ICHbinICH und DUbistDU
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Kinderzimmer: das eigene Reich<br />
Draußen vor der Tür<br />
Bleiben wir noch ein wenig zu Hause bei Christine, Lennart <strong>und</strong> Tochter Lea. Denn auch<br />
Leas Kinderzimmer ist ein gutes Beispiel dafür, wie Eltern das persönliche Reich ihres<br />
Kindes klug <strong>und</strong> schön zugleich ausgestalten können.<br />
Für Eltern ist es selbstverständlich, dass sie ihr Baby draußen ausfahren, denn frische<br />
Luft tut gut. Genauso selbstverständlich sollten Eltern mit ihrem Kleinkind oder Kindergartenkind<br />
draußen unterwegs sein <strong>und</strong> die Welt mit ihm entdecken. Das macht Spaß!<br />
Leas Reich ist „kindgemäß <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlich<br />
wie pädagogisch wertvoll“,<br />
was eigentlich heißt: Hier gibt<br />
es Raum für Bewegung, Fantasie,<br />
Ruhe <strong>und</strong> Geborgenheit.<br />
Die Wände sind in zartem Gelb<br />
gestrichen, was das Zimmer sonnig<br />
macht. Einige aufgemalte „Bilderrahmen“<br />
heben Leas schönste Bilder<br />
hervor, die nach Belieben ausgewechselt<br />
werden können (Befestigung<br />
mit Posterstrips).<br />
Der Fußboden besteht aus porentief<br />
versiegelten Holzdielen <strong>und</strong> ist in<br />
einem Bereich mit einem kurzflorigen<br />
grünen Teppich belegt. Hier<br />
ist Leas „Kuschel- <strong>und</strong> Spielwiese“.<br />
Die Möblierung ist angenehm<br />
zurückhaltend: Nach wie vor reichen<br />
der Dreijährigen die Wickelkommode<br />
als Kleiderschrank sowie ein halbhohes,<br />
an der Wand fixiertes Regal,<br />
in dem ihre Spielsachen in Körben<br />
<strong>und</strong> Kisten ihren Platz haben. Denn<br />
tatsächlich spielen auch Kinder lieber<br />
in aufgeräumten Zimmern. Hinzugekommen<br />
sind zwei Stühle <strong>und</strong><br />
ein Kindertisch, an dem gemalt <strong>und</strong><br />
geknetet werden kann. Hinter der<br />
Tür steht ein fester Karton mit allerlei<br />
Kissen, Tüchern <strong>und</strong> Decken, woraus<br />
Lea zum Beispiel Höhlen baut.<br />
Besonders liebt das Mädchen ihr<br />
Massivholzbett, über dem ein Stoffhimmel<br />
schwebt. Als sie in das neue<br />
Bett umgezogen ist, war es noch<br />
ein bisschen zu groß für sie. Deshalb<br />
wird es an drei Seiten mit einer stoffüberzogenen<br />
„Schaumstoffwurst“<br />
ihr Wachstum angepasst. Dieses<br />
„Nestgefühl“ sorgt für entspannten<br />
Schlaf <strong>und</strong> süße Träume.<br />
Tipps für ein kindgerechtes<br />
Kinderzimmer<br />
Sicher <strong>und</strong> gut: Sämtliche Möbel<br />
sollten standfest sein (möglichst<br />
aus Massivholz), weil sie häufig<br />
„zweckentfremdet“ werden (jedes<br />
halbe Jahr sollten Schraubverbindungen<br />
nachgezogen werden). Mitwachsende<br />
Qualitätsmöbel sind auf<br />
Dauer kostengünstiger. Weil hochwertige<br />
Möbel lange halten, dürfen<br />
sie auch ruhig gebraucht gekauft<br />
werden. Qua litätssiegel sind das<br />
GS-Zeichen für „Geprüfte Qualität“,<br />
das RAL-Gütezeichen (ein goldenes<br />
