

Stärken im sozialen Funktionieren, gemessen<br />

mit der Vineland Adaptive Behavior<br />

Scales. Einige Studien geben<br />

zwar an, keine großen Unterschiede im<br />

Temperament zwischen Kindern mit<br />

und ohne Down-Syndrom feststellen zu<br />

können, viele andere dagegen berichten,<br />

dass Kleinkinder mit Down-Syndrom<br />

öfter eine aufgeweckte Stimmungslage<br />

haben, mehr auf Musik ansprechen<br />

und weniger anstrengend sind<br />

als gleichaltrige andere Kinder.<br />

Die gute visuelle Imitation von Kleinkindern<br />

mit Down-Syndrom wird beschrieben<br />

als der Beweis einer „angeborenen<br />

sozialen Kompetenz“. Was das<br />

frühe Anschauen betrifft, stellt Crown et<br />

al. (1992) fest, dass diese Babys ihre<br />

Mütter länger anschauen als Säuglinge,<br />

die sich normal entwickeln, sogar schon<br />

im Alter von vier Monaten. Dieses Verhalten<br />

kann die Kontaktaufnahme zu<br />

anderen Menschen begünstigen. Die Ergebnisse<br />

wurden bestätigt in einer Studie<br />

von Gunn et al., die erwähnt, dass<br />

sechs bis neun Monate alte Babys mit<br />

Down-Syndrom fast die Hälfte ihrer Interaktionszeit<br />

damit verbrachten, ihre<br />

Mütter anzuschauen, und eine Studie<br />

von Kasari et al. erwähnt, dass die Kinder<br />

während unsicherer Situationen<br />

vermehrt ihre Eltern anschauen.<br />

Aber ... die Kinder nützen dieses intensive<br />

Anschauen nicht als ein Mittel<br />

zum Zweck, um Informationen zu bekommen.<br />

Weitere Zeugnisse sozialer Kompetenz<br />

bei Säuglingen sind der verstärkte<br />

Einsatz von melodischen, vokalischen<br />

und emotionalen Lauten. Schon vier<br />

Monate alte Babys mit Down-Syndrom<br />

lautieren, wenn sie mit Personen (nicht<br />

jedoch mit Objekten) interagieren. Diese<br />

soziale Kompetenz scheint während<br />

der ganzen Kleinkindzeit bis in die Vorschuljahre<br />

anzudauern.<br />

Mit 17,5 Monaten zeigen Kinder mit<br />

Down-Syndrom ähnliche Reaktionen in<br />

der Interaktion mit der Mutter wie sich<br />

normal entwickelnde Kinder. In einer<br />

„fremden Situation“ wirken 24 Monate<br />

alte Kinder mit Down-Syndrom sehr beunruhigt,<br />

wenn ihre Mütter nicht da<br />

sind, sie weinen dann häufig, machen<br />

einen unglücklichen, ängstlichen Eindruck<br />

und schauen häufig zur Tür – Verhaltensweisen,<br />

die man auch bei anderen<br />

Kindern beobachten kann.<br />

In verschiedenen Bereichen, wie in<br />

bestimmten nonverbalen sozialen Interaktionen,<br />

beim Rollenspiel oder in Spielen,<br />

wobei man sich abwechselt, zeigen<br />

Kinder mit Down-Syndrom deutliche<br />

Stärken im Vergleich zu Kindern ohne<br />

Syndrom.<br />

Ein weiterer interessanter Aspekt im<br />

sozial-emotionalen Verhalten ist die<br />

Fähigkeit, positive Gefühle zu vermitteln<br />

durch das wiederholte Zeigen der Emotionen,<br />

z.B. durch Anlachen und Lächeln.<br />

Dies bestätigen verschiedene Studien.<br />

Vermehrtes Lachen und Lächeln wurde<br />

auch bei älteren Kindern und Teenagern<br />

mit Down-Syndrom festgestellt.<br />

Bruch in der Entwicklung der<br />

bewussten Kommunikation<br />

Sobald frühe kognitive und soziale Fertigkeiten<br />

entstehen, überschneiden sie<br />

sich mit der Entwicklung von nonverbalen<br />

Kommunikationsfertigkeiten. Kinder<br />

fangen normalerweise mit neun bis<br />

13 Monaten an, bewusst zu kommunizieren.<br />

Sie tun das z.B. im gemeinsamen<br />

Spiel, wobei die Aufmerksamkeit des<br />

Kindes und des Erwachsenen auf das<br />

gleiche Spielzeug gerichtet ist, oder bei<br />

der Entwicklung ihres Frageverhaltens.<br />

Bei dieser bewussten Kommunikation<br />

hat man einen wichtigen Unterschied<br />

zwischen Kindern mit Down-Syndrom<br />

und Kindern ohne Behinderung oder<br />

mit einer anderen geistigen Behinderung<br />

festgestellt.

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