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PDF-Datei - Religiosophie

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(21) Zum Gottesgedanken hat aber auch der Drang des forschenden Menschen geführt,<br />

die Ursprünge des Seins zu erkennen, insbesondere die Ursprünge des Weltalls, der Erde<br />

und des Lebens auf dieser Erde. Hilfreich waren dabei die Beobachtungen der<br />

Naturwissenschaften und der Archäologie. Auf die entscheidenden Fragen vermochten<br />

sie jedoch keine Antwort zu geben, z. B. auf die Frage der Entstehung des Lebens. An<br />

der Grenze menschlicher Erkenntnismöglichkeiten gibt es zwei<br />

Verhaltensalternativen:<br />

1. Wir akzeptieren, dass unsere Erkenntnismöglichkeiten begrenzt sind und Wesentliches<br />

für uns Geheimnis bleibt. Wir akzeptieren das Sein als solches.<br />

2. Wir verlassen den Bereich unserer realen Erkenntnismöglichkeiten und wenden uns<br />

der Spekulation zu.<br />

Die Religionen des Ich und teilweise die Religionen der Erkenntnis haben von der 2.<br />

Alternative Gebrauch gemacht. Alles, was sie sich nicht erklären können, führen sie auf<br />

das Wirken eines übernatürlichen Wesens zurück, das sie Gott nennen, dessen Existenz<br />

sie aber nicht beweisen können; daher sprechen sie von Glaube (anders der<br />

Buddhismus, der aber zumindest in seinem Glauben an die Reinkarnation ebenfalls<br />

spekulativ ist). Gott soll alles geschaffen haben, das Universum und auch das Leben.<br />

Irgendwann werde er auch alles wieder vernichten. Zu Beginn des Johannes-<br />

Evangeliums heißt es: „Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott<br />

war das Wort.“ Dieses soll die endgültige wenn auch nur spekulative Antwort nach den<br />

Ursprüngen sein. Diese Antwort kann meinen Erkenntnisdrang nicht befriedigen. Wann<br />

war der Anfang und wer hat ihn gesetzt? Was war vorher? Woher kommt dieser Gott?<br />

Wer hat sein Leben entstehen lassen? Konsequenter Weise kann man auch hierüber nur<br />

spekulieren. Tun wir es doch einmal und sagen, vor diesem Gott müsse es noch einen<br />

anderen, höheren Gott gegeben haben, einen Ur-Gott gewissermaßen. Auch wenn man<br />

sich noch so viele Ur-, Vor-, oder Übergötter denkt, man kommt in seinen Spekulationen<br />

nie an den Anfang, nie zum wirklichen Ursprung allen Seins. Dieser Erkenntnis folgend<br />

frage ich mich, welchen Sinn ein Verhalten gemäß Alternative 2 haben soll. Eine<br />

Bescheidung auf die Alternative 1 erscheint mir als der richtigere Weg, einen Weg den<br />

uns bereits die altindische Philosophie aufgezeigt haben könnte:<br />

„Doch wem ist auszuforschen es gelungen,<br />

Wer hat , woher die Schöpfung stammt, vernommen?<br />

Die Götter sind diesseits von ihr entsprungen!<br />

Wer sagt es also, wo sie hergekommen?<br />

Er, der die Schöpfung hat hervorgebracht,<br />

der auf sie schaut im höchsten Himmelslicht,<br />

Der sie gemacht hat oder nicht gemacht,<br />

Der weiß es – oder weiß auch er es nicht?“<br />

Aus dem Schöpfungshymnus der Rigveda (ca. 1200 v. Chr.) in der Übersetzung von Paul<br />

Deussen 1906, zitiert nach Störig, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, S. 38.

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