ICHbinICH und DUbistDU
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„Da hatte ich die Quengelei<br />
so satt:<br />
Unser Max ist so ein Quengelkasper,<br />
was mir im<br />
Moment gehörig auf die<br />
Nerven fällt. Er kann schon<br />
gar nicht mehr normal<br />
reden. Kaum will er was,<br />
schon quengelt er los.<br />
Gestern quengelte er zum<br />
Beispiel so lange, bis ich<br />
doch mit ihm gespielt<br />
habe, obwohl ich weiß<br />
Gott anderes zu tun hatte.“<br />
Gesine, 24 Jahre<br />
„… Unser Max ist so ein<br />
Quengelkasper, was mir<br />
im Moment gehörig auf<br />
die Nerven fällt …“<br />
Warum quengelt Max so viel?<br />
■ Vielleicht hat er sich nur einfach<br />
diesen Tonfall angewöhnt. Der ist<br />
mit kurzen, fre<strong>und</strong>lichen Bitten<br />
(<strong>und</strong> manchmal auch mit Vormachen,<br />
wie man „normal“ spricht)<br />
leicht zu beheben.<br />
■ Vielleicht hat er allgemein den<br />
Wunsch nach (mehr) elterlicher<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Zeit. Wenn<br />
Kinder ständig darum kämpfen<br />
müssen, quengeln sie oft.<br />
■ Vielleicht ist Gesine mit ihrer eigenen<br />
Lebenssituation unzufrieden<br />
<strong>und</strong> quengelt (nörgelt) selbst, ohne<br />
es zu merken. Dann sollte sie sich<br />
überlegen, was sie wie ändern<br />
kann.<br />
■ Vielleicht fühlt sich Max nur nicht<br />
gut verstanden. Wenn er seine<br />
Wünsche <strong>und</strong> Träume äußert („Ich<br />
will ein Pferd, ein Rennauto, in den<br />
Zoo …“ etc.), könnte Gesine das<br />
stets gleich als Aufforderung verstehen,<br />
diese sofort zu erfüllen.<br />
Dann folgt prompt ihr Nein. Dabei<br />
ist Träume haben doch erlaubt:<br />
„Stimmt, das ist wirklich ein tolles<br />
Rennauto; oh ja, ich mag Pferde<br />
auch, sie riechen so gut; gute Idee,<br />
wir sollten bald mal wieder in den<br />
Zoo gehen …“<br />
■ Vielleicht kann Gesine kein gelassenes,<br />
klares „Nein“ sagen <strong>und</strong> Max<br />
„wittert“ seine Chance.<br />
Oder, oder. Diese <strong>und</strong> noch ganz<br />
andere Möglichkeiten als Ursache für<br />
Max' nervtötende Quengelei kann<br />
Gesine auch in einer Erziehungsberatungsstelle<br />
ergründen. Dort erfahren<br />
Eltern stets gute Unterstützung.<br />
„Da war ich eifersüchtig:<br />
Gestern Abend hat Anna-<br />
Lena (2 Jahre) sehr geweint,<br />
weil ihrem Lieblingsteddy<br />
ein Auge abgefallen<br />
war. Da rief meine kleine<br />
Prinzessin ausdrücklich<br />
nach ihrer Mutter, obwohl<br />
ich quasi danebenstand.<br />
Das hat mir schon einen<br />
Stich gegeben. Wenn ich<br />
ehrlich bin, fühle ich mich<br />
oft wie ein fünftes Rad am<br />
Wagen, wenn ich Christiane<br />
mit unseren Kindern erlebe.<br />
Natürlich – deren Tag<br />
ist schon fast vorbei, wenn<br />
ich abends von der Arbeit<br />
komme. Und meistens bin<br />
ich dann auch ziemlich<br />
kaputt <strong>und</strong> hab kein Ohr<br />
mehr für den Kinderkram.<br />
Andererseits würde ich so<br />
gern mehr von unseren<br />
Kleinen mitkriegen, <strong>und</strong><br />
das nicht nur aus zweiter<br />
Hand von meiner Frau.<br />
Manchmal bin ich richtig<br />
eifersüchtig.“<br />
Sven, 34 Jahre<br />
Sven ist wohl eher traurig als eifersüchtig.<br />
Er fürchtet, den Kindern<br />
