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deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

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Umbr_DuE53.qxd 10.04.2007 14:00 Uhr Seite 16<br />

Materialien<br />

»Die Kreuzzüge sind vor allem ein belgisches<br />

Werk. Wir sind mit Gottfried von Bouillon als<br />

erste losgezogen; wir sind mit Karl V. und Don<br />

Juan von Österreich am längsten dagewesen.<br />

Bei allen großen Anlässen war es einer der Unseren,<br />

den Europa dorthin geschickt hat, nach<br />

Jerusalem oder nach Konstantinopel, an den<br />

Ort der Gefahr und der Ehre.«<br />

G. Kur:, La Patrie belge. 75e anniversaire de l’indépendance nationale,<br />

Namur 1905, S. 4<br />

M 4<br />

Kreuzzüge in deutschen Geschichtsbüchern<br />

16<br />

M 1<br />

M 2<br />

Kinder Rosenkranz Sühnekreuzzug<br />

»Welch ein Schmerz war es (…) für alle Christen, als vor vielen<br />

Jahrhunderten ungläubige Völker in das Heilige Land einfielen<br />

und es den Christen entrissen. Die Christen waren darüber so<br />

traurig, dass selbst aus unserem Lande und noch weiter her die<br />

tapfersten Männer in starkem Kriegsheere in das ferne Heilige<br />

Land zogen, um es wieder für die Christenheit zu erobern. Diese<br />

kühne Kriegsfahrt wurde ›Kreuzzug‹ genannt. Nachdem die tapferen<br />

Männer, mit ihnen sogar Kaiser Friedrich Barbarossa, mehrere<br />

Kreuzzüge in das Heilige Land umsonst unternommen hatten, da<br />

verließen sogar viele viele Kinder ihre lieben Eltern und hielten<br />

einen Kinder-Kreuzzug, um das heilige Land wieder zu gewinnen.<br />

Liebe Kinder! Auch heute besteht wieder die große Gefahr, dass<br />

die heiligen Stätten der Christen von den Ungläubigen ganz weggenommen<br />

werden. Deshalb hat der Heilige Vater in Rom alle<br />

Christen, besonders die Kinder, schon öfter ermahnt, dass sie viel<br />

beten sollen damit wir die heiligen Stätten nicht verlieren.<br />

Jetzt müsst Ihr aber noch viel weiter denken. Ich habe gerade gesagt:<br />

das Land, das Jesus einst betreten hat, das Land, wo er lebte,<br />

nennen wir voll Liebe und Ehrfurcht das Heilige Land. Habt ihr<br />

nun schon daran gedacht, dass immer, wenn ein Mensch getauft<br />

wird Jesus – freilich unsichtbar – in das Herz des Täuflings einzieht,<br />

weil er dort leben will? Und immer wieder kommt unser<br />

Herr Jesus auch in der heiligen Kommunion in die Menschenherzen.<br />

Seht, Kinder, deshalb ist auch jedes Menschenherz, in das<br />

Jesus einmal gekommen ist, ein Stück »Heiliges Land«. Und nun<br />

bedenkt: Wie einst vor vielen Jahrhunderten ungläubige Völker<br />

das Heilige Land Palästina der Christenheit geraubt haben, so<br />

entreißt heute der böse Feind, der Satan, das Heilige Land unzähliger<br />

Menschenherzen dem lieben Gott und der heiligen Kirche.<br />

Tauber, Franz (Hrsg.): Kinder Rosenkranz Sühnekreuzzug, Linz 1949, S. 3 ff<br />

M 3<br />

Julius Schnorr von Carolsfeld, Der Tod Friedrich Barbarossas, 1832, Öl auf<br />

Leinwand<br />

© Privatbesitz<br />

Kreuzzüge in belgischen Geschichtsbüchern<br />

»Kein europäisches Land hat den Kreuzheeren so viele Soldaten<br />

geliefert wie die belgischen Provinzen; kein Land hat ihnen solche<br />

ruhmvolle Führer gegeben.«<br />

