Lasst Gerechtigkeit walten - Weltgebetstag der Frauen
Lasst Gerechtigkeit walten - Weltgebetstag der Frauen
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WGT-Arbeitsheft 2012 Malaysia<br />
- Im Gleichnis <strong>der</strong> Witwe geht es um eine einzelne Frau und das Unrecht, das sie ganz<br />
persönlich erleben musste. Kenne ich das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu<br />
sein? Wie bin ich damit umgegangen? Habe ich am Ende <strong>Gerechtigkeit</strong> erfahren?<br />
- Habakuk beklagt das Unrecht, das in <strong>der</strong> Gesellschaft geschieht. Die Witwe beklagt<br />
beim Richter das Unrecht, das sie am eigenen Leib erfahren hat. Ist unser Blick offen<br />
genug für das Unrecht, das an<strong>der</strong>en geschieht? Setzen wir uns genug für<br />
<strong>Gerechtigkeit</strong> ein, o<strong>der</strong> bleibt unserer Blick an eigenen Unrechtserfahrungen hängen?<br />
Welche Menschen und Organisationen beeindrucken mich, weil sie sich für<br />
<strong>Gerechtigkeit</strong> einsetzten?<br />
Predigtvorschlag<br />
Liebe <strong>Weltgebetstag</strong>sgemeinde,<br />
Dipl. theol. Sabine Clasani<br />
Pfarrerin <strong>der</strong> altkatholischen Heilandskirche Wien<br />
es gibt biblische Texte, denen nähere ich mich gern mit einer gewissen<br />
gesunden Frechheit. Wenn man es nicht übertreibt, dann kann das zusammen mit einer Prise<br />
Provokation eine neue Perspektive und damit Frische und Dynamik in altbekannte und oft gehörte<br />
Geschichten bringen.<br />
Aber es gibt auch an<strong>der</strong>e Texte. Die erfor<strong>der</strong>n viel Behutsamkeit und Demut, und Frechheit verbietet<br />
sich von selbst. Die Bibeltexte, die die <strong>Frauen</strong> aus Malaysia uns für den heutigen <strong>Weltgebetstag</strong><br />
mitgegeben haben, gehören für mich definitiv in die zweite Kategorie.<br />
„<strong>Lasst</strong> <strong>Gerechtigkeit</strong> <strong>walten</strong>!“ – Diesen eindringlichen Ruf <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> aus Malaysia verstehen wir<br />
wohl. Wir haben gehört, wie die <strong>Frauen</strong> dort gekämpft haben, um ein Stück <strong>Gerechtigkeit</strong> auf den<br />
Weg zu bringen. Und wenn wir Ohren haben zu hören und ein Herz um mitzufühlen, dann berührt<br />
uns ihr Aufruf zutiefst.<br />
„<strong>Lasst</strong> <strong>Gerechtigkeit</strong> <strong>walten</strong>!“ Ja, das wünschen wir uns alle. Manchmal wütend, manchmal<br />
verzweifelt, aber immer voll Sehnsucht. Denn Ungerechtigkeit gibt es nicht nur in Malaysia.<br />
Von <strong>der</strong> Lektüre <strong>der</strong> Tageszeitung am Morgen bis zu den Spätnachrichten im Fernsehen sind wir<br />
tagtäglich mit Unrecht und Ungerechtigkeit konfrontiert. In den großen, globalen Zusammenhängen,<br />
aber auch in unserem Alltag. Wenn wir einen Augenblick innehalten und nachdenken, dann fallen uns<br />
allen sicher unzählige Beispiele ein. Im Großen, wie im Kleinen.<br />
Und dennoch stehe ich hier vor Ihnen und ringe nach Worten, um dem Thema gerecht zu werden.<br />
Freilich wäre es ein Leichtes, eine flammende Rede zu halten wi<strong>der</strong> alles Unrecht dieser Welt. Die<br />
Reichen und Mächtigen anzuprangern und politische – vielleicht auch religiöse - Systeme<br />
verantwortlich zu machen dafür, dass es den vielen Armen und Machtlosen schlecht geht, das ist<br />
einfach und klingt gut in den Ohren vieler. Ein Leichtes wäre es natürlich auch, gleich ganz simple<br />
Lösungen mitzuliefern, etwa nach dem Motto: Kehren wir doch einfach die Verhältnisse um! Heißt es<br />
nicht in <strong>der</strong> Bibel „die Letzten werden die Ersten sein“?<br />
Wollte ich so mit dem Thema umspringen, ich würde es nach meinem Dafürhalten klar verfehlen!<br />
Ernsthaft über „<strong>Gerechtigkeit</strong>“ sprechen zu wollen, das lässt mich eigentlich verstummen.<br />
<strong>Gerechtigkeit</strong> <strong>walten</strong> zu lassen, das gehört wohl zu den schwierigsten Aufgaben, vor die wir gestellt<br />
werden können. Denn es ist nun einmal so: Ungerechtigkeit setzt voraus, dass ein Ungleichgewicht<br />
besteht. Etwa, dass ein Mensch aus <strong>der</strong> Not eines an<strong>der</strong>en Profit schlägt und sich Vorteile verschafft,<br />
o<strong>der</strong> aus Gier – sei es nach Geld o<strong>der</strong> Macht – einer den an<strong>der</strong>en in Not und Unglück bringt o<strong>der</strong> ihn<br />
dort belässt, weil es den eigenen Interessen dient. Es scheint, als würde dieses Streben nach dem<br />
eigenen Vorteil, koste es was – und wen – es wolle, zu unserer menschlichen Natur gehören. Seit