Schwarzarbeit im Baugewerbe - Construction Labour Research
Schwarzarbeit im Baugewerbe - Construction Labour Research
Schwarzarbeit im Baugewerbe - Construction Labour Research
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
EU-Arbeitsrecht für den EU-Arbeitsmarkt<br />
Linda Clarke, Jörn Janssen<br />
Europäisches Arbeitsrecht<br />
für einen europäischen Arbeitsmarkt<br />
1. D<strong>im</strong>ensionen des europäischen<br />
Arbeitsmarktes<br />
Wenn wir ein europäisches Arbeitsrecht aus<br />
dem Bestehen eines europäischen Abeitsmarktes<br />
begründen, müssen wir zunächst Rechenschaft<br />
darüber ablegen, ob es diesen Arbeitmarkt<br />
gibt und an welchen Erscheinungen wir<br />
ihn ablesen, und auch ihn hinsichtlich seiner<br />
Bedeutung gegenüber den Arbeitsmärkten der<br />
einzelnen Staaten einschätzen.<br />
Fangen wir bei der offensichtlichsten D<strong>im</strong>ension<br />
des europäischen Arbeitsmarktes an. In der Europäischen<br />
Union gilt, abgesehen von marginalen<br />
Einschränkungen, die ‚Freizügigkeit der Arbeitnehmer’.<br />
Dies ist die legale Grundlage für<br />
den europäischen Arbeitsmarkt. Damit ist nicht<br />
gesagt, dass und in welchem Masse dieses<br />
Recht auch in Anspruch genommen wird. Tatsächlich<br />
gibt es Arbeitsmigration innerhalb der<br />
Europäischen Union. In welchem Masse diese<br />
Migrationen einen einheitlichen Arbeitsmarkt<br />
herstellen, ist allerdings eine Frage der Beurteilung.<br />
Nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung<br />
nutzt die Freizügigkeit in einem anderen<br />
Staat zu arbeiten, aber die Wirkung kann selbstverständlich<br />
weit grösser sein als an der Zahl<br />
der Arbeitsmigranten ablesbar ist (1,7% leben<br />
<strong>im</strong> Ausland, FT 02/05/07, p. 15). Wenn zum Beispiel<br />
einhe<strong>im</strong>ische Arbeitskräfte durch Immigranten<br />
verdrängt oder Löhne unterboten werden,<br />
kann dies erhebliche Wirkungen und Belastungen<br />
zur Folge haben. Das soll hier nicht<br />
weiter ausgeführt werden.<br />
Eine andere D<strong>im</strong>ension des europäischen Arbeitsmarktes<br />
ist die ‚Freizügigkeit der Dienstleistungen’.<br />
Schon ohne die sogenannte Dienstleitungsrichtlinie<br />
ist diese Freizügigkeit vorhanden<br />
und hat eine Wirkung auf den Arbeitsmarkt.<br />
Nicht nur werden tatsächlich Dienstleistungen<br />
grenzüberschreitend ausgeführt, vielmehr wird<br />
diese Freiheit in großem Umfang missbraucht.<br />
Dabei gilt ebenso wie bei Arbeitsmigrationen,<br />
dass die Wirkung weit über das hinausgehen<br />
kann, was die Zahl der in grenzüberschreitenden<br />
Dienstleistungen Beschäftigten ausdrückt.<br />
Um ein Bild des Bauwesens zu bemühen, einige<br />
Zent<strong>im</strong>eter Setzungen können zum Zusammenbruch<br />
eines Gebäudes führen.<br />
Eine dritte D<strong>im</strong>ension darf man nicht vergessen,<br />
ich will sie mal die ‚Freizügigkeit der Betriebe’<br />
nennen. Wenn zur Nutzung billiger oder ungeschützter<br />
Arbeitskräfte Betriebe über die Grenzen<br />
wandern oder in beliebigen Staaten investiert<br />
und damit den Arbeitnehmern ihr Weg erspart<br />
wird, entsteht ebenso ein grenzüberschreitender<br />
Arbeitsmarkt.<br />
Viertens dürfen wir nicht vergessen, dass mit<br />
dem grenzüberschreitenden Warenverkehr ja<br />
ebenfalls die auf die Produktion dieser Waren<br />
verwendete Arbeitskraft unterwegs ist. Wir wissen<br />
ja in etwa, in welchen Branchen Arbeitskräfte<br />
entlassen wurden, weil aus China Waren billiger<br />
angeboten werden, als sie etwa in Deutschland<br />
hergestellt werden können. Dieser Wirkungszusammenhang<br />
besteht auch zwischen<br />
den europäischen Arbeitsmärkten.<br />
Diese Konkurrenz der Arbeitskräfte und Arbeitsmärkte<br />
ist keineswegs eine neue Erscheinung,<br />
sie hat sich höchstens intensiviert. Sie hat sich<br />
in einem Maße intensiviert, dass auch die Grenzen<br />
des Arbeitsrechts und der kollektiven Verhandlungen<br />
und Verträge eingebrochen sind.<br />
Die Gewerkschaften sind bei Lohnverhandlungen<br />
erpressbar geworden, weil Arbeitgeber die<br />
freie Wahl des Arbeitsrechts und des Verhandlungspartners<br />
für sich nutzen können. Arbeitsrecht<br />
ist dadurch ein Instrument der Konkurrenz,<br />
wie am Beispiel des Arguments des britischen<br />
Schatzkanzlers typisch sichtbar wird: er<br />
verteidigt das ‚opt-out’ aus der EU-Arbeitszeitregelung<br />
als unverzichtbar, um die Konkurrenz-<br />
43