Die Geschichte der Politischen Korrektheit - WikiMANNia
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desselben war. <strong>Die</strong> ökonomischen Marxisten hatten sich an den amerikanischen<br />
Universitäten festgesetzt und es ging ihnen gut, und die Kulturkritiker wurden immer noch<br />
von <strong>der</strong> *ideologischen+ Radikalisierung dieser Zeit getragen. Feministen, „Querdenker“ und<br />
die Anhänger <strong>der</strong> „Schwarzen Literatur“ 36 hatten schon ein Jahrzehnt vorher den Fuß in die<br />
Tür bekommen, aber sie hatten in ihren mageren Arsenalen nur vage Hinweise auf<br />
Unterdrückung eben <strong>der</strong> vertretenen Min<strong>der</strong>heiten. Ihnen fehlte philosophischer Rückhalt,<br />
die Courage, die entsteht, wenn man seinen eigenen Logos, seine eigene fundierte<br />
Weltanschauung hat. Der aus Frankreich ankommende Dekonstruktivismus stellte nun diese<br />
Philosophie bereit.<br />
Zu dieser Zeit tat die Generation <strong>der</strong> damaligen Akademiker das, was alle Akademiker tun,<br />
sie sagten <strong>der</strong> vorangegangenen Generation, daß diese alles falsch gemacht hätte. In diesem<br />
Fall fand die Rebellion gegen die „Neuen Kritiker“ 37 , die auch heute noch, Jahrzehnte nach<br />
ihrer Blütezeit so genannt werden, statt. <strong>Die</strong> Neuen Kritiker hatten sich darauf spezialisiert,<br />
die Bedeutung von Texten ohne Bezug auf Hintergrundinformationen, wie z.B. die Intention<br />
des Autors, zu ermitteln; „Der Text ist Alles“ war die Leitlinie dieses Prozesses.<br />
<strong>Die</strong> neue Generation <strong>der</strong> Literaturkritiker stellte dieses Prinzip nun auf den Kopf. Anstelle<br />
von „Der Text ist Alles“ trat „Alles ist Text“ und dies führte dazu, daß alles und jedes nun<br />
unter Bezugnahme auf die literarischen Werke analysiert wurde. Wenn ein Dichter ein<br />
Gedicht schrieb, in dem ein weiblicher Charakter vorkam, dann schauten die Kritiker auf die<br />
Beziehung des Dichters zu seiner Mutter, seiner Frau, seiner Schwester und so weiter und<br />
versuchten darauf bezugnehmend eine Interpretation des Werkes vorzunehmen. <strong>Die</strong><br />
Hinzuziehung biographischer Daten konnte einen positiven Effekt für ein neues Verständnis<br />
des Werkes haben und hatte diesen auch oft; aber die neuen Interpretationen waren kein<br />
Versuch, die wahre Bedeutung <strong>der</strong> Werke zu ergründen (wie dies die Neuen Kritiker<br />
versuchten) o<strong>der</strong> gar die vom Autor beabsichtigte Bedeutung (wie die traditionellen Kritiker<br />
das taten). Statt dessen wurden diese Kritiker <strong>der</strong> neuen Generation die Hauptanwen<strong>der</strong> von<br />
dem, was in literarischen Kreisen als „Kultureller Kritizismus“ bekannt ist. Sie betrachteten<br />
Literatur verzerrt vom „Frauenstandpunkt“ o<strong>der</strong> vom „Standpunkt <strong>der</strong> Homosexuellen“ o<strong>der</strong><br />
vom Standpunkt radikaler Min<strong>der</strong>heiten aus. Ihre Versuche dienten nicht <strong>der</strong> Ergründung<br />
36 AdÜ.: z.B. Onkel Toms Hütte<br />
37 AdÜ.: Der Neue Kritizismus, New Criticism im Englischen, ist eine literaturtheoretische Strömung aus dem<br />
Amerika <strong>der</strong> 1920er Jahre.<br />
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