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PDF-Datei - Religiosophie

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Übernatürliche Glaubensgrundsätze<br />

Einleitung<br />

22<br />

(31) Hierbei handelt es sich um Überzeugungen, die sich auf die unsichtbare Welt oder<br />

das Transzendente beziehen. Hierzu finden sich z. B. folgende Aussagen:<br />

1. Es existiert ein Schöpfergott<br />

2. Es gibt ein Leben nach dem Tod<br />

3. Es gibt im Jenseits einen Pool menschlichen Lebens; die Seele eines jeden<br />

Menschen geht aus diesem Pool hervor und kehrt nach seinem Tod wieder dorthin<br />

zurück und vereint sich mit der Substanz, aus der neues menschliches Leben entsteht<br />

(Präexistenz der Seele, Reinkarnation, Seelenwanderung)<br />

Es finden sich aber auch die gegenteiligen Aussagen: es gibt keinen Schöpfergott und<br />

kein Leben vor oder nach dem irdischen.<br />

(32) Philosophische Aussagen sind immer nur Annahmen oder Hypothesen. Jaspers hat<br />

eindringlich darauf hingewiesen, dass die Bestimmtheit der Aussagen nicht über ihren<br />

Charakter als Annahmen täuschen dürfe, dass sie wahr oder unwahr (richtig oder<br />

falsch) sein können und stets mit dem Zweifel behaftet sind. Hiervon ausgenommen<br />

sind lediglich stark eingeschränkte Aussagen in bezug auf das natürliche Leben, deren<br />

Aussagewert aber ebenfalls stark eingeschränkt, um nicht zu sagen trivial ist.<br />

Warum wir trotzdem philosophieren sollen, hat Sokrates mit dem schon zitierten Satz<br />

gesagt: „Das ungeprüfte Leben ist seinen Preis nicht wert.“ Sokrates prüfte die wichtigen<br />

Fragen des Lebens und kam dabei zu dem zunächst ernüchternden Ergebnis, dass er<br />

wohl nichts Bedeutendes wisse. Ich hatte bereits Karl Jaspers mit den Worten zitiert,<br />

dass Philosophie nicht zu Wissen führt. Er spricht vielmehr von erworbenem Nichtwissen,<br />

eine sehr interessante Formulierung wie ich finde. Jaspers befindet sich damit im<br />

Einklang mit dem berühmten alt-chinesischen Philosophen Laotse (6. Jh. v. Chr.), der in<br />

seinem immer noch in vielen Sprachen aufgelegten Vermächtnis Tao Te King in Kap. 71<br />

sagt: “Nichtwissen ist wahres Wissen“. Dieses Nichtwissen unterscheidet sich substanziell<br />

gewaltig von dem Nichtwissen des „Toren“ [vgl. das hervorragend neu übersetzte,<br />

witzig-ironische, aber auch hintergründig philosophische Traktat Lob der Torheit von<br />

Erasmus von Rotterdam (1469-1536)]. Der Tor nimmt das Leben wie es kommt, er geht<br />

lieber ins Wirtshaus oder buhlt mit schönen Frauen als die Abende oder gar Nächte mit<br />

Philosophieren zu vergeuden. Er macht sich keinen Kopp, Probleme hält er sich vom<br />

Leib. Beide, der Tor und der Philosoph, wissen nichts. Der Tor hat das Leben nicht<br />

geprüft, er ist in den wichtigen Lebensfragen ein Ignorant, er könnte bei einer<br />

Diskussion nicht mitreden. Anders der Philosoph: er hat sich mit der Materie befasst, er<br />

ist im Thema. Dass er am Ende zu nicht beweisbaren und von Zweifeln begleiteten<br />

Überzeugungen gelangt oder gar eine Frage unentschieden lässt, ficht ihn nicht an: er<br />

hat das Leben geprüft, er kann nunmehr bewusst leben, sich Lebensziele setzen, sein<br />

Leben auf diese Ziele ausrichten und damit seinem Leben eine höhere Wertigkeit<br />

verleihen.<br />

(33) Stellen wir uns zwei philosophierende Menschen vor. Der eine gelangt zu der<br />

Aussage, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, der andere zu der gegenteiligen<br />

Aussage. Diese beiden Positionen erscheinen auf den ersten Blick zu 100%

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