Schwarzarbeit im Baugewerbe - Construction Labour Research
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„Ein Herz für <strong>Schwarzarbeit</strong>er“<br />
nachvollziehbare Steuergesetzgebung in<br />
Deutschland oder <strong>im</strong> Rahmen der EU) und die<br />
Kleinen am unteren Rand der Gesellschaft eben<br />
als Ausgleich „schwarz arbeiten“.<br />
„Die Flucht in die <strong>Schwarzarbeit</strong> kann getrost<br />
als die Schweiz des kleinen Mannes bezeichnet<br />
werden“ und sie wird auch moralisch als legit<strong>im</strong><br />
empfunden, da große Vorbilder wie Boris<br />
Becker, Michael Schuhmacher oder neuerdings<br />
auch der Altkanzler Gerhard Schröder (so die<br />
Medienberichte) am deutschen Steuersystem<br />
vorbei verdienen, so eine Beschreibung der Autoren<br />
(Schneider / Badekow, S.14).<br />
An Hand vieler Beispiele erklären sie das nicht<br />
mehr vorhandene Unrechtsbewusstsein damit,<br />
dass in vielen Berufen oder Branchen und von<br />
Angehörigen nahezu aller Gesellschaftsschichten<br />
nebenher, an der Steuer und den Sozialabgaben<br />
vorbei, also illegal bzw. schwarz gearbeitet<br />
wird oder Dienste nicht gemeldet werden.<br />
Zur arbeitsmarktpolitischen Analyse<br />
von Schneider / Badekow<br />
Ein weiterer Komplex, den ich durchaus nachvollziehen<br />
kann und daher auch etwas umfangreicher<br />
darstellen möchte, ist ihrer Ansicht<br />
nach die moderne Arbeitsgesetzgebung, die<br />
unglaublich viele Arbeitnehmer- und Selbständigen-Situationen<br />
ermöglicht. Es gibt Selbständige,<br />
Scheinselbständige, Ich-AGler, Menschen<br />
mit einfacher Gewerbezulassung, Zeitarbeit,<br />
geringfügige Arbeitsverhältnisse, Arbeit<br />
auf Grund der EU-Entsende- und Dienstleistungsrichtlinie,<br />
Kombinationen von allem und<br />
damit auch Grenzüberschreitung in Europa mit<br />
dem nationalen Arbeitnehmer- oder Selbständigenstatus,<br />
den man mitbringt. Auf diese Weise<br />
ist es sehr leicht, Lohn- und Sozialdumping<br />
sowie <strong>Schwarzarbeit</strong> betreiben zu können.<br />
In diesem Sektor hat der neoliberale Geist der<br />
letzten Jahre voll zugeschlagen und auch in<br />
Deutschland ist der einstmals gut und konsequent<br />
geregelte Arbeitsmarkt spätestens seit<br />
der Hartz-Gesetzgebung sehr unübersichtlich<br />
und für illegale Arbeitspraktiken regelrecht geöffnet<br />
worden, so meine negative Einschätzung<br />
<strong>im</strong> Unterschied zu den Autoren, die eine neoliberale<br />
Öffnung begrüßen.<br />
Dies alles führt dazu, dass Mischformen entstehen.<br />
Zum Teil ist man ordnungsgemäß in der<br />
Sozialversicherung und bei den Finanzbehörden<br />
registriert, aber sehr oft mit nur wenigen<br />
Zeitstunden in der Woche; die andere Arbeitszeit<br />
wird <strong>im</strong> schwarzen Sektor absolviert. Es<br />
besteht weiterhin die soziale Absicherung, das<br />
Ehegattensplitting bleibt erhalten, aber die<br />
Kontrolle, z.B. in der BRD durch den Zoll, ist<br />
kaum möglich. In diesem Zusammenhang verweisen<br />
die Autoren auf viele spektakuläre und<br />
öffentlichkeitswirksame Aktionen, die aber in<br />
der Summe am riesigen Potential der <strong>Schwarzarbeit</strong><br />
nichts verändern.<br />
Auch wenn in der Öffentlichkeit <strong>im</strong>mer wieder<br />
der Maler, Maurer, Klempner oder die Haushaltshilfe<br />
stellvertretend genannt werden, so<br />
ist der Markt für <strong>Schwarzarbeit</strong> tatsächlich<br />
schon lange viel größer. Lehrer geben Nachhilfeunterricht,<br />
Steuerberater erledigen die Steuererklärungen,<br />
Programmierer und EDV-Sachverständige<br />
helfen be<strong>im</strong> Computerabsturz <strong>im</strong><br />
Haushalt, Wissenschaftler und Ärzte erstellen<br />
Gutachten, Politiker und Lobbyisten sitzen in<br />
Aufsichtsgremien und alles geschieht vielfältig<br />
<strong>im</strong> schwarzen oder sagen wir mal <strong>im</strong> „grauen“<br />
Bereich.<br />
Zusammenfassend kann man sagen:<br />
• niemand blickt mehr so richtig durch,<br />
• die Kontrollbehörden haben so gut wie keine<br />
Chance dem Übel beizukommen,<br />
• <strong>im</strong>mer mehr Menschen sind aktiv als Beschäftigte<br />
und passiv als Nutzer und Gewinner<br />
betroffen,<br />
• der neoliberale Zeitgeist akzeptiert dies<br />
gegenüber den „verkrusteten Arbeitsstrukturen“,<br />
• das Unrechtsbewusstsein schwindet,<br />
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