Einladung nach BozEn
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STANDSEILBAHN<br />
ZUM VIRGL<br />
DER WALTHER-<br />
PLATZ ZU BEGINN<br />
DES 20. JHDTS.<br />
20<br />
zu dem von Andreas Hofer (1809) unter dem Motto<br />
“für Gott, Kaiser und Vaterland” angeführten Aufstand.<br />
Noch lange, <strong>nach</strong>dem Österreich und Frankreich<br />
bereits ihren Frieden geschlossen haben, führen<br />
die nun ganz auf sich selbst gestellten Tiroler<br />
Aufständischen ihren Kampf bis zu seiner endgültigen<br />
Niederschlagung fort. Hofer wird gefangengesetzt<br />
und 1810 in Mantua hingerichtet.<br />
Bozen wird mit einem großen Teil des südlichen<br />
Tirol dem Königreich Italien angeschlossen. Die<br />
neue Provinz mit Trient als Landeshauptstadt erhält<br />
den Namen “Dipartimento dell’Alto Adige”.<br />
Nach dem Zusammenbruch des napoleonischen<br />
Reiches fällt Tirol wieder an die Habsburger. Das<br />
19. Jahrhundert ist gekennzeichnet von dem Aufeinanderprallen<br />
der von Wien ausgehenden Reformen<br />
und den Widerständen des Landes Tirol, das<br />
nicht bereit ist, auf seine alten Freiheiten und autonomen<br />
Rechte zu verzichten. Auch Bozen wird<br />
zum Schauplatz der Spannungen zwischen Liberalen<br />
und katholischen Konservativen, die sich im<br />
“Kulturkampf” austoben. Symbolhaft wird die Einweihung<br />
der neuen öffentlichen Gasbeleuchtung<br />
(1861) vom liberalen Bürgermeister Josef Streiter<br />
als “Lichterfest” gegenüber Ignoranz und Aberglauben<br />
begrüßt.<br />
Das Ende des Jahrhunderts erlebt das Aufkeimen<br />
des deutschnationalen Gedankenguts. Demgegenüber<br />
steht die Irredenta der Trientiner, die seit 1848<br />
jede von Innsbruck ausgehende Autonomieforderung<br />
ablehnen. Die 1889 errichtete Statue des Minnesängers<br />
Walther von der Vogelweide bekommt Symbolwert<br />
für das Deutschtum. Gleichsam als Gegenpol<br />
entsteht 1896 das Dantedenkmal in Trient.<br />
Gegenwart<br />
Die Jahre um die Jahrhundertwende<br />
werden<br />
<strong>nach</strong> dem langjährigen<br />
Bozner Bürgermeister<br />
(1895-1922) als “Ära<br />
Perathoner” bezeichnet<br />
und sind Jahre fie-<br />
116<br />
Bozen<br />
im Laufe der Jahrhunderte<br />
berhafterBautätigkeit und städtischer<br />
Entwicklung,<br />
welchen Maßnahmen<br />
abgesehen<br />
von Modernisierungsambitionen<br />
sämtlich die Bemühungzugrundelag,<br />
den deutschen<br />
Charakter<br />
der Stadt herauszustreichen.<br />
Zwölfmalgrein blieb bis 1911 eine autonome Gemeinde.<br />
Ebensolche Eigenständigkeit genoß auch<br />
Gries bis 1925, das im übrigen eine beachtliche<br />
Entwicklung als Fremdenverkehrsziel und Kurort<br />
durchmachte (1900 wurden 1600 Gäste registriert).<br />
Nach dem ersten Weltkrieg wurde Südtirol vom<br />
Königreich Italien annektiert. Nach einer kurzzeitigen<br />
Militärverwaltung wird das Trentino Alto Adige<br />
einem Zivilkommissar (Luigi Credaro) unterstellt.<br />
Im April 1921 wird ein Umzug der Südtiroler Bevölkerung<br />
von eigens <strong>nach</strong> Bozen angereisten faschistischen<br />
Truppen angegriffen. Ergebnis sind<br />
ein Toter und zahlreiche Verletzte. Kurz vor dem<br />
Marsch auf Rom, am 2. Oktober 1922, besetzen<br />
faschistische Gruppen Bozen und zwingen Bürgermeister<br />
Perathoner zur Abdankung. Mit der Machtergreifung<br />
Mussolinis beginnt die zunehmende Italianisierung.<br />
1926 wird Bozen Hauptstadt der neu<br />
geschaffenen, auf diese Weise von Trient losgelösten<br />
Provinz. Ettore Tolomei, bereits seit Beginn<br />
des Jahrhunderts Verfechter der „naturale italianità<br />
dell’Alto Adige“ (des naturbedingt italienischen<br />
Wesens Südtirols), trägt 1923 anläßlich einer<br />
Veranstaltung im Stadttheater sein in 32 Punkte<br />
gegliedertes Programm zur Italianisierung vor.<br />