nicht so wichtig zu sein. Dabei<br />
rackert er sich für seine Familie ganz<br />
schön ab. So wie ihm ergeht es auch<br />
heute noch vielen Vätern; sie sind<br />
zerrissen zwischen der Aufgabe, die<br />
wirtschaftliche Existenz der Familie<br />
zu sichern, <strong>und</strong> ihrem berechtigten<br />
Bedürfnis, ihre Vaterrolle aktiv <strong>und</strong><br />
nicht nur „aus zweiter Hand“ wahrzunehmen.<br />
Und Kinder brauchen<br />
auch beide Elternteile – Vater wie<br />
Mutter. Dass allerdings beide<br />
auch immer gleich viel Zeit für die<br />
Kinder haben, können nur wenige<br />
Familien einrichten. Trotzdem<br />
sollten Sven <strong>und</strong> Christiane zum<br />
Beispiel gemeinsam überlegen:<br />
■ Sieht Svens Betrieb ein Lebensarbeitszeitkonto<br />
vor? Wie viel<br />
Geld braucht die Familie wirklich,<br />
um zurechtzukommen? Kann<br />
die Familien- <strong>und</strong> Erwerbsarbeit<br />
anders auf beide Schultern verteilt<br />
werden?<br />
■ Was könnte Sven tun, um nach<br />
Feierabend nicht immer so erschöpft<br />
zu sein? Welche Beschäftigung<br />
mit den Kindern (oder<br />
abwechselnd mit dem einen oder<br />
dem anderen Kind) macht ihm<br />
wirklich Freude? Zu welchen Zeiten<br />
kann er seine Aktivitäten mit den<br />
Kindern ritualisieren (zum Beispiel<br />
ins Schwimmbad gehen), während<br />
Christiane sich da „raushält“?<br />
■ Auch wenn Sven weniger Zeit<br />
hat als Christiane – zeigt er den<br />
Kindern, dass sie ihm wichtig sind?<br />
Und lässt ihm Christiane auch<br />
genug Raum mit den Kindern –<br />
oder fühlt sie sich immer gleich<br />
automatisch zuständig?<br />
„Da hatte ich Angst um<br />
mein Kind:<br />
Bisher war Marius (4 Jahre)<br />
ein geschickter Kletterkünstler.<br />
Aber vor zwei<br />
Wochen ist er auf dem<br />
Spielplatz vom Gerüst<br />
gefallen, da ist mir fast<br />
das Herz stehen geblieben.<br />
Die Platzw<strong>und</strong>e an der<br />
Stirn musste sogar genäht<br />
werden – der arme Kerl!<br />
Aber er war sehr tapfer!<br />
Seitdem halte ich Marius<br />
beim Klettern oder Balancieren<br />
wieder fest. Ich<br />
weiß zwar, dass er es im<br />
Prinzip allein kann, <strong>und</strong><br />
er findet das auch blöd.<br />
Aber so was soll ihm nicht<br />
noch mal passieren.“<br />
G<strong>und</strong>el, 31 Jahre<br />
G<strong>und</strong>els Angst ist verständlich. In<br />
ihrer derzeitigen Überbehütung<br />
steckt aber die Botschaft an Marius:<br />
„Ich traue dir das nicht (mehr) zu.“<br />
Kinder spüren, wenn Eltern kein<br />
Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben.<br />
Da reicht es schon, wenn man permanent<br />
ruft: „Pass auf! Sei vorsichtig!<br />
Halt dich gut fest! Geh da lieber<br />
nicht rauf!“ etc. Das verunsichert<br />
auch die Kinder – <strong>und</strong> der nächste<br />
Unfall ist vielleicht erst recht vorprogrammiert.<br />
G<strong>und</strong>el muss also ihre<br />
Angst bewältigen lernen <strong>und</strong> Marius<br />
vielmehr ermutigen: „Du kannst<br />
das.“ Sie wird noch viele Situationen<br />
des Loslassens erleben <strong>und</strong> dabei<br />
Sorge empfinden. Das gehört zum<br />
Elternsein dazu. Aber ständig<br />
besorgte Eltern schwächen ihr Kind,<br />
statt es zu stärken.<br />
Erfahrungen<br />
Erfahrungen