PDF-Datei - Religiosophie
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Werdens.“ (Einführung, S. 57) Sie ist die Entscheidung zwischen gut und böse. Gut sein<br />
heißt, das Leben unter die Bedingung des moralisch Gültigen zu stellen, im Konfliktfall<br />
auch gegen eigene Glücks- und Daseinsinteressen. (Einführung, S. 58) Ich weigere mich<br />
z. B., auf Befehl zu morden, obwohl ich weiß, dass ich dadurch möglicherweise mein<br />
eigenes Leben verwirke. Höchstes moralisches Prinzip ist für Jaspers somit das in der<br />
Liebe gründende Prinzip des Guten, das von der Transzendenz (Gott) als „unbedingte<br />
Forderung“ an den Menschen gestellt wird, der sich selbst treu bleiben will.<br />
Zu 4: Jaspers spricht von der „Brüchigkeit des Menschen im Grunde“, von Ohnmacht,<br />
Schwäche und Scheitern. Nehmen wir Gedanken aus der Ausarbeitung der „unbedingten<br />
Forderung“ hinzu, könnte man vielleicht sagen, die mangelnde Vollendung des Menschen<br />
liege darin, dass er in seiner Entscheidungsfreiheit, die Jaspers als gegeben erachtet, oft<br />
genug das Böse wählt, sei es aus Schwäche, Egoismus oder falscher Führung durch<br />
Autoritäten, die sich ihrerseits wieder für das Böse entschieden haben.<br />
Zu 5: „Zum verschwindenden, zwischen Gott und Existenz sich vollziehendem Weltsein<br />
gehört ein Mythos, der – in biblischen Kategorien – die Welt als Erscheinung einer<br />
transzendenten Geschichte denkt: Von der Weltschöpfung über den Abfall und dann<br />
durch die Schritte des Heilsgeschehens bis zum Weltende und zur Herstellung aller<br />
Dinge. Für diesen Mythos ist die Welt nicht aus sich, sondern ein vorübergehendes<br />
Dasein im Gang eines überweltlichen Geschehens. Während die Welt etwas<br />
Verschwindendes ist, ist die Wirklichkeit in diesem Verschwindenden Gott und die<br />
Existenz.“ (Einführung, S. 82)<br />
(16) Jaspers: „Keiner dieser fünf Grundsätze ist beweisbar wie ein endliches Wissen von<br />
Gegenständen in der Welt. Ihre Wahrheit ist nur „aufweisbar“ durch aufmerksam<br />
machen oder „erhellbar“ durch eine Gedankenführung. ... Sie sind nicht als ein<br />
Bekenntnis gültig, sondern bleiben trotz der Kraft ihres Geglaubtseins in der<br />
Schwebe des Nichtgewusstseins.“ Er warnt davor, dass die Grundsätze durch die<br />
Eindeutigkeit der Aussage zu einem Scheinwissen führen könnten.<br />
Und weiter: „Wo wir denken, ist sogleich die doppelte Möglichkeit: Wir können das<br />
Wahre treffen oder verfehlen“.<br />
Für Jaspers ist Glaube kein Besitz sondern ein ständiges Wagnis. Seine Erkenntnis führt<br />
ihn dazu, dass er Gott nicht weiß, er sogar nicht einmal weiß, ob er glaubt (S. 49). Er<br />
wagt nur zu glauben.<br />
(17) Wichtig sind auch die folgenden Ausführungen:<br />
"Priester [Jaspers meint damit wohl Funktionäre der Offenbarungsreligionen] erheben ..<br />
den Vorwurf der hochmütigen Eigenmächtigkeit des Einzelnen, wenn er sich<br />
philosophierend auf Gott bezieht. Sie verlangen Gehorsam gegenüber dem offenbarten<br />
Gott. Ihnen ist zu antworten: der philosophierende Einzelne glaubt, wo er aus der Tiefe<br />
entschieden ist, Gott zu gehorchen, ohne in objektiver Garantie zu wissen, was Gott will,<br />
vielmehr in ständigem Wagnis. Gott wirkt durch freie Entschlüsse der Einzelnen“ (S. 71).<br />
„Es gibt eine Ratlosigkeit im Greifen nach dem Halt in vertrauenswürdigen Gesetzen und<br />
Befehlen einer Autorität. Es gibt dagegen die sich aufschwingende Energie der