Magazin #22 - Der Club zu Bremen
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<strong>Der</strong> geheimisvolle Wols<br />
Ausstellung in der Kunsthalle<br />
Rüdiger Hoffmann<br />
Wols ist ein Künstler, dessen Werk sich nicht leicht erschließt.<br />
Eher schon sein Leben, das romanhafte Züge trägt, stets pendelnd<br />
zwischen der Banalität des Alltags und den großen Tragödien,<br />
zwischen intellektuellem Vagantentum und bürgerlicher<br />
Banalität. Ein Stück Zerrissenheit Europas zwischen den beiden<br />
Weltkriegen spiegelt das getriebene Leben dieses großen Künstlers<br />
wider, der mit bürgerlichem Namen Alfred Otto Wolfgang<br />
Schulze hieß. 1913 in Berlin als Sohn eines hohen Regierungsbeamten<br />
geboren, starb er bereits mit 38 Jahren in Paris. Er gilt<br />
mittlerweile als wichtiger Wegbereiter des Informal.<br />
Als 16-Jähriger beeindruckte den in Dresden Wohnenden eine<br />
umfangreiche Ausstellung <strong>zu</strong>m 50. Geburtstag von Paul Klee. In<br />
seinem Elternhaus verkehrten Otto Dix und andere Künstlergrößen<br />
der damaligen Zeit. Als 19-Jähriger verließ er Dresden<br />
und bekam in Paris Kontakt <strong>zu</strong> einem Kreis von Surrealisten,<br />
in den ihn seine spätere Frau, die rumänische Modeschneiderin<br />
Hélène Marguerite Dabija eingeführt hatte. In Paris verdiente er<br />
seinen Lebens unterhalt als Fotograf. Als Dokumentarist der<br />
Weltausstellung verkaufte er, für damalige Zeiten ungewöhnliche<br />
Raum- und Modefotografien als Postkarten. Diese wurden in<br />
vielen internationalen Modemagazinen abgedruckt. Unmittelbar<br />
nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Wols <strong>zu</strong>sammen mit<br />
anderen deutschen Künstlern als „feindliche Ausländer“ in verschiedene<br />
französi sche Internierungslager verbracht. Dort hatte<br />
er auch Kontakt <strong>zu</strong> dem Dadaisten und Surrealisten Max Ernst.<br />
Während dieser Zeit entstand eine Vielzahl von surreal anmutenden<br />
Zeichnungen und Aquarellen, die den Alltag des Lagerlebens<br />
thematisieren. Sein Versuch, in die USA <strong>zu</strong> emigrieren,<br />
schlug fehl. Über 100 Aquarelle sind so nach Amerika gelangt<br />
und wurden u. a. in der Ga lerie Betty Parson in New York gezeigt.<br />
Die Bilder sollten die Einwanderungsbehörden von der künstlerischen<br />
Qualität seiner Arbeiten überzeugen. Letztlich sind sie<br />
so der Nachwelt erhalten geblieben, im Gegensatz <strong>zu</strong> den vielen<br />
Bildern, die während der unruhigen Zeiten in Frankreich verloren<br />
gegangen sind. Bereits in dieser Zeit belastete die <strong>zu</strong>nehmende<br />
Alkoholabhängigkeit das Leben und die Gesundheit des vielsei-<br />
Ohne Titel, 1942/43<br />
Tuschfeder und Aquarell auf Papier, 19,9 x 12,8 cm,<br />
Karin und Uwe Hollweg Stiftung, <strong>Bremen</strong>, Foto: Joachim Fliegner<br />
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tigen Künstlers, der 1945 <strong>zu</strong>m ersten Mal in Paris, in der Galerie<br />
von René Drouin, seine Aquarelle ausstellen konnte. Hier lernte<br />
er Jean-Paul Sartre kennen, der ihn in dieser, von erheblichen<br />
psychischen und finanziellen Schwierigkeiten belasteten Lebensphase<br />
unterstützte. Von seinem Galeristen Drouin mit Leinwänden<br />
und Farbe ausgerüstet, schuf Wols in kürzester Zeit über<br />
40 Ölbilder. Die Aus stellung 1947 bei Drouin schockierte das Pariser<br />
Publikum und machte den Künstler schlagartig bekannt. Es<br />
folgten Ausstellungen in Paris, Mailand und New York. Trotz<br />
schwerer gesundheitlicher Probleme arbeitete er weiter an Ölbildern<br />
und Aquarellen. Im August 1951 wurde er mit einer Lebensmittelvergiftung<br />
in ein Pariser Krankenhaus eingeliefert. Den<br />
Tod vor Augen ließ er sich von seiner Frau Gréty in das Luxus-<br />
Selbstporträt, Paris 1938<br />
Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden