Lasst Gerechtigkeit walten - Weltgebetstag der Frauen
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WGT-Arbeitsheft 2012 Malaysia<br />
namens Nunuk Ragang als gemeinsame Urheimat. Nunuk ist <strong>der</strong> Name eines Baumes, <strong>der</strong> häufig<br />
am Liwagu-Fluss in Ranau wächst. In den alten Tagen kletterten die Kin<strong>der</strong> demnach nach einem<br />
Bad im Fluss auf die Zweige dieses Baumes, um sich zu sonnen. Aus <strong>der</strong> Ferne gab dies den<br />
Zweigen einen rötlichen Glanz (ragang). Daher, so die Legende, nannten die Vorfahren <strong>der</strong><br />
Kadazandusun den Ort Nunuk Ragang.<br />
Nicht alle Orang Asal leben heute als Bauern o<strong>der</strong> Jäger und Sammler auf dem Land. In<br />
zunehmen<strong>der</strong> Zahl werden sie durch ökonomische Zwänge zu Hilfsarbeitern in <strong>der</strong> Holzindustrie, <strong>der</strong><br />
Ölför<strong>der</strong>ung, in Plantagen, Fabriken o<strong>der</strong> im Dienstleistungssektor. Manche sind sogar in die Politik<br />
gegangen, an<strong>der</strong>e arbeiten als Fremdenführer, im Tourismus, in <strong>der</strong> Bürokratie und sogar in <strong>der</strong><br />
Forschung. Viele sind in die Städte gezogen o<strong>der</strong> ausgewan<strong>der</strong>t.<br />
Die aktuelle Lage<br />
Heutzutage stehen die Orang Asal vor vielen Herausfor<strong>der</strong>ungen. Das Hauptproblem ist die<br />
Verweigerung <strong>der</strong> kollektiven Gewohnheitsrechte auf Land und Territorien, in jener Form, wie sie<br />
früher von einer Generation zur nächsten gemäß den traditionellen Gesetzen (adat) weitergegeben<br />
wurden. Weiters haben die politischen, sozio-kulturellen und wirtschaftlichen Strukturen des Staates,<br />
wie auch die offizielle ‚Entwicklungspolitik’ einen Gutteil <strong>der</strong> indigenen Identität, <strong>der</strong><br />
Glaubensvorstellungen, <strong>der</strong> Lebensart, <strong>der</strong> Sprache, <strong>der</strong> Traditionen und Bräuche erodiert. Viele<br />
Orang Asal-Gemeinschaften und Familien – aber auch lokale malaysische und sonstige nichtindigene<br />
Einwohner – spüren die negativen Auswirkungen <strong>der</strong> Tropenholzindustrie, von Plantagen,<br />
Staudämmen und an<strong>der</strong>en Großprojekten. Die Lizenzen für den Holzeinschlag und das Pflanzen von<br />
Plantagen werden von den zuständigen Behörden oft ohne vorherige Konsultation <strong>der</strong> Betroffenen an<br />
reiche Unternehmer mit guten Kontakten zu den politischen Entscheidungsträgern vergeben.<br />
Konflikte wegen Holzeinschlag auf traditionell genutztem Land haben zu weiteren Menschen-<br />
rechtsverletzungen geführt – von gefährlichen Drohungen über Körperverletzung durch die<br />
Holzfällerfirmen bis zu Festnahmen und Haft durch staatliche Behörden, die die Interessen dieser<br />
Firmen durchsetzen.<br />
Durch die Zerstörung von Wäl<strong>der</strong>n und Umwelt verschwinden auch die zahlreichen Produkte des<br />
Waldes – was unweigerlich die ursprüngliche Lebensweise <strong>der</strong> Waldvölker zerstört. Am stärksten<br />
betrifft dies die Penan, <strong>der</strong>en Lebensunterhalt noch zu einem großen Teil auf Forstprodukten beruht.<br />
Heute leben weniger als 200 östliche Penan als traditionelle nomadische Jäger und Sammler, doch<br />
auch diese müssen wegen <strong>der</strong> Zerstörung <strong>der</strong> Regenwäl<strong>der</strong> bisweilen Landbau betreiben, die große<br />
Mehrheit wurde zu einem sesshaften o<strong>der</strong> semi-sesshaften Leben gezwungen. Die Hauptnahrung<br />
<strong>der</strong> Penan ist Mehl aus <strong>der</strong> wild wachsenden, stärkereichen Sagopalme. Inzwischen gibt es aber<br />
wegen <strong>der</strong> Regenwaldzerstörung nicht mehr genügend Sago-Palmen und Sago wurde durch<br />
Hochland-Reis ersetzt.<br />
Die meisten <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> indigenen Gemeinschaften können ihr Wissen und ihre Weisheit nicht mehr<br />
an die Töchter weitergeben, weil die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört wurden. So können<br />
Temuan-Mädchen aus dem Dorf Gerachi nur noch 10 verschiedene Säugetiere und Vögel ihrer<br />
Umgebung benennen und 19 verschiedene Früchte, Gemüse und essbare Knollen aus dem<br />
Regenwald, während beispielsweise Jahai-<strong>Frauen</strong> in Perak alleine 13 Arten essbarer Knollen im<br />
Regenwald erkennen, die meist nur den Orang Asli bekannt sind. Eine 43-jährige Frau aus Gerachi<br />
beklagt: „Ich habe viele lokale Arten von Früchten gegessen, die meine Großeltern gepflanzt haben,<br />
aber meine Kin<strong>der</strong> werden den Geschmack dieser Früchte nicht mehr kennenlernen o<strong>der</strong> ihre Namen<br />
lernen, weil ein Damm unsere Gärten und den Wald zerstört hat.“<br />
Durch den zerstörerischen Einfluss <strong>der</strong> Moral, Werte und Normen <strong>der</strong> dominanten<br />
Mehrheitsgesellschaft, die die indigenen Völker als min<strong>der</strong>wertig betrachtet, wurde nicht nur das<br />
Selbstwertgefühl <strong>der</strong> indigenen Völker erschüttert, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>en Sprachen, Bräuche und<br />
Traditionen erodiert. Bei den Kayan und den Kenyah in Sarawak gehören langgezogene<br />
Ohrläppchen zur Tradition <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong>. Die Mehrheit <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> folgt diesem Brauch aber nicht mehr,<br />
da er als ‚rückständig’ und unzeitgemäß denunziert wurde. Gleichzeitig versucht die Tourismus-