Italienisch wird zur Amts-, Verwaltungs- und<br />
Schulsprache erklärt. Städtebaulich wird versucht,<br />
der Stadt ein neues Aussehen zu verleihen. Hierzu<br />
soll das dem historischen Stadtkern gegenüberliegende<br />
Gebiet jenseits der Talfer bebaut werden.<br />
<strong>BozEn</strong><br />
im laufE dEr JahrhundErtE<br />
Von den 28.000 bebauten Flächen des Jahres 1910<br />
wächst sich Bozen durch italienische Immigration<br />
auf 32.000 im Jahr 1921 und weiter auf 40.000 im<br />
Jahr 1934 aus.<br />
Mitte der Dreißigerjahre wird unter dem Präfekten<br />
Giovanni Mastromattei (1933-40) mit dem Bau<br />
der Industriezone (Montecatini, Stahlwerke, Lancia,<br />
u.s.w.) begonnen, was die Zuwanderung weiterer<br />
italienischer Arbeiter und ihrer Familien <strong>nach</strong><br />
sich zieht. Neue Wohnviertel entstehen, darunter<br />
die “semirurali”.<br />
Als Folge von Abkommen zwischen Deutschland<br />
und Italien wird die Südtiroler Bevölkerung 1939<br />
vor die Entscheidung gestellt, ins “Reich” abwandern<br />
oder als “brave italienische Bürger” bleiben<br />
zu wollen (die sogenannten “Optionen”). Lt. deutschen<br />
Quellen optieren in Bozen fast 15.000 der<br />
17.200 deutschsprachigen Bewohner für die deutsche<br />
Staatsbürgerschaft.<br />
Nach dem 8.September 1943 wird Südtirol mit<br />
dem Trentino und der Provinz Belluno zum Alpenvorland<br />
zusammengefaßt und ist praktisch vom<br />
Deutschen Reich annektiert. Aufgrund seiner Bedeutung<br />
als Eisenbahnknoten wird Bozen Ziel zahlreicherBombardements<br />
der allieerten<br />
Streitkräfte, die auch<br />
den historischen<br />
Stadtkern nicht verschonen.<br />
In der Reschenstraßebefindet<br />
sich ab 1944<br />
ein Durchgangslager<br />
für zur Internierung<br />
in Deutschland bestimmte<br />
Gefangene.<br />
Vom Kriegsende bis heute<br />
Anfang Mai ‘45 übernimmt das Nationale Befreiungskomitee<br />
im Namen der italienischen Regierung<br />
die Kontrolle über die Provinz. Am 4. Mai trifft die<br />
Vorhut der Allieerten in Bozen ein. 1946 wird am<br />
Rande des Pariser Friedensvertrages das Gruber-De<br />
20<br />
Gasperi-Abkommen zum Schutze der deutschsprachigen<br />
Minorität in Südtirol unterzeichnet. 1948<br />
tritt das Autonomiestatut der Region Trentino-<br />
Südtirol in Kraft.<br />
In den Augen der Südtiroler Bevölkerung trägt die<br />
Entwicklung Bozens, schon wegen der tragenden<br />
Rolle der Großindustrien, weiterhin das Stigma der<br />
Italianisierung.<br />
Ab der Mitte der Fünfzigerjahre verschärfen sich<br />
innerhalb der Region die Spannungen zwischen der<br />
Südtiroler Volkspartei und den italienischen Vertretern<br />
im Regionalrat. Am 17.November 1957 kommt<br />
es in Schloß Sigmundskron zu der berühmt gewordenen<br />
Kundgebung “Los von Trient”. Österreich<br />
trägt die Südtirolfrage den Vereinten Nationen vor,<br />
während in der Region selbst die Terroristen tätig<br />
werden (die “Feuer-” oder “Herz-Jesu-”Nacht<br />
vom 12. Juni 1961). Das sogenannte “Südtirolpaket”,<br />
oder vielmehr die Durchführungsbestimmungen<br />
des Pariser Abkommens, werden 1972 offiziell<br />
wirksam. Fast sämtliche Kompetenzen werden von<br />
der Region an die Provinz abgetreten.<br />
Im Juni 1992 wird die italienisch-österreichische<br />
Auseinandersetzung offiziell für beigelegt erklärt.<br />
Die mit dem zweiten Autonomiestatut erfolgte<br />
Übertragung weiterer Kompetenzen hat entscheidend<br />
zum beachtlichen sozialwirtschaftlichen Aufschwung<br />
beigetragen, den Bozen in den letzten<br />
Jahren genommen hat. Heute rangiert die Stadt im<br />
oberen Feld des jährlichen Presseranking aller italienischen<br />
Städte.<br />
117<br />
DIE INDUSTRIE-<br />
ZONE WÄHREND<br />
DER NACH-<br />
KRIEGSZEIT UND<br />
DIE BOZNER<br />
PFARRKIRCHE<br />
NACH DEM BOM-<br />
BARDEMENT 1944