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Lasst Gerechtigkeit walten - Weltgebetstag der Frauen

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Aufbau eines neuen <strong>Frauen</strong>zentrums durch LeEZA<br />

im osttürkischen Dêrsim/Tunceli, unterstützt vom <strong>Weltgebetstag</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Frauen</strong><br />

Mary Kreutzer (LeEZA) befragte drei<br />

AkteurInnen aus <strong>der</strong> Region zur aktuellen<br />

Situation im Sommer 2011.<br />

-39-<br />

WGT-Arbeitsheft 2012 Malaysia<br />

Abkürzungen:<br />

Mary Kreutzer = MK, (rechts im Bild)<br />

Özlem Uç Çiçek = ÖUC,<br />

Kıymet Ceviz = KC; (links im Bild; auf <strong>der</strong> Rückreise von Dersim nach Diyarbakir)<br />

Ercan Ayboga = EA<br />

Özlem Uç Çiçek ist die Leiterin des neu gegründeten <strong>Frauen</strong>zentrums in Dêrsim.<br />

MK. - Erzählen Sie uns in einigen Sätzen was genau das <strong>Frauen</strong>zentrum in Dêrsim, das<br />

vom WGT und <strong>der</strong> Stadt Wien unterstützt wird, macht? Für wen ist es zugänglich?<br />

ÖUC - Das neue <strong>Frauen</strong>zentrum ist für alle <strong>Frauen</strong> und Mädchen in Dêrsim und Umgebung da, egal<br />

ob verheiratet, ledig, geschieden o<strong>der</strong> verwitwet. Wir bieten soziale, psychologische und rechtliche<br />

Beratung und Betreuung an. Das nehmen vor allem <strong>Frauen</strong> in Anspruch, die von psychischer,<br />

körperlicher, sozialer, kultureller und ökonomischer Gewalt betroffen sind. In unserem Zentrum<br />

arbeiten jetzt eine Psychologin, eine Soziologin, eine Krankenschwester und eine ehrenamtliche<br />

Anwältin. Bis jetzt haben bereits 80 <strong>Frauen</strong> unsere Beratung in Anspruch genommen. Weitere <strong>Frauen</strong><br />

konnten wir über öffentliche Informationsveranstaltungen zum Thema Gesellschaft und<br />

Geschlechterverhältnisse erreichen.<br />

MK - Von Dêrsim heißt es immer wie<strong>der</strong>, es sei beson<strong>der</strong>s mo<strong>der</strong>n, fortschrittlich in<br />

vielerlei Hinsicht. Was bedeutet das in Bezug auf die Situation von <strong>Frauen</strong> und Mädchen?<br />

ÖUC - Das patriachale System, das <strong>Frauen</strong> und Mädchen benachteiligt, ist in Dêrsim genauso<br />

präsent wie überall in <strong>der</strong> Türkei. Die Geschlechterverhältnisse im gesamten Land spiegeln sich also<br />

lei<strong>der</strong> auch in Dêrsim wi<strong>der</strong>. Jedoch würde ich einschränkend hinzufügen, dass durch die Dominanz<br />

des Alevismus in unserer Region das System von „berdel“, also <strong>der</strong> gleichzeitigen und<br />

wechselseitigen Verheiratung eines Sohnes und einer Tochter einer Familie mit dem Sohn und <strong>der</strong><br />

Tochter einer an<strong>der</strong>en Familie, weniger verbreitet ist wie an<strong>der</strong>swo. Auch an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong><br />

Zwangsverheiratung, u.a. Kin<strong>der</strong>ehen, wie auch Ehrenmorde und Polygamie kommen hier seltener<br />

vor als an<strong>der</strong>swo.<br />

MK - Und wie ist die wirtschaftliche Situation von <strong>Frauen</strong> in Dêrsim?<br />

ÖUC - Dêrsim hat eine beson<strong>der</strong>e Rolle für die Menschen in <strong>der</strong> Region: Durch Krieg und<br />

Vertreibung ist es ein, von Zwangswan<strong>der</strong>ung von den Dörfern in die Stadt geprägtes Gebiet. Die<br />

Auswirkungen sind für alle katastrophal, aber <strong>Frauen</strong> sind im höheren Maße davon betroffen. Sie<br />

wurden von eigenständigen ProduzentInnen zu abhängigen KonsumentInnen gemacht. Konkret heißt<br />

das: Arbeitslosigkeit, Armut, Integrationsprobleme im urbanen Umfeld, kulturelle Anomalität und<br />

Assimilation.<br />

MK - Könnten Sie uns die Fallgeschichte einer Ihrer Klientinnen aus dem <strong>Frauen</strong>zentrum<br />

schil<strong>der</strong>n?<br />

ÖUC - Frau E. war die allererste Klientin, die bei uns eine Psychotherapie in Anspruch nahm. Sie war<br />

32 Jahre jung und hatte zwei Kin<strong>der</strong>. Als sie uns aufsuchte, war es bereits fünf Jahre her, dass sie<br />

den Gewaltausbrüchen ihres Mannes entkommen konnte. Die sexualisierte Gewalt und die<br />

Misshandlungen führten damals zu ihrer Scheidung. Daraufhin wurde sie von den eigenen Eltern

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