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PDF-Datei - Religiosophie

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Ich hatte bereits darauf hingewiesen, dass Jaspers sich in seinen Schriften, soweit<br />

ersichtlich, nicht zu der Frage eines Lebens nach dem irdischen und der Frage eines<br />

göttlichen Gerichts geäußert hat. Es ist nicht anzunehmen, dass Jaspers über diese<br />

Fragen nicht nachgedacht hat, handelt es sich doch um alte philosophische<br />

Fragestellungen, mit denen sich auch Plato, von Jaspers über alles geschätzt, befasst<br />

hat. Daher ist anzunehmen, dass Jaspers sich mit Bedacht auf die vorgenannten<br />

Aussagen beschränkt hat. Vielleicht wollte er auch –wie Plato- seine geheimsten<br />

Gedanken keinem Buch anvertrauen. Gleichwohl möchte ich den Versuch unternehmen,<br />

den Aussagen Jaspers` Aussagen zu einem Leben nach dem Tode und zu einem<br />

göttlichen Gericht hinzuzufügen. Dabei liegt es auf der Hand, dass die Bejahung eines<br />

göttlichen Gerichts die Annahme einer menschlichen Seele voraussetzt, die nach dem<br />

Tode des Körpers jedenfalls noch ein Zeit lang, vielleicht auch in Ewigkeit weiterlebt. In<br />

gleicher Weise müsste man davon ausgehen, dass sich Gott – im Gegensatz zu der<br />

Gottesvorstellung eines Aristoteles- für den Menschen interessiert und einen bestimmten<br />

Willen in Bezug auf die Lebensführung der Menschen hat, der für die Menschen auch<br />

erkennbar ist, da er sich sonst nicht vor seinem Gericht verantworten könnte, d. h. es<br />

müssten auch Aussagen zum Willen Gottes gemacht werden, wohlgemerkt zum Willen<br />

eines denkend angenommenen, nicht eines offenbarten Gottes. Zudem halte ich es für<br />

erforderlich, auch auf die Frage einzugehen, ob es vorstellbar ist, dass der Mensch<br />

Gottes Willen beeinflussen kann.<br />

(45) Folgende weitere Glaubenssätze lassen sich aufstellen:<br />

5. Der Mensch verfügt außer seinem Körper über eine immaterielle Seele.<br />

6. Gott erschafft die Seele eines jeden Menschen mit seiner Geburt.<br />

7. Die Seele stirbt nicht mit dem Körper.<br />

8. Es gibt ein göttliches Gericht.<br />

9. Die Seele geht nach Verantwortung vor dem göttlichen Gericht in ein Leben<br />

vollkommener Harmonie ein.<br />

10. Der Mensch hat keinen Einfluss auf den Willen Gottes.<br />

(46) Der Begriff der Seele in dem hier verwendeten Sinn ist ein rein religiöser. Er<br />

bezeichnet das eigentliche ego des Menschen, das in der Zeit des irdischen Lebens mit<br />

dem Körper verbunden ist und anschließend als geistiges Wesen weiterlebt. Unter<br />

denjenigen, die die Existenz einer Seele bejahen, gibt es ganz unterschiedliche<br />

Auffassungen darüber, wann die Seele entsteht. So gibt es z. B. den Glauben an die<br />

Präexistenz der Seele und die Seelenwanderung. Manche glauben auch, dass nicht nur<br />

Menschen sondern auch Tiere und sogar Pflanzen eine Seele haben. Die abrahamischen<br />

Offenbarungsreligionen glauben dagegen, dass nur Menschen beseelt sind und dass<br />

jeder Mensch über eine individuelle Seele verfügt, die von Gott geschaffen wird, wobei<br />

der genaue Zeitpunkt im Unklaren bleibt. Ist es der Zeitpunkt der Befruchtung oder der<br />

der Geburt oder ein Zeitpunkt dazwischen? Ich würde mich für den Zeitpunkt der Geburt<br />

(des ersten Atemzuges) entscheiden. Ebenso bleibt unklar, welches das erste Lebewesen<br />

in der Kette der Vorfahren des Homo sapiens sapiens war, dem diese Religionen eine<br />

Seele zugestehen wollen. Alle diese Religionen glauben an die Unsterblichkeit der Seele.<br />

Demgegenüber bleibt in der Aussage 7 offen, ob die Seele ewig lebt oder ob auch für sie<br />

irgendwann einmal Ende ist. Sie beinhaltet jedenfalls ein Leben nach dem Tode; hierauf<br />

komme ich nach Beleuchtung des 8. Glaubensgrundsatzes zurück.

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