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ICHbinICH und DUbistDU

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Quatschen mit Soße<br />

Eltern fragen sich nicht, wie sie mit ihrem Kind sprechen sollen – sie tun es einfach.<br />

Sie säuseln <strong>und</strong> singen, scherzen<br />

<strong>und</strong> trösten, erklären ihm die Welt<br />

<strong>und</strong> schimpfen auch mal. Sie führen<br />

mit ihrem Kind diese w<strong>und</strong>ervolle<br />

Unterhaltung, wie nur Eltern das<br />

können. Mütter <strong>und</strong> Väter lieben ihr<br />

Kind eben <strong>und</strong> lassen es dies auch<br />

in ihren Worten spüren.<br />

So erfahren Eltern, was ihr Kind<br />

denkt, fühlt <strong>und</strong> was es sich wünscht,<br />

<strong>und</strong> sie teilen sich ihrem Kind auch<br />

selbst mit. Auf diese Weise lernt es,<br />

das Leben zu be greifen. Dabei sind<br />

Eltern ihrem Kind ein Wegweiser am<br />

Tag, wenn die Neugier es zu freudigen<br />

Ent deckungen leitet, <strong>und</strong> ein<br />

Leuchtturm in der Nacht, wenn es<br />

in bösen Träumen auf dunkle Pfade<br />

gerät.<br />

Das alles soll auch so sein. Denn<br />

diese intuitive „sprechende“ Zuwendung<br />

vertieft die Bindung zwischen<br />

Ihnen <strong>und</strong> Ihrem Kind <strong>und</strong><br />

lehrt es „ganz nebenbei“ auch das<br />

Denken. Sprechen <strong>und</strong> Denken<br />

gehören nämlich untrennbar zusammen,<br />

das wusste schon der Wissenschaftler<br />

Alexander von Humboldt<br />

vor 200 Jahren. Die Sprache gibt<br />

den Dingen nämlich nicht nur eine<br />

Bezeichnung, sondern auch eine<br />

emotionale Bedeutung. So lernt das<br />

Kind zum Beispiel, dass das r<strong>und</strong>e<br />

bunte Etwas „Ball“ heißt – <strong>und</strong> dass<br />

„Ball spielen“ Vergnügen bereitet.<br />

Besonders mit „Mama“ oder „Papa“.<br />

Jetzt kann das Kind einen Gedanken<br />

fassen, einen Plan entwickeln, ihn<br />

äußern <strong>und</strong> umsetzen: „Papa,<br />

Ba', pielen!“ Auch auf diese Weise<br />

erobert es die Welt.<br />

Gerade heraus<br />

Der Kommunikationswissenschaftler<br />

Paul Watzlawick zeigt in seinem<br />

Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“<br />

1 mit viel Humor, wie sich<br />

Menschen im Alltag gründlich missverstehen<br />

können. Denn hinter manchem<br />

Satz verbirgt sich viel mehr,<br />

als wir ahnen. Das ist auch zwischen<br />

Eltern <strong>und</strong> Kindern nicht anders.<br />

Ein Beispiel: „Dein Zimmer ist aber<br />

unordentlich“, sagt eine Mutter zu<br />

ihrer vierjährigen Tochter. „Ja“,<br />

gibt die Tochter zurück <strong>und</strong> spielt<br />

seelenruhig weiter. Da schimpft<br />

die Mutter: „Sei nicht so frech!“ –<br />

<strong>und</strong> erntet einen beleidigten Blick.<br />

Was ist hier schiefgelaufen? Wahrscheinlich<br />

wollte die Mutter nur<br />

sagen: „Räum dein Zimmer auf!“.<br />

Hat sie aber nicht gesagt. Daran wird<br />

klar: Wer nicht sagt, was er meint,<br />

programmiert Missverständnisse <strong>und</strong><br />

Ärger voraus. Kinder in diesem Alter<br />

können übrigens „Zwischentöne“<br />

(noch) gar nicht interpretieren, sie<br />

nehmen alles wörtlich. Eltern hingegen<br />

geht Doppeldeutiges schon<br />

mal über die Zunge. Schade!<br />

Dabei wäre es doch so einfach: Soll<br />

das Kind sein Zimmer aufräumen,<br />

dann sagen wir ihm das fre<strong>und</strong>lich<br />

<strong>und</strong> klar. Sollte das Kind noch zu<br />

klein sein, um das Chaos im Zimmer<br />

allein zu beseitigen, können wir ihm<br />

unsere Hilfe anbieten. Quillt der<br />

Raum aber vor Spielsachen so über,<br />

dass Ordnung machen kaum mehr<br />

