Europa liest - Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit
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schranken zu schnittstellen sämtliche Maßnahmen,<br />
den eu-Binnenmarkt zu vereinheitlichen, betreffen<br />
auch die Kulturen der Mitgliedstaaten. Was bedeutet<br />
die marktgesteuerte philosophie der eu <strong>für</strong> ein starkes<br />
und vielfältiges kulturelles leben in europa? Kann eine<br />
europäische Kultur überhaupt ohne eine europäische<br />
Kulturpolitik gedeihen? Von Steve Austen<br />
Der Diskurs über die rolle der Kultur<br />
in europa, über die kulturelle<br />
Dimension des einigungsprozesses<br />
und die kulturelle identität des Kontinents<br />
steckt voller Fallstricke und Missverständnisse.<br />
Kunst- und Kulturpolitik – in entscheidendem<br />
Maß in der hand der einzelnen<br />
Mitgliedstaaten – kann aufgrund des Vertrags<br />
von Maastricht (1992) nicht der Brüsseler<br />
regulierungsmaschinerie unterworfen<br />
werden.<br />
Man könnte also argumentieren, dass<br />
es aus diesem Grund, abgesehen von den<br />
jeweiligen politischen richtlinien der Mitgliedstaaten,<br />
keine „europäische“ Kulturpolitik<br />
geben wird. Dennoch beeinflussen<br />
sämtliche Maßnahmen im hinblick auf die<br />
homogenisierung des eu-Binnenmarktes<br />
56<br />
implizit die Kulturen genau jener Mitgliedstaaten.<br />
entstehen also durch die marktgesteuerte<br />
philosophie der eu immer mehr negative<br />
rahmenbedingungen <strong>für</strong> ein starkes<br />
und vielfältiges kulturelles leben oder ist<br />
etwa das Gegenteil der Fall?<br />
Die finanzielle unterstützung der Künste<br />
durch städte, regionen und verschiedene<br />
Wirtschaftszweige sowie durch private<br />
spender hat grenzüberschreitende auswirkungen,<br />
die man nicht einfach ignorieren<br />
kann. ist also eine vielfältige Kultur in europa<br />
ohne eine europäische Kulturpolitik<br />
möglich und wie hängt sie, mit oder ohne<br />
öffentliche unterstützung, von den Marktgegebenheiten<br />
ab?<br />
Gewiss, es gäbe Kunst – beispielsweise<br />
die literatur – auch ohne öffentliche Zuwendungen.<br />
und bestimmt würde es Kunst und<br />
Kunstproduktionen geben. aber man muss<br />
gleichzeitig ins Feld führen, dass ohne die<br />
Zuwendung aus einer Vielfalt von Quellen<br />
die Welt nicht so reich, vielfältig und übervoll<br />
an kulturellen ausdrucksformen wäre,<br />
wie sie derzeit ist.<br />
sowohl im ehemaligen kommunistischen<br />
als auch im kapitalistischen europa wurden<br />
öffentliche ausgaben <strong>für</strong> die Künste gesamtgesellschaftlich<br />
nie in Frage gestellt und eine<br />
Welt ohne subventionen hätte als anomalie<br />
gegolten. Die öffentlichen ausgaben finden<br />
ihren ursprung und ihre rechtfertigung in<br />
modernen auffassungen der jeweiligen ein-