„M“) sowie das Umweltsiegel<br />
„Blauer Engel“.<br />
Weniger ist mehr: Farbgestaltung<br />
<strong>und</strong> Möblierung sparsam anlegen,<br />
damit das Kind nicht mit Reizen<br />
überflutet wird.<br />
Ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>lich:<br />
Nutzen Sie im Kinderzimmer schadstoffarme<br />
<strong>und</strong> umweltfre<strong>und</strong>liche<br />
Materialien. Wandfarben sollten vor<br />
dem Einzug möglichst lange „ausdünsten“,<br />
sonst drohen Allergien<br />
(Atemwegssymptome, Neurodermitis).<br />
Gleiches gilt für Fußbodenbeläge<br />
sowie für zusammenbaubare<br />
Möbel aus Kunststoff <strong>und</strong> behandeltem<br />
Holz.<br />
Variabel <strong>und</strong> fantasievoll: Es muss<br />
nicht gleich ein Kinderbett in Autoform<br />
gekauft werden, wenn Ihr<br />
Sohn gerade seine Rennfahrerphase<br />
hat. Vier aufgemalte Pappräder, an<br />
den Bettbeinen befestigt, tun es<br />
auch. Und vielleicht ist er ja morgen<br />
schon ein Pirat? Wer der kindlichen<br />
Fantasie variablen Raum gibt, legt<br />
den Nachwuchs nicht zu früh fest.<br />
Ach ja, <strong>und</strong> nebenbei fördert die Bewegung<br />
auch noch das Körpergefühl<br />
<strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit. Und die Neugier<br />
schult die Wahrnehmung. Und Entdeckungen<br />
schärfen das Denken <strong>und</strong><br />
Begreifen. Und Luft, Licht <strong>und</strong> Wind<br />
unterstützen die Abwehrkräfte.<br />
Und das gemeinsame Spiel stärkt die<br />
sozialen Kompetenzen. Natürlich,<br />
natürlich. Aber wie gesagt, das alles<br />
geschieht ganz nebenbei. Das Wichtigste<br />
ist nämlich der Spaß! Aber<br />
Spaß beiseite – hier kommen für alle,<br />
die noch ein paar Argumente mehr<br />
brauchen, um sich mit Kind <strong>und</strong><br />
Kegel auf den Weg vor die Tür zu<br />
machen, noch ein paar Fakten:<br />
■ Stubenhocker haben ein doppelt so<br />
hohes Risiko, an einer Allergie zu<br />
erkranken, haben Wissenschaftler<br />
des Forschungszentrums für<br />
Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit in Neuherberg<br />
herausgef<strong>und</strong>en. 1<br />
■ Nur jedes dritte Kind spielt jeden<br />
Tag im Freien. Dabei rät die B<strong>und</strong>eszentrale<br />
für ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Aufklärung (BZgA): „Kinder sollen<br />
sich mindestens eine St<strong>und</strong>e am<br />
Tag möglichst draußen bewegen“. 2<br />
■ Nach Prof. Dr. Hans-Michael Straßburg<br />
von der Universitäts-Kinderklinik<br />
Würzburg ist mangelnde<br />
Bewegung im frühen Kindesalter<br />
eine von vielen Ursachen dafür,<br />
dass immer mehr Kinder zu Übergewicht,<br />
Koordinations- oder Aufmerksamkeitsstörungen<br />
neigen.<br />
Auch Erfahrungen aus der Freilandpädagogik<br />
belegen: Kinder, die<br />
viel Zeit in der Natur verbringen,<br />
bewegen sich sicherer, sind ausgeglichener<br />
<strong>und</strong> leben gesünder. 3<br />
■ Außerdem orientieren sich kleine<br />
Kinder lieber an Erwachsenen als<br />
an Altersgenossen. Das zeigt eine<br />
