Magazin #22 - Der Club zu Bremen
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74<br />
Bremer Geschichte<br />
Friedrich Engels<br />
Friedrich Engels Bremer Bleibe im Pfarrhaus an der Martinikirche<br />
Ahnung haben. Dass solche Pädagogen keine Persönlichkeiten<br />
heranbilden können, sondern nur verkümmerte Existenzen, liegt<br />
auf der Hand. Es ist ein schreckliches Leben, das diese Menschen<br />
führen. …<br />
<strong>Der</strong> Name Oswald war bald dem lesenden Publikum ein Begriff,<br />
ohne dass jemand von seinem Doppelleben etwas ahnte. Im<br />
zweiten Lehrjahr setzte eine Wandlung bei Engels ein.<br />
Das öde Kontorleben, die seichten Vergnügungen, Café, Ratskeller,<br />
Billard, verloren ihren Reiz. Engels wurde von der hegelschen<br />
Phi losophie gepackt, einer Philosophie, die den geschichtlichen<br />
sowie den geistigen Prozess als einen Kampf der Gegensätze begreift.<br />
Auch spürt Engels ein immer stärker werdendes Engagement<br />
für die Leiden und Kümmernisse des arbeitenden Volkes.<br />
Aber hatte sein Herz nicht seit seiner Jugend für das Proletariat<br />
geschlagen, fühlte er sich nicht schon immer als Anwalt der<br />
Menschen, der Weber, der Gerber, der Frauen und Kinder, die für<br />
einen geringen Lohn 12 – 16 Stunden täglich in staubigen und<br />
feuchtheißen Fabrikhallen schufteten, sich Krankheiten holten<br />
und dem Alkoholismus verfielen, auch in seines Vaters Fabriken.<br />
Und hatte er die Frömmler, die das als gottgegeben verkündeten,<br />
nicht schon immer verachtet.<br />
Voll jugendlichem Zorn schreibt er. <strong>Der</strong> Arbeitsvertrag ist ein<br />
Schein, der dem Arbeiter die Illusion vorgaukelt, er handele aus<br />
freiem Willen, als mündiger Mensch, in Wahrheit aber ist er ein<br />
Sklave der Mächtigen. Nächtelang zerbricht sich Engels den<br />
Kopf, wie diese Gegensätze <strong>zu</strong> harmonisieren sind. In ihm reift<br />
der Entschluss, ein epochales Werk über die arbeitende Klasse <strong>zu</strong><br />
schreiben.<br />
Das Ende seiner Lehrzeit rückt näher. Wieder sitzt er am Pult in<br />
seinem Zimmer und schaut gedankenvoll auf die erste Schlachtpforte.<br />
Er ist gereift, klar formulieren sich die Gedanken in seinem<br />
Kopf. Wenn nicht von unserer Generation, dann von der<br />
nächsten, diese wird <strong>zu</strong> entscheiden haben, wie sie die Gegensätze,<br />
die sich immer mehr hinaufgipfeln, lösen wird. Er zündet<br />
die Petroleumlampe an und greift <strong>zu</strong> einem Buch. Noch zwei<br />
Monate murmelt er, noch zwei Monate. Es ist gut <strong>zu</strong> neuen Ufern<br />
auf<strong>zu</strong>brechen. Hier in <strong>Bremen</strong> kann ich nichts mehr tun, außer<br />
Essen, Trinken und Schlafen.