möglich ist, dann müssen Eltern <strong>und</strong><br />

Kind halt gemeinsam ein bisschen<br />

aussortieren. Das wirkt oft W<strong>und</strong>er!<br />

Miteinander reden<br />

Es kommt also nicht nur darauf an,<br />

dass Eltern viel mit ihrem Kind sprechen,<br />

sondern auch, wie sie es tun.<br />

Hier beherrschen die meisten Eltern<br />

intuitiv die wichtigsten Regeln:<br />

■ Sie blicken das Kind beim Sprechen<br />

an <strong>und</strong> gehen in entscheidenden<br />

Momenten mit dem Kind auf<br />

Augenhöhe.<br />

■ Sie sprechen mit dem Kind<br />

darüber, was es gerade erlebt,<br />

hören ihm gut zu <strong>und</strong> unterbrechen<br />

es nicht.<br />

■ Sie äußern stets klar ihre Erwartung<br />

<strong>und</strong> sind nicht ironisch,<br />

abwertend oder doppeldeutig.<br />

■ Sie ermutigen das Kind, loben<br />

es aber nicht ständig über den<br />

grünen Klee.<br />

1<br />

Watzlawick, P.: Anleitung zum Unglücklichsein,<br />

Piper Verlag 1983.<br />

■ Sie erzählen dem Kind auch von<br />

sich <strong>und</strong> begleiten ihre Handlungen<br />

mit Sprache, überfordern das Kind<br />

aber nicht mit langschweifigen<br />

Erklärungen.<br />

■ Sie verbessern <strong>und</strong> „trainieren“ ihr<br />

Kind nicht, indem sie etwas nachsprechen<br />

lassen oder es „abfragen“<br />

<strong>und</strong> führen seine Sprachkünste<br />

auch niemandem vor.<br />

■ Sie benutzen keine Babysprache,<br />

sondern bestätigen das Gehörte<br />

nur korrekt („Papa, Ba'!“ – „Oh ja,<br />

da liegt ein Ball!“).<br />

■ Sie erteilen Verbote sparsam, aber<br />

eindeutig, <strong>und</strong> zeigen möglichst<br />

eine Handlungsalternative auf.<br />

■ Sie entschuldigen sich beim Kind<br />

ernsthaft, wenn sie mal einen<br />

falschen Ton angeschlagen haben.<br />

Das Zauberwort<br />

Ein kurzes Wort zum berühmten<br />

Zauberwort „Bitte“. Natürlich ist es<br />

gut, sein Kind auch zur Höflichkeit<br />

zu erziehen <strong>und</strong> selbst fre<strong>und</strong>lich mit<br />

ihm zu sprechen. Allerdings sollten<br />

sich Eltern davor hüten, beflissen in<br />

einen angesagten pädagogischen<br />

Jargon zu verfallen, rät der erfahrene<br />

Pädagoge <strong>und</strong> Erziehungsberater<br />

Prof. Dr. Heinrich Kupffer: „Viele<br />

Löwenstark<br />

Ein <strong>ICHbinICH</strong> kennt einen<br />

mit ellenlangen Beinen.<br />

Und auch noch einen zweiten,<br />

der kann auf Stühlen reiten.<br />

Zu dritt ist diese Bande<br />

zu jedem Quatsch imstande.<br />

Das nervt zwar manchmal voll,<br />

ist tatsächlich aber toll.<br />

Denn Fre<strong>und</strong>e machen löwenstark,<br />

<strong>und</strong> das ist ganz bestimmt kein Quark!<br />

Eltern haben gelernt, dass man<br />

‚Bitte‘ sagen muss, wenn man etwas<br />

vom Kind will. ‚Bitte matsch nicht<br />

so mit dem Essen!‘ – ‚Bitte nimm die<br />

Füße vom Stuhl!‘ – ‚Bitte lauf nicht<br />

auf die Straße!‘ – ‚Bitte zieh nicht an<br />

meinen Haaren!‘ – ‚Bitte hau deinen<br />

Bruder nicht ständig!‘ Solche Sätze<br />

hören wir überall. Aber statt die<br />

Bitte zu erfüllen, stellt sich das Kind<br />

taub. Daraufhin wird der Tonfall<br />

strenger, bis das ‚BITTE‘ Kasernenhoflautstärke<br />

erreicht. Das Kind weiß<br />

jedoch, dass das Zauberwort in diesen<br />

Fällen keine echte Bitte ist. Denn<br />

die könnte man auch ausschlagen.<br />

Vielmehr soll das kleine Wörtchen<br />

hier nur verschleiern, dass es sich<br />

tatsächlich um eine Anweisung handelt.“<br />

Für Eltern folgt daraus: Wer<br />

seinem Kind eine Anweisung gibt,<br />

sollte nicht so tun, als wäre es keine.<br />

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