.RUWLNDOH /LQJXLVWLN - cortical linguistics
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2.4 Semantik 89<br />
beschreiben. (Wortbedeutungen bestehen nicht in einer bloßen Aufzählung<br />
von Primes, sondern sind durch komplexere Strukturen wiederzugeben.)<br />
Zu den Primes gehören GOOD und BAD. Sie sind deshalb interessant, weil<br />
es Hinweise darauf gibt, dass tatsächlich bestimmte Hirnbereiche (z. B. die<br />
Amygdala) für dergleichen Bewertungen zuständig sein könnten, sodass man<br />
hier der Angeborenheitsthese noch am ehesten zustimmen würde.<br />
Was ergibt sich daraus z. B. für die Repräsentation der dem Wort gefährlich“<br />
entsprechenden Bedeutung im Kortex? BAD muss eine Komponente ”<br />
der Bedeutung von gefährlich“ sein. Wenn das Wort gefährlich“ wahrgenommen<br />
wird, müssen ggf. Handlungen im Hörer ausgelöst werden, um<br />
” ”<br />
erwarteten Schaden zu vermeiden. BAD darf – jedenfalls im eigentlichen<br />
Gebrauch – nicht etwas prinzipiell Fiktives sein. Damit BAD eine Wirkung<br />
haben kann, muss es eine Wahrnehmung geben, die BAD entspricht.<br />
Wenn BAD durch Großmutterzellen repräsentiert gedacht wird, muss es<br />
Verbindungen von Wahrnehmungsorganen zu diesen Großmutterzellen geben.<br />
Dafür kommen z. B. Schmerzsensoren, aber auch Sensoren für andere<br />
(negative) Wahrnehmungen in Frage. Damit ist BAD durch bestimmte Verbindungen<br />
mit der Sinnesperipherie definiert und kann zur Bildung komplexerer<br />
Konzepte genutzt werden.<br />
Wie steht es aber mit BIG oder KIND oder ALIVE? Man beachte, dass<br />
BIG ein relatives Konzept ist (Wierzbicka, 1996: 54) und KIND ( a rose is ”<br />
‘a kind of flower’“; Wierzbicka, 1996: 62) eine abstrakte Begriffsbeziehung<br />
ausdrückt. Kann man sich Wahrnehmungsorgane vorstellen, die solche Primes<br />
definieren?<br />
Die Frage kann offen bleiben. Wichtig ist in unserem Zusammenhang, dass<br />
Primes nur insofern akzeptiert werden können, als periphere Organe der<br />
Wahrnehmung oder der Motorik eine Art von Definition leisten. Es kann<br />
keine angeborene Großmutterzelle geben, die ohne entsprechende Verbindungen<br />
mit der Peripherie weiß, für welche Wahrnehmungen oder Aktionen<br />
der Peripherie sie steht. Dasselbe gilt für Zellkomplexe. Isolierte Zellkomplexe<br />
können keine Bedeutung tragen.<br />
In diesem Zusammenhang ist es interessant, das Beispiel der semantischen<br />
”<br />
Netze“ heranzuziehen, am besten in der ursprünglichen Form bei Quillian<br />
(1968). Quillian definiert Begriffe in netzförmigen Strukturen, die tokens“ ”<br />
anderer Begriffe enthalten.<br />
Das führt zu Strukturen wie der folgenden aus Quillian (1968: 225), um den<br />
Vergleich zu erleichtern aus der dort gegebenen graphischen Darstellung in<br />
einen definierenden Text umgesetzt und vereinfacht: