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Europa liest - Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit

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waltungsbezirk Großbritanniens“ – so die<br />

korrekte offizielle Bezeichnung – erfolgte<br />

zum selben Zeitpunkt. aber während der<br />

süden dem europäischen Gedanken mit<br />

großem enthusiasmus begegnete, fand der<br />

Norden nach wie vor weniger produktive<br />

Möglichkeiten, die Waffen sprechen zu<br />

lassen. tatsächlich begann in Nordirland<br />

eine phase intensiver provinzieller engstirnigkeit,<br />

und ein Gefühl der Zugehörigkeit<br />

assoziierte man oft mit einem Gebiet, das<br />

nur aus wenigen Quadratmeilen bestand<br />

und manchmal sogar noch sehr viel kleinere<br />

ausmaße hatte. Belfast war so umfassend<br />

getrennt, dass viele leute „ihr Gebiet“ nur<br />

verließen, um zur arbeit zu gehen – gesetzt<br />

den Fall, sie hatten eine arbeit, wegen der<br />

sie das haus verlassen mussten.<br />

Die Grenzen zwischen diesen nach Konfessionen<br />

getrennten Bezirken waren mit<br />

Fahnen, Wandmalereien und natürlich mit<br />

Graffiti markiert. Zu den am häufigsten<br />

auftauchenden slogans in den stadtteilen<br />

der loyalisten – den protestanten aus der<br />

arbeiterklasse – zählte „No pope here“<br />

(Kein Zutritt <strong>für</strong> den papst). Der slogan<br />

erinnerte daran, dass vor sehr langer Zeit<br />

jener Konflikt, der uns so viel von unserer<br />

energie und unserer Wirtschaftskraft und<br />

so viele leben unserer Mitbürger kostete,<br />

Bestandteil eines größeren europäischen<br />

religionskrieges war.<br />

als Kardinal Karol Józef Wojtyła im<br />

oktober 1978 zum papst Johannes paul<br />

Nordirland ist da<strong>für</strong> berühmt,<br />

dass man keine straße entlanggehen<br />

kann, ohne einen Dichter<br />

zu treffen – oder zumindest keine<br />

Bar betreten kann, ohne auf einen<br />

Dichter zu stoßen.<br />

For tschritt <strong>Europa</strong> ?<br />

ii. ausgerufen wurde, wurde das Graffito<br />

zu „No pole here“ (Kein Zutritt <strong>für</strong> den<br />

polen) – unsere art von humor. es war weniger<br />

eine Drohung als die Benennung einer<br />

tatsache. sogar unter den vorherrschenden<br />

Bedingungen des Jahres 1978 in ihrem eigenen<br />

land wären nur sehr wenige polen<br />

im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte auf den<br />

Gedanken gekommen, nach Belfast umzuziehen.<br />

Wenn man sich Filmaufnahmen<br />

aus jener Zeit vor fast dreißig Jahre ansieht,<br />

herrscht in der stadt die atmosphäre eines<br />

polizeistaates. Den Begriff „polizei“ konnte<br />

man auf jene paramilitärischen organisationen<br />

ausdehnen, die in den Bezirken der<br />

loyalisten und republikaner herrschten<br />

und ihre sehr eigenen rauen Methoden anwendeten,<br />

um die stimmen der opposition<br />

zu schweigen zu bringen: Klebeband über<br />

den Mund, eine Kapuze über den Kopf und<br />

eine Kugel ins Genick.<br />

Nordirland ist da<strong>für</strong> berühmt, dass man<br />

keine straße entlanggehen kann, ohne einen<br />

Dichter zu treffen – oder zumindest keine<br />

Bar betreten kann, ohne auf einen Dichter<br />

zu stoßen.<br />

es waren jedoch nicht die Worte eines<br />

Dichters, die meiner ansicht nach die stimmung<br />

jener Jahre am besten umschrieben<br />

haben, sondern eine Gruppe junger Männer,<br />

die fast noch teenager waren: auf dem<br />

Debütalbum der Belfaster punkband stiff<br />

little Fingers, das vier Monate nach dem<br />

ersten Graffito „No pole here“ herauskam,<br />

gibt es einen song mit dem schlichten titel:<br />

„here We are Nowhere: here we are<br />

nowhere, nowhere left to go“ (hier sind wir<br />

im Nirgendwo. hier sind wir im Nirgendwo<br />

und können nirgendwo mehr hin). oder<br />

wie ein Freund von mir immer sagte: „hier<br />

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