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Die Geschichte der Politischen Korrektheit - WikiMANNia

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<strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Werke – sie waren dazu viel zu sehr von den Relativisten beeinflußt –<br />

son<strong>der</strong>n dazu, Belege für Sexismus, Rassismus und Homophobie in den Werken männlicher,<br />

europäischer o<strong>der</strong> heterosexueller Autoren zu finden.<br />

Der Dekonstruktivismus Derridas wurde zum Werkzeug dieser Kulturkritiker. Kurz gesagt ist<br />

<strong>der</strong> Dekonstruktivismus ein Denkansatz, <strong>der</strong> unterstellt, daß Wörter keine Bedeutung<br />

hätten. Statt dessen hätten Wörter „Abdrücke“ von Bedeutungen. <strong>Die</strong> Bedeutung von<br />

Worten verschwinde kontinuierlich und alles was uns bleibt, sei die Erinnerung an die<br />

ursprüngliche Bedeutung, die Spur <strong>der</strong> ursprünglichen Bedeutung. (Ähnlich zu Heideggers<br />

Daseinsbegriffs nutzte Derrida oft das durchgestrichene Wort „Spur“ als Versuch auf den<br />

Hinweis einer zugleich bestehenden und verschwindenden Bedeutung.)<br />

Eine Metapher kann hilfreich sein, die dem Dekonstruktivismus zugrundeliegende<br />

Philosophie zu verstehen. Wenn man das Wort „Füllfe<strong>der</strong>halter“ sagt, dann denkt je<strong>der</strong> an<br />

ein Objekt in <strong>der</strong> Schreibtischschublade. Aber wenn man den Fe<strong>der</strong>halter auf jemanden<br />

wirft, dann beginnt das Wort Fe<strong>der</strong>halter, seine ursprüngliche gute Bedeutung eines<br />

tintenbefüllten Schreibgeräts zu verlieren; um dekonstruktivistische Termini zu verwenden,<br />

die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Füllfe<strong>der</strong>halter“ verblaßt und es bleibt nur eine<br />

Spur von ihr zurück. Statt dessen wird das Wort „Füllfe<strong>der</strong>halter“ nun assoziiert mit einer<br />

Waffe, einem Projektil, einem Mittel, um möglicherweise Zorn auszudrücken. Wenn <strong>der</strong><br />

Fe<strong>der</strong>halter dann jemanden trifft, dann bedeutet „Füllfe<strong>der</strong>halter“ für diese Person etwas<br />

schmerzhaftes, eine persönliche Verletzung, den Antrieb zurückzuschlagen und so weiter.<br />

Der Dekonstruktivismus behauptet nun, daß es daher niemals nur eine immerwährende<br />

Bedeutung für das Wort „Füllfe<strong>der</strong>halter“ geben kann. Basierend auf diesem linguistischen<br />

Argument zieht <strong>der</strong> Dekonstruktivismus nun den Schluß, daß, weil jede Bedeutung von<br />

Worten so schnell diffus wird, wir niemals wirklich kommunizieren können. Worte haben<br />

nicht länger eine Bedeutung. 38<br />

Das postmo<strong>der</strong>ne Schlagwort „Differänz“ 39 kam gemeinsam mit Termini wie „sous rature“ 40<br />

und „Spur“ über Derridas Schriften in das amerikanische Schulwesen. Durch Kombination<br />

38<br />

Ich bin Dr. Orrin Wang von <strong>der</strong> Universität Maryland für dieses Beispiel zu Dank verpflichtet.<br />

39<br />

AdÜ.: im Englischen differance<br />

40<br />

AdÜ.: im Englischen erasure; <strong>der</strong> Begriff wurde von Martin Heidegger geprägt und bezeichnet das<br />

Durchstreichen eines Wortes, welches aber trotzdem im Text bleibt um zu verdeutlichen, daß das Wort nicht<br />

adäquat die Bedeutung wie<strong>der</strong>spiegele, jedoch notwendig sei<br />

~ 39 ~

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