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PDF-Datei - Religiosophie

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16<br />

Ohren schlüge, um ihm rechthaberisch einen Teil der Grundlage seines Glücks unter den<br />

Füßen wegzuziehen. Und wenn sich ein Katholik mit bestimmten Glaubensgrundsätzen<br />

nicht identifizieren kann, z.B. der Himmelfahrt Mariens oder der Unfehlbarkeit des<br />

Papstes, wenn er ex cathedra spricht, und auch den Vorstellungen der Amtskirche in<br />

Sachen Sexualität und Geburtenplanung nicht zu folgen vermag, ohne einen Verlust an<br />

Glück zu erleiden, soll ihm niemand seine persönliche Religionsvariante streitig machen<br />

wollen. Das selbe gilt, wenn sich jemand für eine Religion entscheidet, die ohne einen<br />

auf das Transzendente gerichteten Glauben auskommt.<br />

(26) Die vom Dalai Lama geforderte Toleranz gegenüber allen möglichen Religionen oder<br />

Lebensauffassungen erfährt zumindest für mich ihre Grenze gegenüber Religionen oder<br />

Lebensauffassungen, die entweder selbst nicht tolerant sind oder die Anderen,<br />

insbesondere anders Denkenden, auch solchen aus den eigenen Reihen, aggressiv<br />

gegenübertreten, die Machtansprüche entfalten, sich anderen überlegen fühlen und<br />

diese im Hinblick auf ihre vermeintliche Unterlegenheit zu missionieren suchen,<br />

womöglich noch mit Feuer und Schwert oder wie bei vielen Sekten mit ausgeklügelter<br />

psychologischer Beeinflussung. Eine bloße und auch wechselseitige Unterrichtung über<br />

die eigene Religion oder Lebensauffassung ist natürlich nicht nur statthaft sondern auch<br />

nützlich. Um mit dem vom Dalai Lama gewählten Bild abzuschließen: Toleranz<br />

gegenüber jedem, der mit mir friedlich am Tisch sitzt, nicht gegenüber dem, der mir das<br />

von mir gewählte Essen madig machen will oder mir gar seine Suppe ins Gesicht<br />

schüttet.<br />

Teil 3<br />

Darstellung der eigenen Position<br />

Bestandteile einer Religion<br />

(27) Der philosophierende Mensch, d. h. der Mensch, der sich um Erkenntnisse in den<br />

wichtigen Lebensfragen bemüht, gelangt zu einer Lebensauffassung. Dazu gehören m.<br />

E. ethische Grundsätze und Glaubensgrundsätze (oder Überzeugungen), und zwar<br />

in dieser Reihenfolge. Religion, wie ich sie mit Hinweis auf Abschnitt 1 definieren<br />

möchte, besteht in der sorgfältigen Beachtung der Lebensauffassung; Religion<br />

manifestiert sich somit im Handeln. Die Lebensauffassung stellt danach die theoretische<br />

Grundlage für die Religion (verstanden als Religionsausübung) dar. Ich denke, dass ich<br />

mich insoweit auch in Übereinstimmung mit Christus befinde, der sagte: „An ihren<br />

Früchten werdet ihr sie erkennen“ und: „Nicht jeder, der sagt Herr, Herr wird in das<br />

Himmelreich eingehen, sondern der, der den Willen Gottes tut“.<br />

So auch Nietzsche, der zum echten, ursprünglichen Christentum sagt, dass es in einem<br />

Tun, vor allem in einem vieles nicht Tun bestehe und dass irgend ein Glaube, ein für<br />

wahr Halten fünften Ranges sei. Im Ergebnis so auch Ayaan Hirsi Ali mit dem bereits in<br />

der Einleitung zitierten Ausspruch: „Religion ist die Art, wie wir uns anderen<br />

gegenüber verhalten.“ (S. 90)<br />

Wie in Abschnitt 22 dargelegt, unterscheide ich zwischen natürlichen und<br />

übernatürlichen Glaubenssätzen.

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