Schwarzarbeit im Baugewerbe - Construction Labour Research
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"<strong>Schwarzarbeit</strong>" <strong>im</strong> deutschen <strong>Baugewerbe</strong><br />
4.6 "Präqualifikation"<br />
Das von der IG BAU 2003 vorgestellte Modell eines<br />
"Firmen-TÜV" für Qualität und Legalität der<br />
Arbeit soll präventiv diejenigen Bauunternehmen<br />
kenntlich machen, die auf der Grundlage<br />
von Recht und Gesetz einwandfreie Angebote<br />
machen, Arbeit ausführen und Ergebnisse abliefern.<br />
Ein solcher Prüfstempel sollte öffentlichrechtlich<br />
vergeben werden und erlaubte es privaten<br />
wie öffentlichen Auftraggebern, ohne aufwendige<br />
Recherchen und bürokratischen Aufwand<br />
Arbeiten nach verbindlichen Standards zu<br />
vergeben. Der Vorschlag ist nicht realisiert.<br />
5. Vorläufiges Fazit<br />
Nichtangezeigte Arbeit ist eine logische Konsequenz<br />
der durch lange Zeiträume hindurch und<br />
auch aktuell noch systematisch forschreitenden<br />
Deregulierung ökonomischer und infrastruktureller<br />
Prozesse. Ziel war und ist die Schwächung staatlicher,<br />
gesellschaftlicher Gestaltungs- und Schutzfunktionen<br />
und die Ermächtigung privater Interessen<br />
und Potentiale zur freien Entwicklung der Märkte.<br />
Vor dem Hintergrund negativ entstandener Ergebnisse<br />
dieser Strategie rufen nun die Lösungsvorschläge<br />
- sofern sie nicht die weitere Entwertung<br />
der Arbeit abwarten wollen, mit der alle Probleme<br />
sowieso obsolet würden und nicht mehr gelöst werden<br />
müssten - nach dem starken und handlungsfähigen<br />
Staat. Der soll, wenn nicht anders möglich,<br />
wieder vor allem auf polizeiliche Antworten zurückgreifen<br />
(wie vor 100 Jahren mit der Baupolizei). Diese<br />
werden zur Zeit massiv ausgebaut, ohne dass sie<br />
den politischen, ökonomischen und sozialen Kern<br />
des Problems lösen können.<br />
Andere Modelle - zum Beispiel die Inanspruchnahme<br />
der Verantwortung und Kraft der Tarifvertragsparteien<br />
- werden bislang erst begrenzt politisch erwogen<br />
und strategisch diskutiert. Allerdings haben<br />
die Tarifvertragsparteien selbst bereits begonnen,<br />
einen solchen Weg "in Bündnissen" zu gehen.<br />
Problemangemessen wäre auf mittlere Sicht an das<br />
Einrichten von paritätischen Kommissionen der Tarifvertragsparteien<br />
zu denken, die unter Beachten<br />
der je eigenen Interessen und unter Einbeziehen<br />
der Fach- und Schutzebenen gemeinschaftlich Planungs-<br />
und Angebotsverfahren, Baustellen- und Arbeitssicherheit,<br />
Technologieeinsatz und Qualifikationsfragen<br />
usw. mit Hilfe eines "monitoring" kontrollieren<br />
und Qualitätsstandards setzen. Damit<br />
könnten statt latenter Bußgeld- und Strafdrohungen<br />
"Belohnungssysteme", Zertifizierungen usw.<br />
verbunden sein.<br />
Dazu wäre es "nur" erforderlich, die Rolle der Tarifparteien<br />
je für sich und in ihrer zu stabilisierenden<br />
Kooperation zu stärken und sie zu ermächtigen, ihre<br />
Aufgabe in der nachhaltigen Entfaltung und Reproduktion<br />
der Produktivkräfte des Bausektors (wieder)<br />
wahrzunehmen. Dies müsste in seiner Gesamtheit<br />
Gegenstand des sozialen Dialogs und der Auseinandersetzungen<br />
der Tarifparteien sein, dem<br />
staatlichen Gewaltmonopol vorgeschaltet, es aber<br />
nicht ersetzend. Die Kommunen, der Staat und die<br />
EU könnten sich auf die Sicherung öffentlich transparenter<br />
Rahmenbedingungen und die Wahrung<br />
des staatlichen Gewaltmonopols konzentrieren<br />
und müssten zur Wahrnehmung dieser ihrer Aufgaben<br />
ermächtigt werden.<br />
Im Verfolg solcher Strategie könnten und müssten<br />
hohe gesetzliche Anforderungen an die Gewährleistung<br />
sowohl für den Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />
als auch hinsichtlich der Produkte und<br />
Dienstleistungen entwickelt und gesichert werden.<br />
Auch hier sollten paritätische Schlichtungskommissionen<br />
einen schnellen Vollzug von Ansprüchen sichern<br />
helfen.<br />
Insgesamt sollte sich so das Aufgabenspektrum erweitern,<br />
das eine Tarifierung über das aktuelle Rahmentarif-<br />
und Lohnverhältnis hinaus erfährt und damit<br />
eine Regulation auf vorgesetzlicher und ergänzend<br />
gesetzlicher Grundlage ermöglichen könnte.<br />
Das gemeinsame Ziel der Tarifparteien muss eine<br />
Stabilisierung der "abrutschenden" Verhältnisse in<br />
ihrer Branche sein, die weit über sie selbst hinaus<br />
Wirkung haben. Die Verantwortung dafür lohnt die<br />
Auseinandersetzung. Es handelt sich um gesellschaftliche<br />
Verantwortung.<br />
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