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PDF-Datei - Religiosophie

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Wie Jaspers das Wagnis einzugehen, an diese Hypothesen zu glauben und auch immer<br />

wieder in sich hinein zu horchen, ob man Gottes Stimme vernimmt, um sich von ihr<br />

leiten zu lassen, ist nach meinem Urteil eine vollkommen akzeptable und hoch stehende<br />

religiöse Haltung.<br />

5. Hoch stehende Religionen auch ohne Gottesvorstellung möglich<br />

„Religion ohne Gott“ titelte der Stern in Heft 47/2004.über den Buddhismus. Und weiter:<br />

„Diese Religion kennt keinen Schöpfer ... lehrt aber höchsten Respekt vor jedem<br />

Lebewesen. Philosophische Kraft und Friedfertigkeit machen den Buddhismus auch für<br />

Menschen in westlichen Ländern zunehmend attraktiv.“ Die ursprüngliche, reine Lehre<br />

Buddhas sei „eigentlich“ ein Paradox: eine Religion ohne den Glauben an einen höheren<br />

Geist oder ein göttliches Gebot, ohne verbindliche Glaubensregeln, ohne Organisation<br />

und ohne Priester. „Buddhismus ist tiefe Frömmigkeit auf der Basis hoher<br />

Philosophie – und für die meisten Frommen viel zu anspruchsvoll.“<br />

Außer dem Buddhismus, den es übrigens, wie alle anderen Religionen, in vielen<br />

Varianten gibt, sind natürlich auch andere Religionen ohne Gottesvorstellung möglich.<br />

Wir erinnern uns an den Ausspruch des Dalai Lama, dass im Grunde jeder Mensch seine<br />

eigene Religion haben müsste. Die von mir in in dieser Arbeit vorgestellte Natürliche<br />

Religion mit ihren Glaubens- und ethischen Grundsätzen, die teilweise vom Buddhismus<br />

übernommen wurden, gehört ebenfalls in die Kategorie dieser Religionen.<br />

Auch Peter Ustinov vertritt in seinem Buch „Achtung! Vorurteile“ die Auffassung, man<br />

könne in seinem Inneren ein sehr religiöser Mensch sein, ohne an einen Gott zu glauben.<br />

Die Verehrung eines entrückten Gottes habe die Menschen auch nie überzeugt. Daher<br />

hätten sie sich ein Bild von ihm zu machen versucht. So wie sie Tiere sprechen ließen,<br />

um sie sich näher zu bringen, hätten sie ihrem Gott eine menschliche Gestalt angedichtet<br />

(S. 231 f).<br />

6. Warum Dominanz der Religionen des Ich?<br />

Wie in Abschnitt 3 ausgeführt, versteht Hellinger unter den Religionen des Ich solche,<br />

die an eine höhere für uns unsichtbare Macht oder Mächte und die Fähigkeit der<br />

Menschen glauben, diese durch Opfer , Sühne, Gebet u. ä. in einer für uns positiven<br />

Weise beeinflussen zu können. Zu diesen Religionen gehören insbesondere der<br />

Hinduismus und die abrahamischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam). Es gibt<br />

aber auch Varianten (besser Abarten) des Buddhismus, die Buddha, weitab seiner Lehre,<br />

zu Gott erheben, an den man sich mit seinen Anliegen wenden kann, und die sich,<br />

vergleichbar mit dem Islam, ein Jenseits mit vielen Freuden ausmalen, z. B. köstliche<br />

Speisen und Jungfrauen, deren Jungfräulichkeit sich jede Nacht erneuert. Wo solche<br />

Vorstellungen um sich greifen oder sich der Buddhismus, wie in Sri Lanka und Thailand,<br />

mit dem Animismus (Geisterglauben) vermischt, kippt er und wird in diesen Abarten<br />

ebenfalls zu einer Religion des Ich. Ähnliche Entwicklungen hat es auch im Taoismus<br />

gegeben. Dieser ist heute aufgegangen im „Chinesischen Universalismus“, einer<br />

Mischung aus Konfuzianismus, Taoismus, Buddhismus und archaischen Volksreligionen<br />

mit 72 Göttern, von denen jeder für bestimmte Anliegen der Menschen zuständig ist,<br />

ähnlich wie die Heiligen im Katholizismus.

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