H. G. Moke: Histoire de la Belgique, 2 1843, S. 91<br />

»Dennoch müssen wir feststellen, dass der<br />

Kampf der Christenheit gegen den Islam, trotz<br />

der ungeheuren Opfer an Menschenleben und<br />

Gut mit einer kläglichen Niederlage endete.<br />

Das nächste äußere Ergebnis war ein neues Vordringen<br />

der asiatischen Welt. Um dieselbe Zeit,<br />

wo die letzte christliche Besitzung in Asien,<br />

Akko, verloren ging, lebte der türkische Herrscher<br />

Osman, der Begründer des nach ihm benannten<br />

Osmanischen Reiches (um 1300). (…)<br />

Abermals stand die muhamedanische Welt als<br />

eine geschlossene Einheit der zersplitterten christlichen Welt gegenüber.<br />

Wer hat Europa vor den osmanischen Türken gerettet?<br />

An den Grenzen Deutschlands ist ihnen Halt geboten und Deutsche<br />

sind es vor allem, gewesen, welche die Türken zurückdrängten.<br />

Die Verdienste der Polen (Johann Sobieski) und der Magyaren<br />

(Zriny) sind über Gebühr tendenziös erhoben worden.«<br />

Wolf, Heinrich: Angewandte Geschichte. Eine Erziehung zum Politischen Denken und Wollen,<br />

Leipzig 1913, S. 99–100<br />

»Die gegensätzlichsten Lehren stürmten auf mich ein, wo ich mich<br />

auch bewegte, im Elternhaus, in Kreisen der jüdischen Gemeinde,<br />

in der Schule. Um nur ein Beispiel zu geben: Innerhalb weniger<br />

Jahre hörte ich in der Schule drei verschiedene Beschreibungen<br />

der Kreuzzugsgeschichte. Zuerst schilderte man uns die Kreuzfahrer<br />

als das edle, stolze Heer der Christenheit, das auszog, um<br />

das Heilige Land aus der Hand der ungläubigen Moslems zu befreien.<br />

Die Geschichts- und Lesebücher des preußischen Schulwesens<br />

waren damals noch voll christlich-romantischer Tradition.<br />

Im jüdischen Religionsunterricht lernten wir, dass der erste<br />

Kreuzzug den Auftakt zu furchtbaren Judenverfolgungen gab.<br />

Wohin die aus Rittern. Abenteurern, Desperados und Gassenmob<br />

zusammengewürfelten Kreuzfahrerheere auch kamen, hinterließen<br />

sie Blut. Rauch und Trümmer, in Frankreich, Deutschland.<br />

Ungarn und im heiligen Land selbst. Der damalige Papst. Urban<br />

II. so betonte unser Lehrer, habe zu diesen Greueln geschwiegen.<br />

So hätten die ersten Kreuzfahrer das Vorbild für alle weiteren<br />

Kreuzzüge und für alle späteren Pogrome geschaffen. Aus jener<br />

Zeit datierte die tiefe Entfremdung zwischen Juden und Christen,<br />

von der bis heute weder Juden noch Christen ganz geheilt seien.<br />

Die dritte Version hörten wir nach der Neugestaltung des Lehrplans<br />

im Sinne des Nationalsozialismus. Die Kreuzzugspredigten,<br />

erklärte unser braun uniformierter Geschichtslehrer, waren nur<br />

ein Mittel, um die Ritterschaft des Abendlandes für die volksfremden<br />

Zwecke der Päpste einzuspannen. In Wirklichkeit sei es den<br />

Päpsten nicht um die Befreiung des Heiligen Grabes gegangen,<br />

sondern darum. ihre politische Macht auszubreiten und die sagenhaften<br />

Reichtümer des Ostens auszuplündern.«<br />

König, Joel: David. Aufzeichnung eines Überlebenden. Fischer. Frankfurt a. M. 1979, S. 52f<br />

Die identitätsstiftende Kraft der Kreuzzüge<br />

Heft 53 · 2007

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