Magazin #22 - Der Club zu Bremen

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78 Literatur Betty Kolodzy nach Moskau. Das Geld bleibt liegen und führt die beiden am Ende nur in die Vahr. Berliner Freiheit, fast ist das ja schon außerirdisches Terrain. Der Scherenschnitt ist eine Kunstform, die im Biedermeier ihre Blütezeit hatte. Er stand für den Rückzug ins Idyll, die Schau auf das Innere, das Gefühl, dass man als Bürger in Ruhe seinen ersten Pflichten nachgehen sollte. Bremen Walking ist, von dieser Historie her gesehen, ein fast schon unerhörter Buchtitel. Wo Kolodzy Fahrt aufnimmt, ist bestenfalls ein Fahrrad im Spiel, exemplarisch für die kurzen Wege geeignet und konstruiert. Man muss dazu nur wissen, dass das von dem badischen Forstmeister Karl Freiherr von Drais entwickelte Laufrad unmittelbar im Biedermeier wurzelt und dass es die Menschen dieser Epoche in gerade dem Maß beflügelte, das ihnen noch vertretbar erschien. Bremen Walking wirkt, wo es ums Fortkommen in einer deutschen Stadt des 21. Jahrhunderts geht, die wie kaum eine zweite von ihrer Verkehrswirtschaft lebt, wie ein Seitenhieb auf die diesen Umstand konsequent ausblendende bremische Verkehrspolitik. Am Sielwall pendelt eine Fähre, und einmal lässt die Autorin dort sogar einen Frachter an ihrem inneren Auge vorbeiziehen. Auch das Schiff in der Flasche steht ja für ein Idyll, und die Buddelschiffbauer verfügen, wie Betty Kolodzy, beim Ausgestalten ihrer Miniaturlandschaften über eine beachtenswerte Kunstfertigkeit. Lesenswert ist Bremen Walking daher vor allem, weil es sich schonungslos ein paar der in den letzten vierzig Jahren über die Hanse- und Handelsstadt Bremen gekommenen Mentalitäten annimmt. Man vergleiche dieses von Kolodzy in Trippelschritten vermessene Viertel mit seinen nicht weiter für erwähnenswert gehaltenen Randbezirken von vielfacher Ausdehnung einmal mit dem Ostertor-Quartier, das der heute in Berlin lebende Bremer Schriftsteller Rudolf Lorenzen im Jahr 1959 beschrieb. Sein Roman „Alles andere als ein Herr“ zeichnete das Bild eines in seiner Selbstgefälligkeit wie Bewegungsarmut erstarrten Kleinbürgerbezirks, mit allerdings annähernd so vielen Menschen, die es damals aus diesen Verhältnissen zog wie heute in solche hinein. Bremen Walking schließt einen Kreis, es spiegelt eine Drehbewegung vom Gelsenkirchner Barock, der Biedermeierzeit der Nachkriegsjahre, hin zu dem, was dieser Tage wie Vielfalt der Kulturen und Lebensstile aussieht, dabei aber eine Einfalt an den Tag legt, durch die sich Betty Kolodzy wie durch einen Reisbrei hindurch zu schreiben versucht. Was soll’s, scheint sie sich zu denken, wenn einem kein fernes Schlaraffenland winkt, kann man doch auch mit einem Stückchen Heimat vorliebnehmen, einem Spielkreis mit durchaus wunderlichen und der Beschreibung werten Menschen darin. Betty Kolodzy gleicht ein wenig einer Dachstubenpoetin, die unterm löchrigen Schirm ein Lob- lied der Bescheidenheit singt. Zu ihrem Glück und dann doch auch zum Vergnügen ihrer Leser verfügt sie über eine gewisse, nicht nur von biedermeierlicher Ergriffenheit herrührende Selbstironie. Der Einfall, eine passable Großstadt wie die Briefmarkenwelt einer Kleinstadt anzugehen, ist ja für sich genommen schon ganz schön verrückt. Betty Kolodzy, Bremen Walking. Michason & May, Frankfurt, 180 Seiten, € 12,80, ISBN 978-3-86286-028-9 Wir liefern Ihnen Wärme auf Vorrat Koopmann-Jindelt Heizoel-Handel und Spedition GmbH www.koopmann-jindelt.de Barlachweg 19 · 28355 Bremen Tel. 0421 320077 (0 – 24 Uhr) Stadtkontor Böttcherstraße 9 · 28195 Bremen Tel. 0421 320077 (0 – 24 Uhr) Schleusenstraße 1 · 27568 Bremerhaven Tel. 0471 44012 (0 – 24 Uhr) Heizoel Service-Ruf 08005667626 Ihr Energie-Berater für Bremen und umzu
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