Studie an Drei- <strong>und</strong> Vierjährigen<br />
des Max-Planck-Instituts für evolutionäre<br />
Anthropologie. 4<br />
Alles gute Gründe für die Eroberung<br />
der Welt vor der Haustür in Begleitung<br />
von Mama <strong>und</strong> /oder Papa. Und<br />
das kann noch viel mehr sein als der<br />
obligatorische Gang auf den Spielplatz<br />
nebenan.<br />
Zusammen Sachen machen<br />
Entdecken: Spannende Ausflüge mit<br />
kleinen Forschern könnten zum<br />
Beispiel unter einem Thema stehen:<br />
Wollen wir mal sehen, was draußen<br />
alles so krabbelt? Wollen wir mal<br />
schnuppern, wie es draußen riecht?<br />
Wollen wir mal lauschen, was wir<br />
draußen alles hören können? Ja, im<br />
Freien ist jede sinnliche Wahrnehmung<br />
gefragt. Je mehr diese eingesetzt<br />
wird, umso besser vernetzen<br />
sich die kindlichen Gehirnzellen –<br />
<strong>und</strong> das fördert wiederum die<br />
Sprachentwicklung, Intelligenz<br />
<strong>und</strong> Lernfähigkeit.<br />
Finden <strong>und</strong> Erfinden: Zu jeder Jahreszeit<br />
hält die Natur Überraschungen<br />
bereit. Wie unterschiedlich Steine<br />
geformt sind – <strong>und</strong> sie machen so<br />
ein w<strong>und</strong>ervolles Plopp, wenn man<br />
sie ins Wasser wirft! Wie verschieden<br />
Blätter aussehen können! Wie schön<br />
kleine Stöckchen knacken! Was für<br />
Geistergesichter Wurzeln haben können!<br />
Schau mal, wie der Schnee die<br />
Welt in Watte packt! Und was für<br />
Gestalten sich daraus bilden lassen!<br />
Bewegen: Gerade für Kinder gibt<br />
es im Freien unendlich viele Bewegungsformen:<br />
gehen, hüpfen, balancieren,<br />
klettern, rennen, springen,<br />
huschen, schaukeln, watscheln,<br />
traben, auf Zehenspitzen laufen, in<br />
Pfützen springen, wetzen, sausen,<br />
fangen, hopsen, kreiseln, tollen <strong>und</strong><br />
vieles, vieles mehr. Der Art der Fortbewegung<br />
auf zwei Beinen ist kaum<br />
eine Grenze gesetzt.<br />
Manche sind aber auch gern mit<br />
einem Gefährt unterwegs, etwa mit<br />
dem Dreirad, einem Rutscheauto,<br />
dem Roller oder dem Laufrad, später<br />
auch mit dem Fahrrad. Auch auf<br />
diese Art <strong>und</strong> Weise werden die<br />
Motorik <strong>und</strong> der Gleichgewichtssinn<br />
des Kindes gefördert. Allerdings<br />
sollte das Kind dabei achtsam begleitet<br />
werden, gerade im Straßenverkehr.<br />
Und es sollte von Anfang<br />
an daran gewöhnt werden, entsprechende<br />
Protektoren zu tragen.<br />
Dann gibt es später darüber keine<br />
Diskussionen.<br />
1<br />
Paan Journal 1/2006 (Zeitschrift für Allergiker). 2 BZgA<br />
(Hrsg): Tut Kindern gut! Ernährung, Bewegung <strong>und</strong><br />
Entspannung, Köln 2006. 3 Straßburg H.-M. u.a. (Hrsg):<br />
Sozialpädiatrie. Leitfaden für die Praxis. Elsevier GmbH,<br />
München 2009. 4 Rakoczy, H., Warneken, F., Tomasello,<br />
M.: Young children`s selective learning of rule games<br />
from reliable and unreliable models. Max-Planck-<br />
Institut for Evolutionary Anthropology, Leipzig 2009.<br />
Ausflüge