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Umbr_DuE53.qxd 10.04.2007 14:00 Uhr Seite 18<br />
M 8<br />
Kreuzzüge aus der Sicht der Araber<br />
18<br />
So beziehen sich, an der Schwelle zum dritten Jahrtausend,<br />
die politischen und religiösen Führungskräfte<br />
der arabischen Welt ständig auf Saladin, auf<br />
den Fall Jerusalems und seine Wiedereroberung. In<br />
der Volksmeinung und auch in gewissen offiziellen<br />
Reden wird Israel einem neuen Kreuzfahrerstaat<br />
gleichgestellt. Von den drei Divisionen der palästinensischen<br />
Befreiungsarmee trägt eine heute noch<br />
den Namen Hittin [Schlachtort, an dem die Kreuzfahrer<br />
endgültig unterlagen] und die andere Am Jalout<br />
[Schlachtort, an dem die Mongolen besiegt wurden].<br />
Zu seinen Ruhmeszeiten wurde Präsident Nasser regelmäßig<br />
mit Saladin verglichen, der wie er Syrien<br />
und Ägypten vereinigt hatte – und sogar den Jemen!<br />
Der Suezkrieg von 1956 wurde wie der von 1191 empfunden,<br />
als ein Kreuzzug der Franzosen und Engländer.<br />
In der Tat sind die Ähnlichkeiten verwirrend. Wie soll<br />
man sich nicht an Sadat erinnert fühlen, wenn man<br />
liest, wie Sibt Ibn al Jawzi [Arabischer Chronist,<br />
12./13. Jhdt] vor dem Volk von Damaskus den Herrn<br />
von Kairo, al-Kamel, des Verrates beschuldigt, da er<br />
es gewagt hat, die Oberhoheit des Feindes über die<br />
Heilige Stadt anzuerkennen? Wie soll man Vergangenheit<br />
und Gegenwart unterscheiden, wenn es um<br />
den Kampf zwischen Damaskus und Jerusalem, um<br />
die Kontrolle über die Golanhöhen und die Beka-<br />
Ebene geht? Wie soll man nicht nachdenklich werden,<br />
wenn man die Gedanken Ussamas [Arabischer<br />
Chronist, 12. Jhdt] über die militärische Überlegenheit<br />
der Eroberer liest?<br />
Man kann nicht verhindern, dass sich in einer ständig<br />
angegriffenen muslimischen Welt ein Verfolgungskomplex<br />
einstellt, der bei manchen Fanatikern die<br />
Form einer gefährlichen Besessenheit annimmt. Man<br />
denke nur an den Türken Mehemet Ali Agca, der am<br />
13. Mai 1981 auf den Papst geschossen und dazu in<br />
einem Brief erklärt hat: ›Ich habe beschlossen, Johannes<br />
Paul II., Obersten Kriegsherrn der Kreuzritter, zu<br />
töten.‹ Abgesehen von dieser individuellen Tat ist es klar, dass der<br />
arabische Orient den Westen als einen natürlichen Feind sieht.<br />
Gegen ihn ist jede feindselige Handlung, sei es auf politischem,<br />
militärischem oder wirtschaftlichem Gebiet, eine legitime Rache.<br />
Und zweifellos rührt der Bruch zwischen den beiden Welten von<br />
den Kreuzzügen her, die heute noch wie eine Schändung, eine<br />
Schmach empfunden werden.<br />
Maalouf, Armin: Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus der Sicht der Araber. DTV,<br />
München 42006, S. 283f<br />
M 9<br />
Internationale Islamische Front (später al-Qaida) für den<br />
Dschihad gegen Juden und Kreuzritter 23. Februar 1998<br />
Gelobt sei Gott, der den Heiligen Koran enthüllte, die Wolken beherrscht,<br />
die Parteien besiegt und in Seinem Buch gesagt hat:<br />
›Und wenn die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die<br />
Götzendiener, wo immer ihr sie findet, und ergreift sie und belagert<br />
sie und lauert ihnen aus jedem Hinterhalt auf.‹<br />
Gottes Segen und Heil auf unserem Propheten Muhammad ibn<br />
Abdullah, der sprach: ›Ich bin mit dem Schwert geschickt worden,<br />
vor dem Tag des Gerichts, damit allein Gott angebetet werde. Er<br />
hat meine Lanze zu meinem Broterwerb gemacht und hat jedem,<br />
der mir nicht gehorcht, emütigung und Unglück versprochen.‹<br />
Keine Macht hat die arabische Halbinsel – da Gott sie flach ausgebreitet<br />
hat, ihre Wüste erschuf und sie mit Meeren umschloss – jemals<br />
so heftig angegriffen wie die Armeen der Kreuzfahrer, die<br />
M 10 Werbeanzeige aus The New Yorker, 5. 11. 2005 © History Channel<br />
sich wie Heuschrecken in all ihren Ländern ausbreiten, ihre Reichtümer<br />
verschlingen und ihre Pflanzungen zerstören. Gleichzeitig<br />
greifen alle Nationen die Muslime an, als würden sie sich um<br />
einen Teller mit Essen streiten. Angesichts dieser düsteren Situation<br />
sind wir dazu verpflichtet, diese Probleme zu diskutieren und<br />
uns darüber zu einigen, wie wir sie lösen können.<br />
Niemand kann heute drei unwiderlegbare Tatsachen bestreiten,<br />
die wir hier auflisten, um sie allen in Erinnerung zu rufen:<br />
1. Seit mehr als sieben Jahren besetzt Amerika das Land der zwei<br />
heiligen Stätten, die arabische Halbinsel. Es plündert ihre<br />
Schätze, gibt seinen Regierungen Befehle, demütigt ihre Bewohner,<br />
terrorisiert ihre Nachbarn und macht aus seinen Militärbasen<br />
auf der Halbinsel Speerspitzen im Kampf gegen benachbarte<br />
muslimische Völker. (…)<br />
2. Trotz der furchtbaren Zerstörungen, die dem irakischen Volk<br />
durch die Allianz der Kreuzfahrer und Zionisten angetan wurden,<br />
und trotz der über eine Million zählenden Opfer, wiederholen<br />
die Amerikaner diese furchtbaren Massaker immer wieder.<br />
(….)<br />
3. Abgesehen vom wirtschaftlichen und religiösen Aspekt der<br />
amerikanischen Kriegsziele haben die Amerikaner das Ziel,<br />
dem Kleinstaat der Juden zu nützen und von der Besetzung al<br />
Quds (= Jersualem) und den Morden an den dortigen Muslimen<br />
abzulenken.<br />
Abou-Taam, Marwan/Bigalke, Ruth (Hrsg.): Die Reden des Osama bin Laden. Diederichs,<br />
München 2006, S. 73–75<br />
Die identitätsstiftende Kraft der Kreuzzüge<br />
Heft 53 · 2007