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Magazin #22 - Der Club zu Bremen

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Wirtschaft<br />

Hans-Jürgen Hofmann<br />

das vielleicht wünscht. Es sind ja immer noch genug Könige<br />

der Landstraße auf den Autobahnen unterwegs. Jeder, der beim<br />

Tischfußball sechs Bälle als erster ins Loch zirkelt, hält sich für<br />

einen Monarchen, und König Kunde, der gleicht manchmal ja<br />

wirklich einem Hohenzollern, der sich ganz viele Kriegsschiffe<br />

wünscht und ganz wenig Geld dafür hinlegen will. König Kunde,<br />

das ist, vom Ladenhüter her betrachtet, auch einer der Räuber<br />

mit Adelsprivileg, die sich daran gewöhnt haben, den Zehnten<br />

beim Volk ein<strong>zu</strong>treiben.<br />

Ein wenig gleichermaßen komplizierter wie einfacher liegen die<br />

Dinge allerdings schon, vor allem, seit es das Internet gibt.<br />

Erster Auftritt des Königs, in der Welt der schönen Dinge, der er<br />

sich nähert wie ein Flaneur, einer dieser urbanen Genussmenschen,<br />

die das 19. Jahrhundert hervorbrachte. Nur, dass <strong>zu</strong> der<br />

Zeit noch kein Smartphone im Bratenrock steckte.<br />

„Dieses sehr schöne, sehr ansprechende Objekt, sagen Sie, was<br />

müsste ich dafür bezah len?“ <strong>Der</strong> Möbelhändler ist an dieser Stelle<br />

bereits alarmiert. <strong>Der</strong> Preis, früher durchaus Verhandlungssache,<br />

in einem allerdings festen Gefüge, ist ja längst dem alle Einzelhandelsaktivitäten<br />

durchdringenden und am Ende schädigenden<br />

Geiz ist geil-Prinzip unterworfen. Bevor dem Verkäufer überhaupt<br />

eine Ant wort gelingt, ist schon von einem möglichen Ab-<br />

schlag die Rede. Stocken die Verhandlungen, wird es sich König<br />

Kunde vielleicht noch einmal überlegen. Er bleibt dann aber<br />

doch, bis <strong>zu</strong> dem unbeobachteten Moment, in dem er das Objekt<br />

mit dem Smartphone fotografiert. Im Internet wird er sich dann<br />

den Anbieter suchen, der ihm versichert, dass, sollte er auf ein<br />

noch günstigeres Angebot stoßen, der Preis verhandelbar bleibt.<br />

Irgendwann, gibt sich Hans-Jürgen Hofmann überzeugt, werden<br />

alle, ändert sich nichts an diesem Geschäftsgebaren, mit leeren<br />

Händen dastehen.<br />

Bevor man ihm, solcher Entwicklungen wegen, einen Hang <strong>zu</strong>m<br />

Kulturpessimismus unterstellt, sollte man lernen, dass er vor<br />

allem ein guter Beobachter ist. Frauen und Männer beim Möbelkauf,<br />

da könnten Genderforscher bei ihm einiges lernen. Auch<br />

über Geschlechterklischees. Manchmal stimmen die nämlich.<br />

Männer fokussieren sich beim Einrichten auf ihr Büro. Frauen<br />

aufs Heim. Stimmt und stimmt doch wieder nicht, aber dass<br />

Geschlechterrollen ausschließlich sozial konstruiert sein könnten<br />

… es stehen immer Möbel und vor allem auf sie gerichtete<br />

Wünsche dazwischen.<br />

Arbeiten im deutschen Einzelhandel, im Möbelhandel in seinem<br />

Fall, sagt Hans-Jürgen Hofmann, das sei eines der letzten Abenteuer<br />

der Menschheit.

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