Magazin #22 - Der Club zu Bremen
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das Geld für Pestizide fehlt, der Preisdruck verhindert bessere<br />
Arbeitsbedingungen. Und so verfällt eine Farm nach der anderen,<br />
weil es sich nicht mehr lohnt für die Kakao Farmer.<br />
In dieser Situation, steigende Kakao Nachfrage bei stagnierenden<br />
Erträgen, melden sich auf einmal die Schokogiganten aus<br />
Europa und Amerika <strong>zu</strong> Wort. Jahrelang haben sie die Fair Trade<br />
Ermahnungen von Nichtregierungsorganisationen überhört. Jetzt<br />
setzen sie <strong>zu</strong>nehmend auf „politisch korrekten“ Kakao. Auf einmal<br />
plant der Weltkonzern Nestlé, über die nächsten zehn Jahre<br />
siebzig Millionen Euro in den nachhaltigen Anbau, die Entwicklung<br />
robusterer Pflanzen und die Schulung und Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
der Kakaobauern <strong>zu</strong> investieren. Auch garantierte Fair-Trade-<br />
Mindestpreise werden nicht mehr rundweg abgelehnt. Hinter all<br />
diesen Selbstverpflichtungen steckt eine gehörige Portion<br />
Selbstzweck. Auch wenn sich das Produkt „Handelsethik“<br />
zeitgeist gemäß gut verkaufen mag, die fünf Großen der Weltschokoladenindustrie<br />
haben erkannt, dass die Kakao Bauern dieser<br />
Welt ohne ihre Hilfe gar nicht in der Lage sein werden, die<br />
steigende Nachfrage nach dem braunen Gold <strong>zu</strong> decken. Erst fünf<br />
Jahre nachdem ein Kakao Baum gepflanzt wurde, kann die erste<br />
Bohne geerntet werden. Die Schokoladenkonzerne müssen also<br />
im eigenen Interesse anfangen, langfristig und kooperativ <strong>zu</strong><br />
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denken, wenn sie ihren eigenen Bedarf <strong>zu</strong>künftig noch decken<br />
wollen.<br />
Kein Wunder also, dass sie versuchen, sich im Nachhaltigkeitswettbewerb<br />
gegenseitig <strong>zu</strong> übertrumpfen. <strong>Der</strong> Spiegel zitiert in<br />
diesem Zusammenhang Nick Lin-Hi, einen Professor für Unternehmensethik,<br />
der nüchtern konstatiert: „Das Produkt Ethik verkauft<br />
sich beim Thema Nachhaltigkeit richtig gut“. Aber eher<br />
doch nur an der Oberfläche. Friedel Hütz-Adams, der Kakao-Experte<br />
von Südwind, dem Institut für Ökonomie und Ökumene,<br />
räumte auf einem Bremer Kakao-Fachgespräch Anfang Dezember<br />
2012 ernüchtert ein, dass Fairer Handel mit Kakao in Deutschland<br />
bislang kaum mehr als ein Prozent des Umsatzvolumens<br />
ausmache. Aber immerhin sei ein Anfang gemacht. So lässt sich<br />
das Bremer Unternehmen Kraft Foods, jetzt Mondelez International,<br />
von Rainforest Alliance (www.rainforest-alliance.de) kontrollieren,<br />
ob die Maßstäbe dieser Organisation für Fair Trade bei<br />
den Kakao Handelsgeschäften auch eingehalten werden. Noch<br />
fehlen allerdings belastbare Erfahrungen, ob und inwieweit solche<br />
internationale Kontrollinstanzen, auf die die Schokoladenhersteller<br />
nicht nur ein wachsames Auge haben, in der Lage<br />
sind, die Bedingungen für die Kakaoproduzenten in den Ursprungsländern<br />
dauerhaft <strong>zu</strong> verändern.