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Schwarzarbeit im Baugewerbe - Construction Labour Research

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"<strong>Schwarzarbeit</strong>" <strong>im</strong> deutschen <strong>Baugewerbe</strong><br />

Wolfgang Richter<br />

"<strong>Schwarzarbeit</strong>" <strong>im</strong> deutschen <strong>Baugewerbe</strong><br />

Bericht Juni 2006<br />

Statt eines Vorworts<br />

Eine Baustelle Mitte Juni in Dortmund: Ein bis heute<br />

noch in Teilflächen benutztes sechsgeschossiges<br />

Verwaltungsgebäude in der City soll zu einem Vier-<br />

Sterne-Hotel umgebaut werden. Wegen der bevorstehenden<br />

Fußballweltmeisterschaft soll dies innerhalb<br />

von zwei Monaten geplant und ausgeführt sein<br />

– Eigenwerbung: Weltmeisterlich! Es ist noch kein<br />

Bauantrag gestellt und noch nichts genehmigt. Zur<br />

Zeit ist der Bau eingerüstet und wird Tag und Nacht<br />

ausgeräumt und entkernt. Dazu ist nach Aussage<br />

des Bauordnungsamtes kein Bauantrag und keine<br />

Baugenehmigung erforderlich. Es existiert deshalb<br />

kein Bauschild. Der Bauberufsgenossenschaft und<br />

dem Amt für Arbeitsschutz liegen keine Anmeldungen<br />

vor. Der vor Ort und in der Branche unbekannte<br />

türkische Investor hat angekündigt, wenn er hier die<br />

Bauarbeiter für die Arbeit rund um die Uhr, auch am<br />

Wochenende, nicht findet, wird er 100 türkische Bauarbeiter<br />

einfliegen.<br />

Mitte Mai wurde eine Teilbaugenehmigung erteilt.<br />

Eine Razzia auf der Baustelle fand heraus, dass die<br />

Verträge von mehr als der Hälfte der 90 angetroffenen<br />

Arbeiter nicht in Ordnung waren. Das dafür verantwortliche<br />

Unternehmen macht offenbar weiter<br />

wie bisher. Eine erneute Razzia lässt auf sich warten.<br />

Weiterhin sind Arbeiter rund um die Uhr auf der Baustelle,<br />

zum Teil ohne Schutzkleidung und Helm, Lastenaufzüge<br />

am Gerüst transportieren in gefährlichem<br />

Durcheinander Materialien und Menschen, die<br />

Baustelle ähnelt einer Mülldeponie.<br />

Im Dezember 2007 scheint das "Grand-Hotel Rätselhaft"<br />

(Volksmund) eingerichtet zu sein, ist aber nicht<br />

eröffnet. Die Geschäftsführung war einige Zeit wegen<br />

des Vorwurfs der Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft.<br />

Das Objekt soll nun zum Verkauf anstehen.<br />

Ein neoliberales Lehrbeispiel?<br />

1. Zu den ökonomischen, sozialen<br />

und politischen Grundlagen für<br />

"Nichtangezeigte Arbeit"<br />

1.1 Definitionen in Deutschland<br />

Im "Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung<br />

der <strong>Schwarzarbeit</strong> und illegalen Beschäftigung"<br />

1 wird definiert:<br />

<strong>Schwarzarbeit</strong> leistet, wer Dienst- oder<br />

Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt<br />

und dabei<br />

I. als Arbeitgeber, Unternehmer oder versicherungspflichtiger<br />

Selbständiger seine<br />

sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen<br />

ergebenden sozialversicherungsrechtlichen<br />

Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten<br />

nicht erfüllt,<br />

II. als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund<br />

der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden<br />

steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,<br />

III. als Empfänger von Sozialleistungen seine<br />

sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen<br />

ergebenden Mitteilungspflichten<br />

gegenüber dem Sozialleistungsträger nicht<br />

erfüllt,<br />

IV. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen<br />

seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung<br />

zur Anzeige vom Beginn des<br />

selbständigen Betriebes eines stehenden<br />

Gewerbes nicht nachgekommen ist oder<br />

die erforderliche Reisegewerbekarte nicht<br />

erworben hat,<br />

V. als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen<br />

ein zulassungspflichtiges Handwerk<br />

als stehendes Gewerbe selbständig betreibt,<br />

ohne in der Handwerksrolle eingetragen<br />

zu sein.<br />

Im Kern geht es also bei nichtangezeigter Arbeit<br />

um:<br />

I. ein Verstoßen gegen das Sozialversicherungsrecht,<br />

II. ein Verstoßen gegen das Steuerrecht,<br />

1<br />

SchwArbG, neue Fassung, 01. 08. 2004 (vgl. Fußnote<br />

11), §1.2.<br />

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