Einladung nach BozEn
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HOLZKRUZI-<br />
FIX AUS DEM<br />
13. JHDT.<br />
RECHTS DANEBEN:<br />
DIE ALTE<br />
PFARRKIRCHE<br />
VON GRIES<br />
JUSTIZPALAST<br />
Vom Grieserplatz gelangt man<br />
unmittelbar in die Stiftskirche<br />
zum Hl. Augustin, ein <strong>nach</strong> den<br />
Plänen von G. Antonio Sartori errichtetes<br />
spätbarockes Bauwerk<br />
(1771). Säulen- und Pilastergliederung<br />
an der Außenfassade mit<br />
verkröpftem Gebälk und Volutengiebel<br />
mit fackeltragenden Vasen.<br />
Ausgewogenes, einschiffiges<br />
Kircheninneres mit Malereien und<br />
Altarsäulen, Arbeiten von Martin<br />
Knoller, der hier im Abstand von<br />
zwanzig Jahren in zwei Arbeits-<br />
21<br />
gängen tätig war. Seiner ersten<br />
Schaffensperiode entstammen<br />
die Fresken des Mittelschiffs und<br />
der Kuppel (1771-1774) mit der<br />
Verklärung des Heiligen. Innenfassade<br />
oberhalb der Orgel: die<br />
Bekehrung des jungen Augustin,<br />
der im Garten den Stimmen “tolle<br />
et lege“ lauscht; Langhausgewölbe:<br />
der Hl. Augustin überwindet<br />
die Häretiker; Kuppel: der<br />
Heilige in Betrachtung der Dreifaltigkeit<br />
in der Glorie des Paradieses.<br />
Vom Grieserplatz erreichen wir<br />
rechts weiter auf der M.Knoller-<br />
Straße die Alte Pfarrkirche zu Unserer<br />
Lieben Frau, ein sehr, sehr<br />
altes Gebäude, das im Laufe der<br />
Jahrhunderte verschiedene Änderungen<br />
und Erweiterungen erfuhr.<br />
In ihrer heutigen Form geht<br />
die Kirche auf das Ende des 15.<br />
Jhdts zurück und stellt mit dem<br />
gotischen Chor und der Erasmuskapelle<br />
an der Südseite ein anschauliches<br />
Beispiel für die Bauweise<br />
der Spätgotik dar. Es empfielt<br />
sich, um die Kirche herumzuwandern,<br />
um das raffiniertausgewogene<br />
Wechselspiel der<br />
134<br />
vier Stadtrundgänge viEr stadtrundgängE<br />
verschiedenen Struktur- und Verzierungselemente<br />
betrachten zu<br />
können.<br />
Im Inneren, an der Wand gegenüber<br />
dem Eingang, ein großes<br />
romanisches Holzkruzifix aus<br />
dem frühen 13. Jahrhundert, eine<br />
hervorragende, anatomisch<br />
sehr fein ausgeführte Arbeit;<br />
Meister und Herkunft sind jedoch<br />
leider unbekannt. Die langgestreckten<br />
Formen, die Zartheit<br />
und Leichtigkeit des Faltenwurfs,<br />
der Ausdruck auf Jesu’ Antlitz er-<br />
innern an die damalige französische<br />
Holzschnitzkunst. Rechts<br />
vom Hochaltar liegt die Erasmuskapelle<br />
mit dem Holzaltar von<br />
Michael Pacher (1471-1475), eines<br />
der Meisterwerke gotischer<br />
Skulpturen aus unserer Gegend.<br />
Erhalten geblieben sind davon<br />
der große mittlere Schrein mit<br />
der Krönung Mariä sowie zwei<br />
der ehemals vier Seitenreliefs<br />
mit Verkündigung und Anbetung<br />
der Könige. An der Rückwand 15<br />
Szenen aus dem Leben Christi<br />
von der Hand des schwäbischen<br />
Malers Konrad Waider aus Staubing<br />
<strong>nach</strong> 1488.<br />
“Michael Pacher, geboren um<br />
1430 nächst Bruneck, aufgewachsen<br />
im Pustertal und geschult<br />
an dem, den gotischen Traditionen<br />
verhafteten “sanften” österreichisch-steirischen<br />
Stil; während<br />
seiner Reifejahre Anlehnung<br />
an das neue Gedankengut,<br />
die Tongebung und die Perspektiven<br />
venezianischer Meister<br />
der italienischen Frührenaissance.<br />
Fasziniert von der Bildhauerkunst<br />
Hans Multschers aus Ulm,<br />
der den Hochaltar der Pfarrkirche<br />
von Sterzing fertigte, näherte<br />
er sich seinem Ideal einer heiteren<br />
Ausgeglichenheit zwischen effektvoller<br />
Ausdrucksform und plastischem<br />
Volumen. Durch seine<br />
zeichnerische Präzision, die den<br />
komplexen Darstellungsproblemen<br />
angediehenen Lösungen, die moderne<br />
Interpretation architektonischer<br />
Strukturen und eine neuartige,<br />
durch raffinierte Kunstgriffe<br />
erzielte Raumtiefe tritt Pacher,<br />
der letzte große Meister der Spätgotik,<br />
gleichzeitig bereits als un-<br />
21<br />
verwechselbarer Vertreter einer<br />
neu aufkeimenden Kunstrichtung<br />
hervor. Von den zahlreichen Arbeiten<br />
Michael Pachers sind leider<br />
viele Werke verloren gegangen<br />
oder vernichtet worden, als man<br />
während der Barockzeit gotische<br />
Kunst als überholt ansah. Dieses<br />
Schicksal erlitt auch der Altar der<br />
Grieser Pfarrkirche, dessen Mittelteil<br />
jedoch so lange in der Krypta<br />
verwahrt wurde, bis er endlich<br />
den ihm zukommenden würdigen<br />
135<br />
Platz in der Erasmuskapelle erhielt.”(<br />
G.Conta)<br />
In die M.Knoller-Straße zurückgekehrt,<br />
biegen wir in die<br />
Fagenstraße ein: gleich rechts<br />
liegt das Grieser Haus der Kultur;<br />
weiter vorne gelangen wir in<br />
der Prinz Eugen-Allee zum Eingang<br />
des Herzogspalastes (“Villa<br />
Roma”), der, 1934 für die Savoia<br />
erbaut, gegenwärtig Sitz des Regierungskommissariats<br />
der Provinz<br />
Bozen ist.<br />
HERZOGSPALAST<br />
SITZ DES IV.<br />
ARMEEKORPS