01.11.2013 Aufrufe

deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

deutschland & europa - lehrerfortbildung-gemeinschaftskunde ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Umbr_DuE53.qxd 10.04.2007 14:02 Uhr Seite 51<br />

M 7<br />

Peter Weiss ›Der Prozess‹ Nach Franz<br />

Kafka<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

DER KAPLAN<br />

K<br />

in: Spectaculum 24 (1976), S. 239 f<br />

Dein Name ist dir ja auch eine<br />

Last.<br />

Sie verwechseln mich mit anderen.<br />

Sie können dich nennen, wie es<br />

Im System der Jagd<br />

ihnen gefällt. Sie können dich mit<br />

einem Buchstaben, einer Ziffer<br />

fangen /einfangen<br />

bezeichnen.<br />

Denn nehmen sie mir auch das<br />

Recht, zu leben –.<br />

Geregelt durch das Bedürfnis nach Nahrung<br />

Sie können dir nach eigenem Gutdünken<br />

das Recht dazu nehmen.<br />

Geregelt durch Gesetz der Stärke<br />

Und wenn ich mich weigere, ihren<br />

Richtspruch anzunehmen?<br />

Gegen das Bedürfnis nach Bewegungsfreiheit<br />

und Unversehrtheit<br />

Auch ohne ihre Richtsprüche besteht<br />

das Gesetz.<br />

Wie finde ich Eingang in das Gesetz?<br />

Einsperren<br />

Das Tor zum Gesetz steht immer<br />

offen. Du kannst, wann immer du<br />

Ein Tier<br />

willst, den Türhüter um Einlass<br />

jagen und fangen<br />

bitten. Du kannst eintreten in das<br />

in einen Käfig sperren<br />

gesetz, auch wenn der Türhüter<br />

dir das verbietet. Doch merke: er<br />

Ein durch den natürlichen Umgang<br />

ist nur der niedrigste Türhüter.<br />

zwischen Menschen und Tieren modellierter<br />

Vorgang der Verfügung über das Tier<br />

Von Saal zu Saal stehen Türhüter,<br />

einer mächtiger als der andere.<br />

ohne Rechtsschutz<br />

Schon den Anblick des dritten<br />

kannst du nicht mehr ertragen.<br />

Der Fänger agiert aus eigenem Anlass.<br />

Aber andere werden hier Einlass<br />

Das gefangene Tier ist sein Opfer.<br />

begehren wie ich.<br />

Niemand kann Einlass erhalten<br />

als der, für den dieser Eingang bestimmt<br />

ist.<br />

So gibt es für jeden nur einen einzigen<br />

Eingang in das Gesetz?<br />

So ist es, so steht es in der Schrift.<br />

Und wenn ich die Macht der Türhüter<br />

bezweifle?<br />

© Karlheinz Fingerhut© Karlheinz Fingerhut<br />

Die Türhüter sind da. Sie sind zum<br />

Gesetz gehörig. Du kommst erst<br />

zum Gesetz.<br />

Und wenn ich das Gesetz nicht für wahr halte?<br />

Man muss nicht alles für wahr halten. Man muss<br />

es nur für notwendig halten.<br />

Schweigen<br />

M 9<br />

So wird die Lüge zur Weltordnung gemacht.<br />

Langsam wendet sich der Kaplan ab, geht nach links<br />

zuück.<br />

Gelenkte kreative Aufgabe<br />

»Jemand musste Josef K. verläumdet haben,<br />

denn ohne dass er etwas Böses getan hätte,<br />

wurde er morgens gefangen verhaftet.<br />

im Justizsystem<br />

gefangen nehmen, setzen / festnehmen<br />

Gefangennahme<br />

Geregelt durch Gesetz<br />

Aufgrund eines Verbrechens,<br />

einer Verfehlung, aufgrund einer richterlich<br />

angeordneten Aktion der Polizei<br />

Verhaften<br />

Einen Menschen<br />

aufgrund eines Urteils nach einem Prozess<br />

mit Verteidigung in ein Gefängnis einliefern<br />

Ein durch gesellschaftliche Regeln fest<br />

Umrissenen Rituals des Freiheitsentzugs<br />

unter Belassung von Rechten<br />

Die Agenten der Behörde reagieren auf die<br />

Aktion des Täters.<br />

Am Beginn des Dom-Kapitels telefoniert Leni mit Josef K.<br />

Sie sagt plötzlich, dass sie Josef K. hetzen.<br />

Josef K empfindet es auch so.<br />

51<br />

M 8<br />

Ein Gedicht von Erich Fried – ›Poric‹, Arbeiterunfallversicherung<br />

K. ist verhaftet worden<br />

bleibt aber auf freiem Fuße<br />

während das Gericht<br />

im Geheimen über ihn tagt<br />

Zwei Wächter haben<br />

Anlass zur Klage gegeben<br />

sie werden dafür geprügelt<br />

in camera<br />

Untergeordnete Schauspieler<br />

kommen K. holen<br />

sie sind nicht darauf vorbereitet<br />

gefragt zu werden<br />

Aus wem es besteht<br />

auf welches Recht es sich stützt<br />

wird nicht mitgeteilt<br />

Termine tragen kein Datum<br />

Erich Fried, Die Beine der größeren Lügen. Berlin, Wagenbach-Verlag 1969<br />

Das Tor zum Gesetz steht offen<br />

Der Türhüter lacht:<br />

›Versuche es doch trotz<br />

meinem Verbot.<br />

Ich bin mächtig.‹<br />

Die Logik ist<br />

zwar unerschütterlich aber<br />

einem Menschen der leben will<br />

widersteht sie nicht<br />

Heft 53 · 2007<br />

Franz Kafkas Roman – Der Prozess

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!