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Magazin #22 - Der Club zu Bremen

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68<br />

Kultur<br />

Focke-Museum<br />

litik selbständig <strong>zu</strong> und lieferten vermeintlich wissenschaftliche<br />

Belege für eine germanische Hochkultur und ihr großes Siedlungsgebiet.<br />

Diese Belege nutzte das NS-Regime, um die eigene<br />

Überlegenheit <strong>zu</strong> beweisen und Besitzansprüche auf Territorien<br />

in den Nachbarländern <strong>zu</strong> legitimieren. Mit Kriegsbeginn 1939<br />

waren Archäologen schließlich in allen von den deutschen Truppen<br />

eroberten Gebieten, von Norwegen bis Griechenland, von<br />

Frankreich bis in den Kaukasus intensiv tätig.<br />

Mit 750 Exponaten – sowohl nationale wie internationale Leih -<br />

ga ben als auch eigene Bestände – zeigt das Focke-Museum auf<br />

800 qm Ausstellungsfläche wie eng Politik und Archäologie damals<br />

verzahnt waren. So dienten Ausgrabungsfunde nicht selten der medial<br />

verbreiteten Propaganda, etwa eine 1400 Jahre alte Urne mit<br />

Hakenkreuzmotiv aus dem Gräberfeld <strong>Bremen</strong>-Mahndorf, die in der<br />

NS-Presse und in populärwissenschaftlichen Zeitschriften wie „Germanen-Erbe“<br />

als historische Reminiszenzen dargestellt wurden.<br />

Schulwandbilder, Abzeichen und Sammelbilder verdeutlichen,<br />

wie diese ideologisch bestimmten Vorstellungen über Germanen<br />

und Germanien im Alltag und Unterricht vermittelt wurden. Originalgetreue<br />

Repliken von Bronze- und Goldobjekten sollten das<br />

Bild von einer germanischen Hochkultur stützen genauso wie<br />

Filme, Fotos, Plakate und Zeitschriften.<br />

Die Bremer Ausstellung greift ein immer noch aktuelles gesellschaftliches<br />

Thema auf, das die Ursprünge dieses Germanen-<br />

Kults mit der Gegenwart verknüpft. Dass das Focke-Museum dabei<br />

keinen schamhaften Bogen um die eigene Vergangenheit macht,<br />

belegt die dokumentierte Geschichte von Dr. Ernst Grohne, der<br />

von 1924 bis 1953 Direktor des Focke Museums und <strong>zu</strong>gleich<br />

Landesarchäologe war. Als solcher hat er durch intensive Ausgrabungen<br />

in der Nordwest-Region die ur- und frühgeschichtliche<br />

Sammlung des Bremer Landesmuseums entscheidend ausgebaut<br />

und sicherlich auch seinen ganz eigenen Beitrag <strong>zu</strong>m Thema „Archäologie<br />

unterm Hakenkreuz“ geleistet.<br />

Im Begleitprogramm <strong>zu</strong>r Ausstellung finden Vorträge von Wissenschaftlern<br />

statt. Neben Themenführungen bietet das Focke-<br />

Museum auch einen satirischen Zugang <strong>zu</strong>m Thema an. <strong>Der</strong> Kabarettist<br />

Pago Balke macht eine Führung durch die Ausstellung,<br />

in der geschmunzelt, gelacht und nachgedacht werden kann.<br />

<strong>Der</strong> römische Schriftsteller Tacitus (58 – 120) veröffentlichte im<br />

Jahr 98 nach Christus ein länderkundliches Buch über Germanien,<br />

obwohl er selbst nie vor Ort war und Germanien nur vom Hörensagen<br />

kannte. Er beschreibt die Germanen als unzivilisiert, betont<br />

aber deren Tugendhaftigkeit, die bei den Römern abhanden<br />

gekommen sei.

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