Einladung nach BozEn
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SCHLOSS<br />
MARETSCH<br />
19<br />
SCHLOSS<br />
RUNKELSTEIN<br />
anderen als rein geistigen Nutzen gezogen haben<br />
mag. Die ganze Anlage entpuppt sich als kleines<br />
Juwel ländlicher Wohnkultur.<br />
Hoch oben auf einem Felssporn, auf drei Seiten<br />
von den Gewässern der Talfer umspült, erhebt sich<br />
an der Einmündung des Sarntales die von den bi-<br />
110<br />
Architektonische und<br />
städtebAuliche Aspekte<br />
schofstreuen Freiherren von Wangen im 12. Jahrhundert<br />
errichtete Burg Runkelstein, repräsentatives<br />
Beispiel eines Verteidigungsbaus. Diese<br />
Funktion blieb ihr jedoch nur kurze Zeit erhalten:<br />
gleich beim ersten Ansturm durch den kaisertreuen<br />
Meinhard II im Jahre 1277 wurde die Burg arg<br />
zerstört; die im darauffolgenden Jahrhundert getätigten<br />
Umbauten und Erweiterungen waren vorrangig<br />
auf eine Verbesserung der Wohnverhältnisse<br />
ausgerichtet und so verlor die Burg <strong>nach</strong> und<br />
<strong>nach</strong> ihren wehrhaften Charakter (besonders <strong>nach</strong>dem<br />
das, was von dem ursprünglichen Hauptturm<br />
noch übriggeblieben war, 1520 bei einer Pulverexplosion<br />
vernichtet wurde); heute stellt die Burg<br />
ein malerisches Beispiel für einen mittelalterlichen<br />
Rittersitz dar, bereichert durch wunderschöne Fresken,<br />
die als wichtiger Abschnitt in der Entwicklung<br />
der darstellenden Kunst des Mittelalters angesehen<br />
werden können.<br />
An vollkommen ungeeigneter Stelle für jede Verteidigungsaufgabe,<br />
nämlich auf den Schwemmböden<br />
der Talfer, liegt Schloß Maretsch: von der<br />
ursprünglich mittelalterlichen Anlage existieren<br />
noch der Hauptturm und der zweigeschossige zen-<br />
architEKtonischE und<br />
städtEBaulichE asPEKtE<br />
trale Kern des Gebäudes. Seine unzweifelhaft von<br />
Gigantomanie befallenen Eigentümer des 16. Jahrhunderts<br />
tobten sich in Zubauten aus: neue Flügel<br />
kamen hinzu, ein Innenhof und vor allen Dingen<br />
die vier Rundtürme an den Ecken des so entstehenden<br />
Pseudo-Bollwerks. Obwohl die Täuschung allzu<br />
deutlich zutage tritt, ist das Ergebnis - zumindest<br />
rein visuell - hochinteressant und mit leicht<br />
romantischem Anstrich auch symbolhaft für das<br />
stadtnahe Ambiente.<br />
Die bedeutendsten Zeugnisse des Wohnbaus stammen<br />
hingegen aus jüngerer Zeit.<br />
Im 17. Jahrhundert begann sich die endgültige<br />
Anordnung der Gebäude des historischen Stadtkerns<br />
und der ihn umgebenden Straßenläufe (Obstmarkt,<br />
Streiter-, Binder-, Weintrauben- und Silbergasse)<br />
abzuzeichnen. Alle in dieser Zeit gesetzten<br />
Maßnahmen folgen, obzwar von verschiedenen<br />
Eigentümern in die Wege gesetzt, dennoch einer<br />
kontinuierlichen stilistischen Logik und das Ergebnis<br />
ist ein ausgewogener Gesamtkomplex von eindrucksvoller<br />
Harmonie.<br />
Das aufstrebende Bürgertum dokumentiert sich im<br />
19. Jahrhundert durch eine rege Wohnbautätigkeit<br />
mit all ihren stilistischen Vor- aber auch Nachteilen.<br />
In Bozen schlägt sich diese Epoche durch die in der<br />
Sparkassenstraße entstehenden Jahrhundertwendebauten<br />
nieder: hier prunkt südlich der Alpen ein<br />
sehr eigenwilliger, pittoresker Jugendstil.<br />
Die in der Vorkriegszeit errichteten Gebäude<br />
sind Ausdruck des von den Theorien des damaligen<br />
Regimes getragenen Stilempfindens. Aus jener<br />
Zeit stammen der Bau des IV.Armeekorps, einige<br />
Schulbauten und ein Großteil der jenseits der Talferbrücke<br />
an der Straße <strong>nach</strong> Gries errichteten Gebäude.<br />
Aus der heutigen Distanz betrachtet, lassen<br />
sich auch in diesen Monumentalwerken nicht<br />
von der Hand zu weisende, wertvolle Formideen<br />
und Lösungsansätze erkennen, umso mehr, als man<br />
sich vielleicht eingestehen muß, daß unsere hochgelobte<br />
und inzwischen womöglich schon überholte<br />
“Postmoderne” kaum Besseres anzubieten hatte<br />
und in diesen Bauten daher eher noch Anregungen<br />
finden könnte.<br />
19<br />
111<br />
GEBÄUDE DES IV.<br />
ARMEEKORPS<br />
ST. JOHANN<br />
IM DORFE